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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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Rüffelerteilung war gerade erst ein neuer Mann an die Spitze getreten. Dem unglücklichen Pinecoffin wurde daher zu verstehen gegeben, die Behörden seien für das Land und nicht das Land für die Behörden da, und er möchte sich gefälligst endlich daran machen, einiges Material über Schweine beizubringen.
    In einem Anflug von Geistestrübung antwortete Pinecoffin, er hätte so ziemlich alles, was es über Schweine zu sagen gäbe, bereits gesagt und habe im Gegenteil auf Urlaub Anspruch.
    Pinecoffin verschaffte sich eine Abschrift dieses Briefes und schickte sie mitsamt dem Essay über das drawidische Schwein an eine fremde Provinzzeitung, die beides ungekürzt abdruckte. Das Essay war ziemlich prätentiös. Hätte der Zeitungsredakteur jedoch die Stöße von Papier, bedecktmit Pinecoffins Handschrift, gesehen, die Nafferton auf seinem Schreibtisch aufgestapelt hatte, er hätte sich weniger sarkastisch ausgelassen über »die verschwommene Weitschweifigkeit und den krassen Dünkel modernen, streberischen Beamtentums, und dessen totale Unfähigkeit in der Erfassung wesentlicher, praktischer Gesichtspunkte bei praktischen Fragen«.
    Es ist bereits eingangs erklärt worden, daß Pinecoffin einer weichlichen Rasse angehörte. Dieser letzte Schlag erschreckte und erschütterte ihn. Er begriff ihn nicht, aber er fühlte, irgendwie hatte Nafferton ihn schändlich verraten. Er erkannte, daß er sich ohne zwingenden Grund in die Schweinshaut hatte einwickeln lassen und daß er sich andererseits auch nicht vor seiner Regierung zu rechtfertigen vermochte. Außerdem erkundigten sich seine sämtlichen Freunde bei ihm nach seiner »verschwommenen Weitschweifigkeit und seinem krassen Dünkel«! Das machte ihn vollends unglücklich.
    So setzte er sich auf den Zug und fuhr zu Nafferton, den er seit Beginn der Schweineaffäre nicht wiedergesehen hatte. Er nahm auch den Ausschnitt aus der Zeitung mit und schimpfte in einer hilflosen Art herum und warf Nafferton allerhand wenig schmeichelhafte Ausdrücke an den Kopf, bis alles in einem matten, wäßrigen Protest von der »Es–ist–wirklich–nicht–nett–von–Ihnen« Sorte erstarb.
    Nafferton zeigte außerordentliches Mitgefühl.
    »Ich fürchte, ich habe Ihnen wirklich erhebliche Scherereien gemacht, nicht wahr?«
    »Scherereien?« jammerte Pinecoffin, »Die Scherereien sind mir noch relativ gleichgültig, obwohl sie wirklich schlimm genug waren; wogegen ich mich sträube, ist dies Hineinzerren der Öffentlichkeit. Das wird mir ja während meiner ganzen Karriere wie eine Klette anhaften. Dabeihabe ich wirklich mein möglichstes getan für ihre unersättlichen Schweine. Es ist wirklich nicht nett von Ihnen, bei Gott nicht!«
    »Ich weiß nicht,« entgegnete Nafferton, »sind Sie eigentlich schon mal mit einem Pferde hereingelegt worden? Mir ist der Geldverlust ja so ziemlich gleichgültig, obwohl der natürlich an sich schlimm genug war; wogegen ich protestiere ist der Spott, der sich darnach über einen ergießt, besonders seitens des Kerls, der einen hereingelegt hat. Aber ich glaube, jetzt sind wir quitt.«
    Pinecoffin fand hierauf keine Antwort, er vermochte nur zu schimpfen. Und Nafferton lächelte ungemein liebenswürdig und lud ihn zu Tisch.

Die Flucht der Weißen Husaren
    Manche Menschen glauben, ein englisches Kavallerieregiment verstünde sich nicht aufs Ausreißen. Das ist ein Irrtum. Ich habe vierhundertundsiebenunddreißig Lanzen in wildem Entsetzen nach allen Richtungen davonjagen sehen – habe erlebt, daß das beste Regiment, das jemals zu Pferde gesessen, für die Dauer von zwei Stunden aus der Armeeliste gelöscht war. Sollte man jedoch die Geschichte den Weißen Husaren wiedererzählen, man liefe, glaube ich, Gefahr, etwas unfreundlich aufgenommen zu werden. Sie sind nicht gerade stolz auf die Begebenheit.
    Man kann die Weißen Husaren an ihrer Einbildung erkennen, die größer ist als die sämtlicher anderer Kavallerieregimenter auf der Kommandorolle. Falls das nicht genügt, kann man sie an ihrem alten Kognak erkennen. Der gehört seit sechzig Jahren zum Bestand ihres Kasinos und verdient, daß man eine Reise macht, um ihn zu kosten. Man verlange den alten »MacGaire« Kognak und achte darauf, daß man den richtigen bekommt. Falls der Kasino-Unteroffizier einen für ungebildet hält und der Meinung ist, man verstünde den echten nicht genügend zu würdigen, wird man dementsprechend von ihm behandelt. Der Unteroffizier ist ein wackerer Mann. Aber ich warne

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