Schließe deine Augen
Hardwick ihn an Val Perry vermittelt hatte, aber niemand griff sie auf. Blatt sah aus wie eine Ratte, die vergeblich herumschnüffelt, um einen Geruch in der Luft zu identifizieren, allerdings änderte das wenig an seinem normalen Erscheinungsbild.
Kline nippte gedankenvoll an seinem Kaffee. »Welche Fakten stören Sie?«
»Zunächst Flores’ schneller Aufstieg vom Laubharker zum Hausverwalter.«
»Sie meinen, Ashton lügt?«
»Vielleicht macht er sich selbst was vor. Er erklärt es sich mit einer Art Wunschdenken, mit dem er das Konzept eines neuen Buches stützen wollte.«
»Becca, können Sie damit was anfangen?«
Ihr Lächeln glich einem Achselzucken. »Man soll nie die Kraft der Selbsttäuschung unterschätzen, vor allem bei jemandem, der etwas beweisen will.«
Kline nickte abgeklärt und wandte sich wieder an Gurney. »Sie meinen also, dass Flores sich verstellt hat?«
»Dass er aus irgendeinem Grund eine Rolle gespielt hat, ja.«
»Was stört Sie sonst noch?«
»Das Motiv. Wenn Flores nach Tambury gekommen ist, um Jillian zu töten, warum hat er dann so lange damit gewartet? Und wenn er aus einem anderen Grund gekommen ist, was war es dann für einer?«
»Interessante Fragen. Weiter.«
»Die Enthauptung wirkt methodisch und gut geplant, aber zugleich spontan und situationsbedingt.«
»Da kann ich nicht ganz folgen.«
»Die Anordnung der Leiche war präzise. Das Cottage ist kurz davor, vielleicht erst am Morgen gründlich gereinigt worden, um alle Spuren des Mannes zu beseitigen, der dort gelebt hat. Die Fluchtroute wurde geplant, und es wurde auf noch ungeklärte Weise die Geruchsspur gelegt, die die Hundestaffel in die Irre geführt hat. Egal, wie Flores die Flucht gelungen ist, sie war sorgfältig vorbereitet. Das Ganze kommt mir vor wie etwas aus Mission Impossible , das ein bis auf den Sekundenbruchteil genaues Timing erfordert. Aber die tatsächlichen Umstände widersprechen jedem Versuch von Planung oder gar Timing.«
Neugierig schob Kline den Kopf vor. »Inwiefern?«
»Das Video lässt darauf schließen, dass Jillian ihren Besuch im Cottage aus einer Laune heraus gemacht hat. Kurz vor dem programmgemäßen Hochzeitstoast hat sie Ashton wissen lassen, dass sie Hector zur Teilnahme überreden will. Meiner Erinnerung nach hat Ashton dem Polizeichef Luntz und seiner Frau von Jillians Absicht erzählt. Niemand schien begeistert von der Idee, aber ich habe den Eindruck, dass Jillian sowieso immer ihren Kopf durchgesetzt hat. Einerseits haben wir also einen akribisch geplanten Mord, der von perfektem Timing abhängt, andererseits Umstände, die sich der Kontrolle des Mörders völlig entziehen. Irgendwas stimmt nicht an diesem Szenario.«
»Nicht unbedingt.« Blatts Nase zuckte. »Flores kann alles im Voraus eingerichtet haben, er hatte alles so weit fertig und hat dann auf seine Gelegenheit gewartet wie eine Schlange im Loch. Hat darauf gewartet, dass das Opfer vorbeikommt, und dann … Bamm!«
Gurney schaute skeptisch drein. »Aber Arlo, das hieße, Flores macht das Cottage vollkommen sauber, bis es praktisch steril ist, er bereitet sich und seinen Fluchtweg vor, zieht sich an, wie er es vorhat, hat alles zur Hand, was er mitnehmen will, hat auch Kiki Muller angewiesen, auf ihn zu warten, und dann … dann, was? Sitzt er mit der Machete in der Hand im Cottage und hofft darauf, dass Jillian vorbeischaut, um ihn zum Empfang einzuladen?«
»Sie drehen es so blöd hin, wie wenn es völlig unmöglich wäre.« In Blatts Augen blitzte der Hass. »Aber ich glaube, dass es genau so gelaufen ist.«
Anderson schürzte die Lippen. Rodriguez kniff die Augen zusammen. Keiner der beiden traf Anstalten, ihren Kollegen zu unterstützen.
Kline brach das gespannte Schweigen. »Noch was?«
»Na ja«, meinte Gurney. »Wesentlich ist jetzt vor allem die Sache mit den vermissten Absolventinnen.«
»Die noch nicht mal stimmen muss«, warf Blatt ein. »Vielleicht wollen sie einfach nicht gefunden werden. Diese Mädchen haben nicht unbedingt eine stabile Persönlichkeit. Und selbst wenn sie wirklich verschwunden sind, gibt es keinen Beweis für einen Zusammenhang mit dem Fall Perry.«
Wieder entstand eine Stille, bis sich Hardwick zu Wort meldete. »Arlo könnte recht haben. Aber wenn sie verschwunden sind und ein Zusammenhang vorliegt, dann müssen wir damit rechnen, dass sie inzwischen alle tot sind.«
Niemand sprach ein Wort. Es war allgemein bekannt: Wenn junge Frauen unter verdächtigen Umständen
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