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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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einem Haken um, an dem er seine Art Seriosität aufhängen konnte, sowie nach dem Draht, um mit Pinecoffin in Verbindung zu treten. Er fand beides in der Form von Schweinen. Nafferton begann sich ernsthaft für Schweine zu interessieren. Er teilte der Regierung mit, er hätte einen Plan ausgearbeitet, nach dem ein großer Prozentsatz der Britischen Armee in Indien bei starker Kostenersparnis von Schweinefleisch ernährt werdenkönnte. Dann ließ er durchblicken, Pinecoffin könnte ihm vielleicht »die verschiedenen Auskünfte geben, die zur korrekten Durchführung eines derartigen Projektes erforderlich sind«. Die Regierung schrieb daher auf der Rückseite von Naffertons Brief: »Mr. Pinecoffin wird hiermit instruiert, Mr. Nafferton mit allen, ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu versehen.« Regierungen neigen in einer geradezu verhängnisvollen Weise dazu, Schriftstücke mit Bemerkungen zu verzieren, die früher oder später zu Unruhe oder Verwicklungen führen.
    Nafferton hatte nicht das leiseste Interesse an Schweinen, aber er wußte, Pinecoffin würde in die Falle stolpern. Pinecoffin war förmlich entzückt, über Schweine zu Rate gezogen zu werden. Das Schwein spielt landwirtschaftlich in Indien ja nicht gerade eine bedeutende Rolle, aber Nafferton machte es Pinecoffin klar, daß man dem abhelfen könnte, und setzte sich mit besagtem jungen Manne direkt in Verbindung.
    Vielleicht glaubt man, daß sich aus dem Gegenstand »Schwein« nicht viel herausholen läßt. Das hängt ganz davon ab, wie man zu Werke geht. Da Pinecoffin ein Zivilbeamter war und die Sache von Grund auf zu behandeln gedachte, begann er mit einem Essay über das primitive Schwein, über die Mythologie des Schweines und über das drawidische Exemplar dieser Gattung. Nafferton legte seine Auskunft – siebenundzwanzig Folioseiten lang – zu den Akten – und verlangte jetzt statistische Angaben über das Vorhandensein von Schweinen im Pandschab, und wie die Tiere das heiße Wetter vertrügen. Von diesem Punkte an gebe ich hier lediglich die nackten Umrisse der Affäre – sozusagen die Rüstseile des riesigen Geflechts wieder, in das Nafferton Pinecoffin verstrickte.
    Pinecoffin zeichnete eine farbige Karte der Schweinebevölkerung Indiens und sammelte Informationen über dieLebensdauer von Schweinen: a) in den submontanen Gegenden des Himalayas, b) im Rechna Doab. Das bot Veranlassung zu ethnologischen Abschweifungen über Schweinehirten im Allgemeinen und entlockte Pinecoffin ausführliche Tabellen über die Verteilung pro Tausend jener Kaste unter der Bevölkerung des Derajat. Nafferton legte auch dieses Bündel zu den übrigen Akten und setzte Pinecoffin auseinander, die Zahlen, die er haben wollte, bezögen sich auf die Cis-Sutlej Staaten, wo seinen Auskünften zufolge Schweine ganz besonders groß und fett würden und wo er seine Züchterei ins Leben zu rufen beabsichtige. Inzwischen hatte die Regierung ihre Instruktionen an Pinecoffin längst vergessen. Sie gleicht darin den Leuten in dem Gedicht von Keats, die eine gutgeölte Maschinerie zur Menschenschindung betreiben. Aber Pinecoffin hatte gerade erst begonnen, sich für die Schweinejagd zu erwärmen, was Nafferton wohl wußte. Zwar hatte er genug eigene Arbeit zu bewältigen, aber er setzte sich jetzt des nachts hin, um das Thema »Schwein« auf fünfstellige Dezimalzahlen zu reduzieren – alles um der Ehre seiner Behörde willen. Er wollte es nicht auf sich sitzen lassen, in einer so einfachen Sache wie Schweinezucht als Ignorant zu erscheinen.
    Die Regierung schickte ihn in einer Sondermission nach Kohat, um eine Untersuchung über die großen, sieben Fuß langen, eisenbeschlagenen Spaten jenes Bezirks anzustellen. Die Bevölkerung hatte zur Abwechslung angefangen, sich mit diesen friedlichen Werkzeugen totzuschlagen, und die Regierung wünschte zu wissen: »ob eine modifizierte Form derartiger landwirtschaftlicher Instrumente nicht versuchs- und vorübergehenderweise unter der landwirtschaftlichen Bevölkerung eingeführt werden könnte, selbstverständlich ohne in unnötigem und übertriebenem Maße die unter der Bauernschaft herrschenden religiösen Gefühle zu verletzen.«
    Dank dieser Spaten und Naffertons Schweinen fühlte sich Pinecoffin ziemlich überlastet.
    Nafferton begann jetzt folgendes Thema aufzugreifen: a) die Ernährung des inländischen Schweines vom Standpunkt der Verbesserung seiner Anlage als Fleischformer, b) die Akklimatisation des ausländischen

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