Schlucht der Daemonen
weiterhin völlig unauffällig verhalten und einfach darauf hoffen, dass er Bob noch einmal alleine zu fassen bekam – bevor das Unvermeidliche eintraf.
Aber diese Gelegenheit sollte sich nicht mehr bieten. Bis zum frühen Abend – der Weg war dann doch noch etwas weiter, als Donovan vermutet hatte – blieb die Gruppe die ganze Zeit zusammen. Justus redete zwar ab und zu mit Bob, allerdings nur über alle möglichen unverfänglichen Dinge wie Wetter, blutrünstige Indianer, schmerzende Hinterteile und so weiter. Denn es war klar, dass Bob überrascht sein würde, wenn er ihm mitteilte, was eigentlich los war. Und dass er diese Überraschung wohl kaum verbergen könnte, war auch abzusehen. Der Unbekannte würde das dann sicher mitbekommen, und dann …
Nein, Justus hätte Bob schon für eine Weile alleine sprechen müssen, aber das, wie gesagt, war nicht mehr möglich, bis Donovan so gegen sechs Uhr abends plötzlich rief: »Wir sind da! Hier ist sie, die Schlucht der Dämonen!«
Das war sie also nun, die sagenumwobene Schlucht der Dämonen! Von einer kleinen Anhöhe aus blickten die drei ??? in eine ausgedehnte Senke. Sie war an zwei Seiten von den senkrechten Abrissen niedriger Tafelberge begrenzt, an einer Seite zog sich schnurgerade ein ausgetrocknetes Flussbett entlang und weiter im Norden sah es so aus, als würde die Senke einfach abbrechen. Offenbar ging es dahinter über einen steilen Abbruch in eine noch tiefer gelegene Ebene hinunter.
Das Becken selbst war bis auf ein paar kümmerliche Büsche und einige Kakteen vollkommen öde und ausgetrocknet. Ziemlich genau in der Mitte befand sich allerdings eine Ansammlung mehrerer gewaltiger Felsen und Steinblöcke, deren unwirklich gezackte Ränder im Spiel von Licht und Schatten an manchen Stellen die Formen fratzenhaft verzerrter Gesichter annahmen.
»Heißt das hier deswegen die Schlucht der Dämonen ?« Peter schluckte trocken und deutete mit zitterndem Finger auf die steinernen Schreckgestalten.
Donovan nickte. »Und weil sich hier einst eine blutige Tragödie abgespielt haben soll.«
»Ah ja?«, murmelte Peter erbleichend.
»Vor ungefähr 150 Jahren«, fuhr der Cowboy ungerührt fort, »sollen hier über 50 Siedler in einer grausamen Schlacht von Indianern niedergemetzelt worden sein. Und es geht die Sage, dass ihre Gesichter immer noch hier herumspuk–«
»Macht es Ihnen etwas aus«, unterbrach ihn Peter nervös, »wenn Sie uns diese Geschichten irgendwann zu Hause erzählen? Ginge das?«
Verhaltenes Glucksen machte sich unter den anderen breit angesichts der Panik, die Peter schon bei dem Gedanken an irgendwelche halb wahren Gruselstorys überfiel. Aber Donovan hatte ein Einsehen und versprach Peter, ihn im Moment damit zu verschonen.
»Aber nicht vergessen!«, ermahnte ihn Justus mit gespielter Ernsthaftigkeit. »Zu Hause wollen wir alles haarklein hören!«
Obwohl eigentlich niemandem so richtig zum Lachen zumute war, sorgte Justus mit dieser Aussage doch für einige Heiterkeit. Nur Peter fand das natürlich gar nicht lustig und gab aus Rache Justus’ Pferd einen Klaps auf das Hinterteil. Das Tier machte auch sofort einen gewaltigen Satz nach vorne und der Anblick der grotesken Verrenkungen, die Justus unternehmen musste, um im Sattel zu bleiben, ließ nun Peter seinerseits zufrieden und etwas gehässig lächeln.
»Ich bin dafür, wir sehen uns gleich mal ein wenig um«, schlug Donovan nun vor. »Es gibt hier ja nicht viele Orte, wo man einen Schatz verstecken könnte.«
»Und was, wenn wir ihn finden?« Justus sah den Cowboy aufmerksam an.
»Dann, dann wissen wir erstens, dass die ganze Geschichte wirklich wahr ist«, antwortete Donovan unsicher.
»Und zweitens?«
»Wie zweitens?«
»Sie sagten gerade erstens .«
»Ach so. Vielleicht können wir ja …« Donovan überlegte.
Offenbar hatte er sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht, was sie jetzt eigentlich tun sollten. »Ja genau! Vielleicht können wir die Kitanemuk dann zu einem Tausch überreden! Schatz gegen Lady!«
Justus blinzelte verwirrt. Irgendetwas an dieser Antwort schien ihn ziemlich zu irritieren. »Äh ja, dann, dann wollen wir mal«, stotterte er. Unauffällig schaute er Peter mit einem fragenden Blick an, in dessen Augen jedoch auch nur völlige Ratlosigkeit schimmerte.
Donovan ließ Dancer einen Weg von der Anhöhe hinab in die Senke finden und die anderen folgten ihm. Unten teilte er die Gruppe dann auf, sodass er und Sealer sich die Felsen in der Mitte
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