Schloss aus Glas
hervorstechende Eigenschaften, aber du warst schon immer ein Arbeitstier.«
Mein Job gefiel mir noch mehr als meine Park-Avenue-Adresse. Ich wurde jede Woche zu etlichen Partys eingeladen: Vernissagen, Benefizbällen, Filmpremieren, Buchpräsentationen und privaten Diners in marmorglänzenden Speisesälen. Ich lernte Immobilienmaklerinnen kennen, Literaturagenten, reiche Erbinnen, Anlageberater, Rechtsanwälte, Modedesigner, Basketballspieler, Fotografinnen, Filmproduzenten und Fernsehkorrespondenten. Ich begegnete Leuten, die eine ganze Häusersammlung hatten und für ein Essen im Restaurant mehr Geld ausgaben, als wir für unser Haus in der Little Hobart Street bezahlt hatten.
Ob es nun stimmte oder nicht, ich war jedenfalls überzeugt, dass ich meinen Job nicht weitermachen könnte, wenn all diese Leute erfuhren, wer meine Mom und mein Dad waren und wer ich eigentlich war. Also vermied ich es, über meine Eltern zu sprechen. Und wenn das nicht möglich war, log ich.
Ein Jahr nachdem ich mit der Kolumne angefangen hatte, saß ich in einem kleinen, überfüllten Restaurant einer älteren, eleganten Frau mit einem Seidenturban gegenüber, die für die »Liste der bestgekleideten Menschen« verantwortlich war.
»Und wo kommen Sie her, Jeannette?«
»West Virginia.«
»Wo genau?«
»Welch.«
»Wie schön. Was ist der Hauptwirtschaftszweig in Welch?«
»Kohleabbau.«
Während sie mich ausfragte, inspizierte sie genau, was ich anhatte, schätzte die Qualität und den Preis von jedem Kleidungsstück ein und bildete sich ein Urteil über meinen Geschmack im Allgemeinen.
»Und besitzt Ihre Familie Kohlebergwerke?«
»Nein.«
»Was machen Ihre Eltern denn?«
»Meine Mutter ist Künstlerin.«
»Und Ihr Vater?«
»Unternehmer.«
»Was macht er?«
Ich holte tief Luft. »Er entwickelt eine Technologie, mit der sich minderwertige Bitumenkohle wirtschaftlicher verbrennen lässt.«
»Und die beiden leben noch in West Virginia?«, fragte Eleanor.
Ich fand, dass es jetzt auch nicht mehr drauf ankam. »Sie fühlen sich dort sehr wohl«, sagte ich. »Sie haben ein herrliches altes Haus am Hang mit Blick auf einen schönen Fluss. Sie haben es jahrelang renoviert.«
Mein Leben mit Eric verlief ruhig und vorhersehbar. Es gefiel mir so, und vier Jahre nach meinem Einzug bei ihm heirateten wir. Kurz nach der Hochzeit starb Moms Bruder, mein Onkel Jim, in Arizona. Mom kam zu mir nach Hause, um mir die Nachricht zu überbringen und mich um einen Gefallen zu bitten.
»Wir müssen Jims Land kaufen«, sagte sie.
Mom und ihr Bruder hatten von ihrem Vater, Grandpa Smith, jeweils die Hälfte von dem Stück Land in Westtexas geerbt, für das irgendeine Ölfirma die Bohrrechte gepachtet hatte und in regelmäßigen Abständen einen Scheck schickte. Unsere ganze Kindheit hindurch hatte Mom ein großes Geheimnis daraus gemacht, wie groß und wie wertvoll das Land war, aber ich hatte mir darunter immer ein paar hundert Hektar mehr oder weniger unbewohnbare Wüste meilenweit entfernt von irgendeiner Straße vorgestellt.
»Das Land muss in Familienbesitz bleiben«, sagte Mom zu mir. »Das ist wichtig, aus sentimentalen Gründen.«
»Na, dann sehen wir mal, ob wir es kaufen können«, sagte ich. »Wie viel soll es denn kosten?«
»Du kannst dir das Geld doch von Eric leihen, er ist ja jetzt dein Mann«, sagte Mom.
»Ich habe selbst ein bisschen Geld«, sagte ich. »Wie viel soll es kosten?« Ich hatte irgendwo gelesen, dass man einen Hektar unerschlossenes Land im dürren Westtexas schon für gerade mal hundert Dollar bekommen konnte.
»Du kannst es dir von Eric leihen«, sagte Mom wieder.
»Also, wie viel?«
»Eine Million Dollar.«
»Was?«
»Eine Million Dollar.«
»Aber Onkel Jims Land ist so groß wie dein Land«, sagte ich. Ich sprach langsam, weil ich sichergehen wollte, dass ich das, was Mom soeben gesagt hatte, richtig verstand. »Ihr habt jeder eine Hälfte von Grandpa Smith' Land geerbt.«
»Mehr oder weniger«, sagte Mom.
»Also, wenn Onkel Jims Land eine Million Dollar wert ist, dann ist dein Land auch eine Million Dollar wert.«
»Ich weiß es nicht.«
»Was soll das heißen, du weißt es nicht? Es ist so groß wie deins.«
»Ich weiß nicht, wie viel es wert ist, weil ich es nie hab schätzen lassen, weil ich es nie verkaufen würde. Von meinem Dad hab ich gelernt, dass man Land nicht verkauft. Deshalb müssen wir Onkel Jims Land kaufen. Es muss in der Familie bleiben.«
»Soll das heißen, du besitzt
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