Schließe deine Augen
ganzen Welt.«
Ein nervöses Lachen brach aus seiner Kehle. »Gott steh mir bei!«
»Ich meine es ernst. Vielleicht der beste Detective auf der ganzen Welt. Wie kann ich da von dir verlangen, dass du damit aufhörst und zu einem anderen Menschen wirst? Das geht nicht, das ist nicht fair.«
Er betrachtete die umgekehrte Silhouette der Ahornbäume auf der spiegelglatten Wasseroberfläche. »So sehe ich das nicht.«
Sie ignorierte seine Antwort. »Und deswegen solltest du es so machen. Du hast vereinbart, dass du zwei Wochen an dem Fall arbeitest. Heute ist Mittwoch. Am Samstag laufen die zwei Wochen ab. Nur noch drei Tage. Führ den Auftrag zu Ende.«
»Das ist nicht nötig.«
»Ich weiß. Ich weiß, du bist bereit, ihn aufzugeben. Und deshalb ist es auch in Ordnung, dass du es nicht tust.«
»Kannst du das wiederholen?«
Sie lachte nur. »Wo wären die denn ohne dich?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, du machst Witze.«
»Warum?«
»Das Letzte, was ich brauche, ist, dass mich jemand in meiner Arroganz bestärkt.«
»Das Letzte, was du brauchst, ist eine Frau, die einen anderen aus dir machen will.«
Nach einer Weile wanderten sie Hand in Hand wieder zurück über die Wiese, nickten dem Wachposten freundlich zu und traten ins Haus.
Madeleine machte ein kleines Kirschholzfeuer im Steinkamin und öffnete das Fenster daneben, damit es nicht zu warm im Zimmer wurde.
Den Rest des Nachmittags taten sie etwas, das sie nur selten taten: gar nichts. Sie räkelten sich auf der Couch und ließen sich träge vom Feuer hypnotisieren. Später dachte Madeleine laut über mögliche Fruchtwechsel im Garten für den kommenden Frühling nach. Noch später las sie ihm, vielleicht um eine Flut von Sorgen in Schach zu halten, ein Kapitel aus Moby Dick vor und äußerte wieder einmal ihr Vergnügen und Staunen über »das merkwürdigste Buch, das mir je untergekommen ist«.
Sie kümmerte sich um das Feuer. Er zeigte ihr Bilder von Gartenpavillons und geschützten Lauben aus einem Buch, das er vor einigen Monaten im Baumarkt Home Depot mitgenommen hatte, und sie schmiedeten Pläne, gleich nächsten Sommer auch etwas Derartiges zu bauen, vielleicht am Weiher. Gemeinsam bereiteten sie ihr Abendessen mit Suppe und Salat vor, während der Himmel noch erleuchtet war vom Sonnenuntergang, der über die Ahornbäume auf dem Hügel strahlte. Bei Einbruch der Dunkelheit gingen sie ins Bett und liebten sich voller Zärtlichkeit, die bald in heftige Leidenschaft umschlug, schliefen über zehn Stunden und erwachten gleichzeitig im ersten grauen Licht der Morgendämmerung.
65
Das Monster meldet sich
Gurney hatte seine Rühreier mit Toast aufgegessen und wollte gerade den Teller in die Spüle stellen. Madeleine blickte von ihrer Schüssel Haferflocken mit Rosinen auf. »Wahrscheinlich hast du schon wieder vergessen, wohin ich heute fahre.«
Am Abend zuvor hatte er sie mit einiger Mühe dazu überredet, die nächsten zwei Tage bei ihrer Schwester in New Jersey zu verbringen – unter den Umständen sicher eine besonnene Vorsichtsmaßnahme –, während er die Arbeit an dem Fall abschloss. Doch jetzt legte er die Stirn in konzentrierte Falten, um den Ratlosen zu mimen.
Sie lachte über seinen übertriebenen Ausdruck. »Deine Schauspieltechnik bei verdeckten Aktionen war bestimmt viel überzeugender. Oder du hast es immer mit Idioten zu tun gehabt.«
Nachdem sie aufgegessen und eine zweite Tasse Kaffee getrunken hatte, duschte sie sich und zog sich an. Um halb neun schloss sie ihn fest in die Arme und gab ihm einen Kuss. Nach einem besorgten Blick und einem weiteren Kuss machte sie sich auf den Weg zum Vorstadtpalast ihrer Schwester in Ridgewood.
Als sie bereits ein gutes Stück Straße hinter sich hatte, folgte er ihr in seinem Auto. Weil er ihre Route kannte, reichte es, wenn er sie nur gelegentlich aus großem Abstand sah. Schließlich wollte er sie nicht observieren, sondern sich vergewissern, dass niemand anders sie beschattete.
Nach mehreren einsamen Kilometern war er sich sicher und kehrte nach Hause zurück.
Als er neben dem Streifenwagen parkte, tauschte er einen freundlichen Gruß mit dem Beamten aus.
Bevor er ins Haus trat, blieb er bei der Seitentür stehen und schaute sich um. Einen Moment lang erfasste ihn ein Gefühl von Zeitlosigkeit, als stünde er in einem Gemälde. Dieser Frieden wurde von dem kurzen Piepton seines Handys drinnen unterbrochen, der eine SMS ankündigte. Die Nachricht selbst zerstörte den
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