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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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Ausstellungssalon von Karnala?«
    »In gewisser Weise ja. Bloß, dass der Ausstellungssalon ein Vorführraum ist. Alle aktuell verfügbaren Frauen, auch die aus der Anzeige, präsentieren sich mit einem eigenen intimen Video.«
    »Sie sprechen also von indiviuellen Pornofilmen?«
    »Nein, von etwas viel Besserem. Karnala ist führend in seiner Branche, das Angebot ist von exquisiter Erlesenheit. Diese Frauen und ihre filmischen Darstellungen sind außerordentlich intelligent, herrlich subtil und sorgfältig auf die emotionalen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten.« Ballston fuhr sich träge mit der Zungenspitze über die Oberlippe. Becker schien knapp davor, ihm an die Gurgel zu gehen. »Was Sie wohl noch nicht so richtig begriffen haben, Lieutenant, ist, dass das Frauen mit einer sehr interessanten sexuellen Vergangenheit sind, Frauen mit ganz eigenen Gelüsten. Das sind keine Nutten, Lieutenant, sondern ganz besondere Frauen.«
    »Und deswegen sind sie hunderttausend Dollar wert?«
    Ballston seufzte nachsichtig. »Und mehr.«
    Becker nickte unbewegt. Er wirkte hilflos. »Hunderttausend … für Nymphomanie … Raffinesse …?«
    Ballston lächelte leise. »Dafür, dass sie exakt das sind, was man braucht. Dafür, dass sie passen wie angegossen.«
    »Weiter.«
    »Es gibt sehr gute Weine für fünfzig Dollar die Flasche, Weine, die zu neunzig Prozent vollkommen sind. Eine weit kleinere Zahl für fünfhundert Dollar die Flasche erreicht neunundneunzig Prozent Vollkommenheit. Doch für das letzte noch fehlende Prozent zur absoluten Vollkommenheit muss man fünftausend pro Flasche zahlen. Manche merken gar keinen Unterschied. Andere schon.«
    »Verdammt! Für mich als normalen Menschen ist eine teure Nutte eben eine teure Nutte.«
    »Mag sein, dass das für Sie die letzte Wahrheit ist, Lieutenant.«
    Becker erstarrte auf seinem Stuhl, das Gesicht ausdruckslos.
    Gurney hatte so etwas in seiner Zeit als Ermittler schon viel zu oft erlebt. Was folgte, war meistens bedauerlich und bedeutete manchmal sogar das Ende der jeweiligen Karriere. Er hoffte, dass die Gegenwart des renommierten Anwalts und der Kamera Schlimmeres verhüten konnte.
    Anscheinend war es so. Eine Minute lang schaute sich Becker im Zimmer um, ohne von Ballston Notiz zu nehmen, und entspannte sich allmählich wieder.
    Gurney fragte sich, was Ballston eigentlich für ein Spiel trieb. Wollte er sein Gegenüber wirklich zu einer gewalttätigen Reaktion reizen, um daraus einen juristischen Vorteil zu ziehen? Oder war diese lockere Herablassung nur der jämmerliche Versuch, seine Überlegenheit zu beweisen, obwohl er vor den Trümmern seiner Existenz stand?
    In unnatürlich beiläufigem Ton setzte Becker das Verhör fort. »Dann erzählen Sie mir mal von dem Vorführraum, Jordan .« Er sprach den Namen auf unterschwellig beleidigende Weise aus.
    Ballston achtete nicht weiter darauf. »Klein, komfortabel, reizender Teppich.«
    »Wo ist er?«
    »Das weiß ich nicht. Man hat mich am Flughafen Newark abgeholt und mir die Augen verbunden – mit einer von diesen Schlafmasken, die immer in alten Schwarz-Weiß-Filmen auftauchen. Der Fahrer hat mich aufgefordert, sie überzuziehen und erst abzusetzen, wenn man mir sagt, dass ich im Vorführraum bin.«
    »Und Sie haben nicht geschummelt?«
    »Karnala ist keine Organisation, die zum Schummeln einlädt.«
    Becker nickte lächelnd. »Meinen Sie, Karnala würde Ihre heutige Aussage als eine Art Schummeln bewerten?«
    »Ich fürchte ja«, erwiderte Ballston.
    »Sie schauen sich also diese … Filme an und … sehen etwas, das Ihnen gefällt. Was dann?«
    »Man erklärt sich mündlich mit dem Kaufvertrag einverstanden, setzt die Maske wieder auf und wird zurück zum Flughafen gefahren. Man veranlasst die Überweisung des vereinbarten Betrags auf ein Konto bei einer Bank auf den Kaimaninseln, und einige Tage später klingelt die Traumfrau an der Tür.«
    »Und dann?«
    »Und dann … erfüllt man sich alle Wünsche.«
    »Und am Ende ist die Traumfrau tot.«
    Ballston lächelte. »Natürlich.«
    » Natürlich? «
    »Darum geht es doch bei dem Geschäft. Wussten Sie das nicht?«
    »Es geht darum … sie zu töten?«
    »Die Frauen, die Karnala vermittelt, sind sehr böse. Sie haben schreckliche Dinge getan. Das beschreiben sie ausführlich in ihren Videos. Unglaublich schreckliche Dinge.«
    Becker wich leicht zurück. Er war offensichtlich überfordert. Selbst Stanford Mulls Pokerface war eine gewisse Starre anzumerken.
    Diese

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