Schließe deine Augen
davon Gurney und ließ sich neben ihm nieder.
»Senior Investigator Hardwick arbeitet zurzeit nicht an dem Fall«, fuhr Kline fort, ohne jemanden Bestimmtes anzusprechen, »aber er war am Anfang beteiligt, und ich hielt es für das Beste, alle relevanten Personen zusammenzubringen.«
Auch das eine offensichtliche Lüge, wie Gurney fand. Kline hielt es höchstens für »das Beste«, Katzen und Hunde zusammenzuwerfen und zu beobachten, was passierte. Sein Ansatz zur Wahrheitsfindung und zur Motivierung von Mitarbeitern bestand darin, sie aufeinanderzuhetzen – je feindseliger, desto besser. Entsprechend geladen war die Stimmung im Raum, was wohl Klines Energiepegel erklärte, der sich inzwischen dem satten Summen eines Hochspannungs-Transformators näherte.
»Rod, während ich mir einen Kaffee hole, könnten Sie doch schon mal die Vorgehensweise des BCI in dem Fall erläutern. Wir sind hier, um zuzuhören und zu lernen.«
Gurney glaubte ein Ächzen von Hardwick zu vernehmen, der sich auf seinem Stuhl fläzte.
»Ich fasse mich kurz«, begann der Captain. »Was den Mord an Jillian Perry betrifft, wissen wir, was getan wurde, wann es getan wurde und wie es getan wurde. Außerdem kennen wir den Täter und haben unsere Anstrengungen darauf konzentriert, ihn aufzuspüren und zu fassen. Zu diesem Zweck haben wir eine der größten Fahndungen in der Geschichte des Bureaus auf die Beine gestellt. Sie ist umfassend und gewissenhaft und läuft noch.«
Erneut kam ein gedämpfter Laut aus Hardwicks Richtung.
Der Captain hatte die Ellbogen auf den Tisch gestemmt, die linke Faust war in der rechten Hand vergraben. Er warf Hardwick einen warnenden Blick zu. »Bisher haben wir über dreihundert Vernehmungen durchgeführt und sind dabei, den Radius unserer Nachforschungen auszudehnen. Bill – Lieutenant Anderson – und Arlo hier sind für die Überwachung der täglichen Fortschritte zuständig.«
Kline kam mit dem Kaffee an den Tisch, blieb aber stehen. »Vielleicht könnte uns Bill einen Eindruck von der aktuellen Situation geben. Welche Erkenntnisse liegen uns heute vor, die uns, sagen wir, eine Woche nach der Enthauptung noch nicht vorlagen?«
Lieutenant Anderson räusperte sich. »Die uns nicht vorlagen? Nun, auf jeden Fall haben wir viele Möglichkeiten eliminiert.« Als er den auf sich gerichteten Blicken entnehmen musste, dass das keine ausreichende Antwort war, räusperte er sich erneut. »Viele Dinge hätten passiert sein können, von denen wir jetzt wissen, dass sie nicht passiert sind. Wir haben viele Möglichkeiten ausgeschlossen und ein klareres Bild des Verdächtigen entwickelt. Ein Irrer, wie er im Buche steht.«
»Welche Möglichkeiten haben Sie ausgeschlossen?«, hakte Kline nach.
»Zum Beispiel wissen wir, dass niemand Flores beim Verlassen der Gegend von Tambury beobachtet hat. Kein Taxifahrer, keine Leihwagenfirma und kein Busfahrer kann sich an jemand wie ihn erinnern. Wir haben überhaupt niemanden gefunden, der ihn nach dem Mord gesehen hat.«
Kline blinzelte verwirrt. »Okay, aber ich verstehe nicht …«
Ausdruckslos fuhr Anderson fort. »Manchmal ist das, was wir nicht finden, genauso wichtig wie das, was wir finden. Wie die Laboranalysen zeigen, hat Flores das Cottage so gründlich gesäubert, dass kein Spurenmaterial mehr übrig war außer dem des Opfers. Er hat sich unglaubliche Mühe gegeben, alles wegzuputzen, was mit analysierbarer DNA hätte behaftet sein können. Selbst die Siphons unter den Becken im Bad und in der Küche wurden abgeschrubbt. Obendrein haben wir jeden erreichbaren lateinamerikanischen Tagelöhner in einem Umkreis von siebzig Kilometern um Tambury befragt, und kein Einziger konnte oder wollte uns etwas über Flores sagen. Ohne Fingerabdrücke, DNA und Datum des Grenzübertritts kann uns auch die Einreisebehörde nicht weiterhelfen. Das gilt auch für die zuständigen Stellen in Mexiko. Selbst das Phantombild mit dem auffällig fehlenden rechten Ohrläppchen hat uns nicht weitergebracht. Jeder Befragte hat gemeint, dass es aussieht wie jemand, den er kennt, aber keine zwei Leute haben dieselbe Person identifiziert. Was Kiki Muller angeht, die Nachbarin, die mit Flores verschwunden ist, so hat sie nach dem Mord ebenfalls niemand mehr gesehen.«
Kline wirkte gereizt. »Klingt, als hätten die Ermittlungen zu nichts geführt.«
Anderson warf Rodriguez einen Blick zu. Der Captain starrte seine Faust an.
Zum ersten Mal meldete sich Blatt zu Wort. »Alles nur eine Frage der
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