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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Spannung?
2
    »Was nehmen wir denn dem Kind nun mit?«
    »Bonbons«, schlug Billie vor. »Nein«, sagte ich, »das wird ihr die Alte verbieten – oder sie muß sie an die ganze Belegschaft austeilen.« – »Wir gehn Knöpfchen kaufen«, sagte die Prinzessin. »Ich werde schon was finden. Kommt – ach was, Hut! Aber Billie!« Wir gingen.
    Frau Collin hatte geschrieben. Sie wäre uns sehr dankbar, und wir möchten zu der Frau Adriani hingehn und mit ihr sprechen, und dann sollten wir sie anrufen. Die Auslagen würde sie gern...
    »Nicht huddan! Ladi!« rief die Prinzessin. Billie sah sie entgeistert an, und ich mußte ihr erklären, daß das »rechts« und »links« bedeute – so trieb man in manchen plattdeutschen Ecken die Esel an. Gott weiß, woher diese alten Rufe stammen mochten.
    Ja, das Kind, der »kleine Gegenstand...« Ich dachte mit Kraft daran, daß es geplagt und geschlagen würde, denn hier stand nun etwas bevor... Als Junge hatte ich immer an Portal-Angst gelitten, an jener rasenden Furcht, in ein fremdes, in ein ganz fremdes Haus hineinzugehn – geduckt ging ich dann schließlich und fiel natürlich auf die moralische Nase. Tiere wittern Furcht. Menschen wittern Furcht. Seitdem ich aber gelernt habe, daß sie alle sterben müssen, geht es schon besser. Zwanzig Jahre hat das gedauert. Der Plattdeutsche drückt die Sache kürzer und unpathetischer aus: »Wat is he denn? Sin Mors hat man ook bloß twee Hälften!« Ja, das ist wahr.
    Und nun sollte ich da als fremder Mann zu einer bösen, fremden Frau gehn – ich spielte einen Augenblick alle Phasen: Hänsel bei der Knusperhexe, dann: ich geniere mich doch aber so... und dann war es vorbei. Es ging viel schneller vor sich, als man es schreiben kann. Vorbei. »Man muß«, hat ein kluger Inder gesagt, »den Tiger vor der Jagd in Gedanken töten – der Rest ist dann nur noch eine Formalität.« Die Frau Adriani...? Ich dachte an meinen Feldwebel, an das geprügelte, weinende Kind... in Ordnung.
    »Sei still!« rief die Prinzessin in ein Fenster hinein, an dem ein Papagei in seinem Käfig krächzte. »Sei still! Sonst wirst du ausgestopft!« Das Tier mußte wohl deutsch verstehn – denn nun schwieg es. Billie lachte. »Ihr wolltet doch noch englische Sauce kaufen«, sagte sie in einer jener Ideenverbindungen, derer nur Frauen fähig sind. »Tun wir auch – komm, wir gehen in die Fruktaffär, die haben alles.« Die Schweden schreiben manche Fremdwörter phonetisch, das macht viel Spaß. Wir kauften also englische Sauce, die Prinzessin beroch mißtrauisch die verstöpselte Flasche und machte mit Händen und Füßen dem Verkäufer das Leben schwer; Billie warf ein Glas mit Senfgurken herunter, die solches aber gut überstanden, sie kamen mit dem Schreck davon und schäumten nur noch eine Weile in ihrem Essig... »Sieh mal, so viel Salz!« sagte ich. Die Prinzessin sah das Faß an: »Als Kind habe ich immer gedacht: wenn in ein Salzmagazin ein Tropfen Wasser fällt, dann verzehrt er das ganze Lager.« Darüber mußte ich scharf nachdenken und vergaß beinah, hinter den beiden herzugehn, sie standen schon auf der Straße und knabberten Rosinen. »Und dem Kind nehmen wir eine Puppe mit«, sagte die Prinzessin. »Komm mal rüber! Ach, bleibt da – ich werde schon... nein, Billie kommt mit!« Einen winzigen Augenblick lang tat mir das leid; ich hätte gern mit Billie allein auf der Straße gestanden. Was hätten wir uns dann erzählt? Nichts, natürlich.
    »Habt ihr?« – »Wir haben«, rief Billie. »Zeigt mal«, bat ich. »Doch nicht hier auf der Straße!« sagte sie. »Meinst, die Puppe wird sich verkühlen?« sagte die Prinzessin und wickelte an dem Paket herum. Ich guckte hinein. Da lag ein Schwedenmädchen, in der Landestracht von Dalarne, bunt und lustig. Sie wurde wieder zugedeckt. »Einpacken ist seliger denn nehmen«, sagte die Prinzessin und band die Schnur zu. »Ja, dann wollen wir mal... Ob sie schießt, die liebe Dame?« – »Laß mich nur...!« – »Nein, Daddy, ich laß dich gar nicht. Du greifst erst zu, wenn sie frech wird und alles drunter und drüber geht. Sag du die Einleitung, und daß wir den Brief bekommen haben und alles, und dann werde ich mal mit ihr.« – »Und ich?« fragte Billie. »Du legst dich derweil in den Wald, Billie; wir können unmöglich zu der Frau wie ein rächender Heerhaufe geströmt kommen. Dann ist gleich alles verloren. Es ist schon dumm – hier geht's lang – schon dumm, daß wir zwei sind. Zwei gegen einen

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