Schloss meiner Sehnsucht
Kübel mit weiß-rosafarben blühenden Hortensien aufgestellt worden.
In der Halle waren schon etliche Hochzeitsgäste versammelt, die von Lohnkellnern bedient wurden. Im so genannten „weißen Salon“ warteten schon der Standesbeamte und die beiden anderen Trauzeugen, Verwandte von Volker.
Volker und Tim umarmten sich kurz. „Jetzt erwischt es dich also auch“, lachte der junge Regisseur, dessen erster Spielfilm schon im nächsten Jahr ins Fernsehen kommen würde. „Ich wünsch dir alles Glück der Welt, mein Alter.“
„Danke. Aber ich glaube, glücklicher kann ich gar nicht mehr werden.“
Ein Raunen ging durch den Raum, als in diesem Moment Melanie am Arm von Graf Joachim eintrat. Die Braut trug ein schlichtes weißes Rohseidenkleid, das einen modischen Schalkragen hatte, der über und über mit kleinen Perlen bestickt war. Der Rock, nur leicht ausgestellt, unterstrich Melanies zarte Figur. Im hoch gesteckten Haar waren ein paar weiße Rosen und Myrthen befestigt. Darüber fiel ein alter Schleier aus Brüssler Spitze – diesen Schleier hatten schon Gräfin Nora und ihr Schwiegermutter getragen.
Melanies Brautstrauß bestand aus einigen wenigen weißen Rosen und Maiglöckchen, den Lieblingsblumen der Braut. Es war nicht einfach gewesen, die Blüten um diese Jahreszeit aufzutreiben, doch es war Volker gelungen.
Als das junge Paar vor dem Standesbeamten stand und sich das Jawort gab, zogen die letzten Monate wie im Zeitraffer an Melanie vorbei. Sie dachte an Volkers Erkrankung, an die ersten Tage voller Liebe und Glück. Sie dachte aber auch kurz an Oliver von Sternburg, der immer noch in der Kahlenbach-Klinik lag. Seine Tage waren gezählt, und es war eine Gnade des Schicksals, dass er seit dem Sturz am See im Koma lag. So entkam er zumindest der irdischen Gerechtigkeit.
Nur kurz gingen ihre Gedanken zu ihm, dann konzentrierte sie sich auf das, was jetzt geschah – sie wurde Volkers Ehefrau!
Die anschließende kirchliche Trauung in der alten Schlosskapelle war wesentlich feierlicher. Hand in Hand trat das Brautpaar zum Altar, wo der alte Pfarrer, der schon Volker getauft hatte, sie auch vor Gott zusammen gab.
Melanies Augen waren feucht, als sie Volker noch einmal den Ring ansteckte. Und auch er war gerührt, als er endlich seine Frau küssen durfte. „Ich liebe dich – für immer“, raunte er ihr zu. „Und ich kann es kaum erwarten, endlich mit dir allein zu sein.“
Sie lächelte ihm zu. Auch sie freute sich auf die Zweisamkeit. Aber ebenso sehr freute sie sich auf das Fest, das Gräfin Nora mit so viel Liebe für sie ausgerichtet hatte. Der Ballsaal war geschmückt, eine Band spielte, und nachdem das Paar den traditionellen Brautwalzer getanzt hatte, wurde es fröhlich und entspannt.
„Ich glaube, ich finde Gefallen an einem solchen Hochzeitsfest“, meinte Tim kurz nach Mitternacht. „Was meinst du – sollen wir auch noch kirchlich heiraten?“
Kerstin grinste. „Von mir aus gern. Wir können das ja gleich mit einer Taufe verbinden.“
„Was sagst du da?“ Ungläubig sah er sie an.
„Na ja“, sie zuckte mit den Schultern, „hattest du wirklich gedacht, mit mir würde die Ehe langweilig werden?“
ENDE
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