Schlussakt
»Genau da gehörte ich hin. Ich fand es
in Ordnung so, wirklich.«
»Wollten Sie deshalb, dass ich meine Ermittlungen
einstelle?«, fragte ich. »Damit ich nicht auf Wolls Spur käme und schließlich
auf Sie?«
»Ach was«, winkte er ab. »Cordulas Idee. Mir war das gleich.
Völlig gleich.«
»Und was sollte der Unfug
mit diesem Gerber?«, warf Covet ein.
»Mike Gerber«, antwortete
ich, »lässt sich in Thailand die Sonne auf den Bauch scheinen und genießt das
Leben. Kleines Ablenkungsmanöver für die Herren Greiner und Sorgwitz. Kommissar
Fischer hat kapiert, dass ich deinem Freund die Gelegenheit zu einem Geständnis
unter vier Augen geben wollte.«
Covet schluckte. Hinter ihm lachte Nagel wieder sein bitteres Lachen.
»Was für eine noble Geste,
Herr Koller«, höhnte er. »Sie sind wirklich ein Superschnüffler. Fragt sich
nur, warum Sie dann noch hier sind. Ein Geständnis unter vier Augen? Aber nein,
Sie möchten Ihren Triumph ja doppelt genießen. Erst die Auflösung, bravo! Sie
haben alles und jeden durchschaut, danach der tiefe Fall des Saubermanns. Die
Polizei schicken Sie vor die Tür, wie rücksichtsvoll, aber Sie selbst wollen
sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Sie sind ein Voyeur, Max Koller. Ein
Voyeur, der auf ein Dankeschön aller Beteiligten wartet. Ist es nicht so?«
Ich schwieg. Es hatte la nge
gedauert, bis Bernd Nagel zu so klaren Äußerungen fähig war. Der Mann hatte
sich verändert.
»Sie könnten recht haben«, sagte ich.
»Nun denn: danke für Ihre Rücksichtnahme«, sagte Nagel mit
kalter Stimme. »Und jetzt wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich und Marc
alleine ließen. Wir haben ein paar Dinge zu besprechen, bevor ich mich stelle.«
Ich nickte. Trank meine Flasche aus – verdammt, sie war ja
schon leer –, schnappte meinen Rucksack, ging zur Tür. Vor dem Spiegel in der
Diele stand der gusseiserne Kerzenständer. Der Fußweg zum Gartentürchen war
matschig, vom Schnee und vielen Fußtritten aufgeweicht. Auf dem Gehsteig
beugten sich Greiner und Sorgwitz über den offenen Kofferraum eines grünen
Mazda. In einem anderen Wagen saß Kommissar Fischer und telefonierte. Grüßend
hob er die Hand. Ich nickte zurück.
Dann schloss ich mein Rad auf, klappte den Dynamo gegen den
Reifen und fuhr los. Immer bergab, in die Dunkelheit des Neckartals hinein.
Hoch über mir der mächtige Schatten des Läuterungsbergs. Im Licht der Sterne
schimmerten letzte Schneereste durch die entlaubten Bäume.
E N D E
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
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