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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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alle paar Wochen auf den Friedhof, das ist Pflicht, natürlich. Und das Grab wird dort gut gepflegt, ich überwache das, ich trage die Verantwortung.« – »So, so...«, sagte die Prinzessin. »Und hier habe ich dir auch etwas mitgebracht, eine Puppe! Da! Spielst du denn auch schön mit den andern Mädchen?« Das Kind sah angstvoll hoch und nahm die Puppe; seine Augen verdunkelten sich; es schluckte, schluckte noch einmal, ließ dann plötzlich den Kopf sinken und fing an zu weinen. Es war so jämmerlich. Das Weinen warf alles um. Frau Adriani sprang auf und nahm das Kind bei der Hand.
    »Du kommst jetzt heraus und gehst nach oben... das ist nichts für dich! Den Gruß hast du ja nun gehört, und...« – »Einen Augenblick«, sagte ich. »Ada, wenn du einmal etwas Wichtiges an deine Mutti zu bestellen hast: Wir wohnen im Schloß Gripsholm!« – »Hier wird gar nichts Wichtiges bestellt«, sagte die Frau Adriani recht laut und ging mit der Kleinen schnell zur Tür. »Was hier – da geh doch schon! – was hier zu bestellen ist, das wird durch mich bestellt – und du merk dir das...« Sie sprach draußen weiter, wir hörten sie schelten, konnten aber nichts mehr verstehn. »Soll ich...« – »Keinen Krach«, sagte die Prinzessin. »Das hat nur das Kind auszubaden. Wir werden mit Zürich telephonieren und dann weiter sehn!« Wir standen auf.
    Frau Adriani kam zurück, sehr rot im Gesicht.
    »Nun will ich Ihnen mal was sagen«, rief sie. »Wenn Sie sich unterstehn, sich hier noch einmal blicken zu lassen, dann werde ich die Polizei benachrichtigen! Sie haben hier gar nichts zu suchen – verstehn Sie mich! Das ist unerhört! Auf der Stelle verlassen Sie mein Haus! Sie betreten mir nicht mehr meine Schwelle! Und probieren Sie es ja nicht noch einmal, hier herumzuspionieren – ich werde... Ich muß mir doch einen Hund anschaffen«, sagte sie wie zu sich selber. »Ich werde der Frau Collin schreiben, wen sie sich da ausgesucht hat – wo ist überhaupt der Brief?«
    Ich winkte der Prinzessin mit den Augen ab, niemand antwortete, wir gingen langsam auf die Haustür zu. Ich fühlte, wie die Frau eine Winzigkeit unsicher wurde. »Wo... wo der Brief ist?« – Wir sprachen nicht, wir verabschiedeten uns nicht, das hatte sie ja schon besorgt, wir gingen stumm hinaus. Drohen? Wer droht, ist schwach. Wir hatten noch nicht mit Zürich telephoniert.
    Als die Frau sah, daß wir schon an der Haustür standen, verfiel sie in hemmungsloses Gebrüll; man hörte eilige Schritte auf dem Steinfußboden unten im Keller, also liefen dort die Hausmädchen zusammen und horchten. »Ich verbitte... ich verbitte mir ein für allemal Ihre Besuche! Scheren Sie sich raus! Und kommen Sie ja nicht wieder! Wer sind Sie überhaupt... zwei verschiedene Namen! – Heiraten Sie lieber!« schrie sie ganz laut. Und dann waren wir draußen. Die Tür schloß sich mit einem Knall. Bumm. Da standen wir.
    »Hm –«, machte ich. »Das war ein großer Sieg.«
    »Na, Daddy, da ist nichts zu machen. Das ist ja eine Megäre – was haben wir nun?« – »Jetzt haben wir ein bleiches Nein erhalten, wie wir Schweden sagen. Also werden wir telephonieren.« – »Sowie wir nach Hause kommen. Aber wenn du das der Frau Collin nicht richtig sagst, was hier los ist... wie der kleine Gegenstand ausgesehen hat! So vermiekert – und verprügelt! Sei schümpt un schümpt ümmerlos... De is aber steelhaarig! Gotts Blix, die müßt man ja in Öl kochen –!« Das fand ich zu teuer.
    Wir gingen auf das Wäldchen zu, in dem Billie sein mußte. Und schimpften furchtbar auf die Frau Adriani. Und suchten Billie. »Billie! Billie!« Kein nichts und kein gar nichts. »Ob dieses rothaarige Luder glücklich ist?« – »Daddy, du stellst manchmal komische Fragen! Ob sie glücklich ist...! Das Kind ist unglücklich! Donnerhagel was machen wir denn da? Wir müssen dem Kind helfen! Das kann man ja nicht mit ansehn! Und nicht mit anfühlen! Herrgott von Bentheim! Billie!«
    Wir stolperten beinah über sie.
    Sie lag hinter einer kleinen moosigen Erhöhung, in einer Erdfalte; auf dem Bauch lag sie, die langen Beine nach oben gestreckt, sie las und schlug von Zeit zu Zeit ihre Füße zusammen. »Ja? Na, was habt ihr... was war?« Wir erzählten, beide zu gleicher Zeit, und nun war aus Frau Adriani bereits ein feuerspeiender Berg geworden, eine ganze Hölle von kleinen und großen Teufeln, die Vorsteherin einer Affentanz-Schule und ein Scheusal schlechthin. Nun, die Frau war ja wirklich

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