Schließe deine Augen
Erklärung, die mir einfällt.«
»Na ja … da können wir nachher noch drüber reden, wenn Sie hier sind.«
»Genau.« Allerdings hatte Gurney nicht die geringste Absicht, darüber zu sprechen. Solange er zurückdenken konnte, hatte er seit jeher jede Erörterung von Dingen vermieden, die sich nur entfernt auf seine eigene Verletzlichkeit bezogen. Das war die gleiche Art vergeblicher Schadensbegrenzung, die ihn davon abhielt, Madeleine in seine Rohypnolängste einzuweihen.
Die Computerausstattung an der Polizeiakademie war auf einem neueren Stand als die des BCIs , und so versammelten sich alle kurz vor zwei im Telekonferenzzentrum der Akademie. Dieses »Zentrum« war in der Hauptsache mit einem Flachbildschirm an der vorderen Wand eingerichtet. Ein halbrunder Tisch und ein Dutzend Stühle dahinter komplettierten das Bild. Die Anwesenden waren Gurney alle bekannt. Einige, wie Rebecca Holdenfield, bemerkte er mit größerer Freude als andere.
Erleichtert stellte er fest, dass alle voller Spannung auf das Kommende warteten und deshalb wahrscheinlich nicht auf den Gedanken kommen würden, nach der Puppe und ihrer Bedeutung zu fragen.
Sergeant Robin Wigg saß in einer Ecke an einem eigenen Tischchen mit zwei offenen Notebooks, einem Handy und einer Tastatur, von der aus sie offenbar den Bildschirm an der Wand steuerte. Als sie etwas eintippte, zeigte der Monitor Bildfehler und Nummerncodes, dann erwachte er zu hochauflösendem Leben und wurde schnell zum Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.
Ein standardmäßiger Verhörraum mit Betonwänden erschien. Im Zentrum stand ein grauer Metalltisch. Auf einer Seite saß Detective Darryl Becker. Ihm gegenüber hatten zwei Männer Platz genommen. Einer sah aus, als wäre er aus einem GQ -Artikel über Amerikas bestgekleidete Anwälte gestiegen. Der andere war Jordan Ballston, der eine einschneidende Verwandlung durchgemacht hatte. Er wirkte verschwitzt und zerknittert. Sein Körper war schlaff, der Mund stand leicht offen, und der hohle Blick war auf den Tisch fixiert.
Becker wandte sich in frischem Ton zur Kamera. »Wir können gleich anfangen. Hoffentlich ist der Empfang klar und deutlich. Bitte bestätigen.« Er blickte auf den Monitor eines Notebooks.
Wiggs Finger flogen über die Tasten.
Kurz darauf lächelte Becker und hob zufrieden den Daumen.
Nach einer flüsternd geführten Beratung mit Kline trat Rodriguez nach vorn. »Hört zu, Leute. Wir verfolgen hier eine Vernehmung und sind eingeladen, uns daran zu beteiligen. Aufgrund der Entdeckung neuer Beweise auf seinem Besitz …«
»Blutflecken in seinem Boot, die auf Gurneys Hinweis hin gefunden wurden«, warf Kline ein. Er liebte es, die Feindseligkeiten immer neu anzufachen.
Rodriguez blinzelte und fuhr fort. »Aufgrund dieser Beweise hat der Beschuldigte seine Geschichte geändert. Um der in Florida geltenden Todesstrafe zu entgehen, hat er angeboten, nicht nur den Mord an Melanie Strum zu gestehen, sondern Details zu einer größeren kriminellen Verschwörung zu nennen, eine Verschwörung, die vielleicht in Zusammenhang steht mit dem vermeintlichen Verschwinden anderer Mapleshade-Absolventinnen. Beachten Sie bitte, dass der Beschuldigte diese Aussage macht, um sein Leben zu retten, und daher vielleicht mehr über diese sogenannte Verschwörung zu erzählen bereit ist, als er tatsächlich weiß.«
Wie um die Belanglosigkeit dieser Warnung des Captains zu unterstreichen, wandte sich Hardwick an Gurney, der am entgegengesetzten Ende des halbkreisförmigen Tischs saß: »Glückwunsch, Sherlock! Du solltest eine Karriere in der Strafverfolgung ins Auge fassen. Leute mit Grips wie dich können wir brauchen.«
Dann zog eine Stimme aus dem Monitor an der Wand die Aufmerksamkeit aller auf sich.
66
Die grausige Wahrheit nach Ballston
»Heute ist der 24. September 2009, es ist 14.03 Uhr. Ich bin Detective Lieutentant Robert Becker vom Palm Beach Police Department. Mit mir im Verhörraum eins sind Jordan Ballston und sein Anwalt Stanford Mull. Die Vernehmung wird aufgezeichnet.« Becker wandte sich Ballston zu. »Sind Sie Jordan Ballston, wohnhaft am South Ocean Boulevard in Palm Beach?«
Ballston hob den Blick nicht vom Tisch. »Ja, der bin ich.«
»Haben Sie sich nach Beratung mit Ihrem Anwalt bereit erklärt, zum Mord an Melanie Strum eine vollständige und wahrheitsgemäße Aussage zu machen?«
Stanford Mull legte Ballston die Hand auf den Arm. »Jordan, ich muss …«
»Ja, das habe ich.«
Becker fuhr
Weitere Kostenlose Bücher