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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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fort. »Sind Sie bereit, alle Fragen in diesem Zusammenhang vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Bitte beschreiben Sie ausführlich, wie Sie mit Melanie Strum in Verbindung getreten sind, was danach geschehen ist, und wie und warum Sie sie getötet haben.«
    Mull machte einen mitgenommenen Eindruck. »Um Gottes willen, Jordan …«
    Zum ersten Mal schaute Ballston auf. »Genug, Stan, genug! Ich habe meine Entscheidung getroffen. Bitte mischen Sie sich nicht ein. Sie sind nur hier, um meine Aussage zu bezeugen.«
    Mull schüttelte den Kopf.
    Ballston schien erleichtert über das Schweigen seines Anwalts. Er blickte in die Kamera. »Wie groß ist mein Publikum?«
    Becker verzog das Gesicht. »Spielt das denn eine Rolle?«
    »Die unglaublichsten Sachen sind schon auf YouTube gelandet.«
    »Das hier nicht.«
    »Schade.« Ballston grinste grausig. »Wo soll ich anfangen?«
    »Am Anfang.«
    »Also damit, dass ich mit sechs beobachtet habe, wie mein Onkel meine Mutter fickt?«
    Becker zögerte. »Fangen Sie einfach damit an, wie Sie Melanie Strum kennengelernt haben.«
    Ballston lehnte sich zurück und richtete seine Erklärungen in fast verträumtem Ton an einen Punkt weit oben an der Wand hinter Becker. »Melanie habe ich über den speziellen Karnala-Ablauf erworben. Dabei absolviert man eine verzweigte Reise durch eine Reihe von Portalen. Jedes von diesen Portalen …«
    »Moment. Sie müssen das in schlichten Worten schildern. Was ist ein Portal?«
    Gurney hätte Becker gern geraten, sich zu entspannen, den Mann reden zu lassen und die Fragen später zu stellen. Aber das hätte ihn vielleicht noch mehr aus der Bahn geworfen.
    »Ich rede von Websitelinks. Internetseiten, über die man zu anderen Seiten gelangt, Chatrooms, die zu anderen Chatrooms führen, immer mit dem Ziel, bestimmten intensiven Interessen nachzugehen, und die schließlich mit einem Eins-zu-Eins-Austausch von E-Mails oder SMS zwischen Kunde und Anbieter enden.« Angesichts der zugrundeliegenden Thematik wirkte Ballstons dozierender Ton fast surreal.
    »Sie meinen, Sie geben an, welche Art Frau Sie wollen, und die wird dann geliefert?«
    »Nein, so schnell und plump läuft das nicht. Wie gesagt, der Karnala-Ablauf ist speziell. Der Preis ist hoch, aber dafür ist die Methode wirklich elegant. Hat sich der Austausch für beide Seiten als zufriedenstellend erwiesen …«
    »Zufriedenstellend? In welcher Weise?«
    »Im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit. Die Leute von Karnala überzeugen sich davon, dass der Kunde es ernst meint, und der Kunde überzeugt sich von Karnalas Legitimität.«
    »Legitimität?«
    »Wie? Ach so, ich verstehe Ihr Problem. ›Legitimität‹ meine ich in dem Sinn, dass man ist, was man behauptet, und nicht etwa der Lockvogel irgendeiner mickrigen Ermittlungsbehörde.«
    Gurney war fasziniert von der Dynamik der Vernehmung. Ballston, der dabei war, ein Kapitalverbrechen zu gestehen, um mit dem Leben davonzukommen, gewann durch seine ruhige Erzählung mehr und mehr die Kontrolle. Becker hingegen, der eigentlich das Verhör leiten sollte, wirkte verunsichert.
    »Na schön«, sagte Becker. »Wenn also alle Beteiligten von der Legitimität der anderen überzeugt sind, was passiert dann?«
    »Dann …« Ballston legte eine dramatische Pause ein und schaute Becker zum ersten Mal in die Augen. »Dann kommt die elegante Note: die Karnala-Anzeigen im Sonntagsmagazin der New York Times. «
    »Können Sie das wiederholen?«
    »Karnala Fashion. Die höchsten Kleiderpreise der Welt: eigens für den Kunden entworfene Unikate für hunderttausend Dollar und mehr. Wunderschöne Anzeigen. Wunderschöne Frauen, die nur ein paar durchsichtige Schals tragen. Sehr anregend.«
    »Welche Bedeutung haben diese Anzeigen?«
    »Na, überlegen Sie doch mal.«
    Ballstons entspannte Herablassung ging Becker allmählich an die Nieren. »Scheiße, Ballston, ich hab keine Zeit für Spielchen.«
    Ballston seufzte. »Ich dachte, das ist klar, Lieutenant. In den Anzeigen wird nicht für Kleider geworben, sondern für die Frauen.«
    »Das heißt, die Frauen aus den Anzeigen stehen zum Verkauf?«
    »Richtig.«
    Becker blinzelte ungläubig. »Für hunderttausend Dollar?«
    »Und mehr.«
    »Und danach? Sie senden einen Scheck über hundert Riesen, und die liefern per FedEx die teuerste Nutte der Welt?«
    »Wohl kaum, Lieutenant. Einen Rolls Royce ordert man nicht über eine Zeitschriftenanzeige.«
    »Was dann? Besuchen Sie den

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