Schmeckts noch
Monate lang ihre Ferkel und verhätscheln die Kleinen zärtlich. Auf der Wiese wird Wegrennen gespielt, Raufen und Muttersau-Ärgern. Wenn Ferkel schlafen, drücken sie sich ganz eng an den Körper der wohlig-warmen Schweinemama und grunzen vor Zufriedenheit. Sie fühlen sich sauwohl im Schweineparadies.
Werden kleine Ferkelchen von der Muttersau getrennt, leiden sie unter großen Trennungsschmerzen. Oft geht die Trauer der Tierkinder so weit, dass die Schweinchen ihre Nahrung erbrechen oder gar nicht mehr fressen wollen. Sie haben Durchfall und quieken vor Sehnsucht laut und ausdauernd nach der Mutter.
Fabrikschweine
In den gigantischen Schweinemastanlagen zur Produktion von billigem Industriefleisch wird auf Trennungsschmerz keine Rücksicht genommen. Obendrein werden den Ferkeln gleich an den ersten Tagen nach der Geburt körperliche Schmerzen zugefügt. Ohne Betäubung werden die Tiere kastriert, man kneift ihnen die Eckzähne ab und schneidet das Ringelschwänzchen ab. Die Zähne und das Schwänzchen müssen weg, damit sich die Schweine später in der qualvollen Enge der Tierfabriken nicht verletzen. Das Schwänzchen würde von den anderen Schweinen abgebissen, denn Aggressionen und Kannibalismus sind in der Massentierhaltung als Folge von Platzmangel nicht selten. Immer wieder kommt es vor, dass Schweine sich in den Tierfabriken und auf dem Transport zum Schlachthof aus Panik gegenseitig anfressen.
Die Hoden sind ohnehin überflüssig, denn Eberfleisch ist Geschmackssache, und der deutsche Verbraucher isst lieber das Fleisch von Börgen. Das sind die kleinen Kastraten, die als Tierkinder im Alter von sechs Monaten geschlachtet werden. Von wegen »fettesSchwein«: Die Kastraten bringen nur zwischen 90 und 120 Kilogramm auf die Waage, bevor man ihnen das Bolzenschussgerät aufsetzt oder sie in die Gaskammer schickt. Spanferkelchen, die schon drei Wochen nach der Geburt unters Messer kommen, gibt es bereits ab zwölf Kilogramm Schlachtgewicht.
Da Fabrikschweine kein Liebesleben haben, brauchen sie auch keine Hoden. Die Kastration von Ferkeln wird bis zum siebten Lebenstag durchgeführt, als »schmerzlos« bezeichnet und ohne Betäubung vollzogen. Dass der Kastrationsschnitt und das Herausdrehen der Hoden jedoch zu anhaltendem Leiden führt, kann man leicht am Verhalten der Tierkinder beobachten, die es eine ganze Weile nach dem Eingriff vermeiden, sich hinzulegen. Außerdem schreien sie laut und anhaltend, wenn sie kastriert werden. Sie mögen sich danach nicht bewegen. Ihre Beinchen zittern, einige Ferkel erbrechen sich vor Schmerz.
Der Samen für die Produktion von kleinen Schweinchen für die Tierfabrik stammt von einem sogenannten Spitzenvererber. Das ist ein hochgezüchteter Eber, dessen Samen in einer Besamungsstation von einem Besamungsexperten (ein Mensch!) »abgesamt«, also aufgefangen wird. Der Vorgang ist extrem unromantisch: Der Eber bespringt eine Art Holzgestell, an dessen Ausgang der Samen von dem Besamungsexperten in einem Reagenzglas aufgefangen wird. Dieser Samen wird dann untersucht, bevor man ihn der Zuchtsau verabreicht.
Kuscheln verboten
Die Sau selbst ist eine Gebärmaschine. Sie ist pro Wurf 115 Tage lang trächtig, dann kommen vier bis zwölf Fabrikferkelchen zur Welt. Die Zuchtsau muss etwa 20 Ferkel im Jahr werfen, sonst hängt sie vorzeitig im Schlachthof am Haken. Nach knapp dreiJahren ist der Körper des Mutterschweins total ausgepowert. Dann wartet der Schlachter auf die arme Sau.
Die Fabriksau kann sich natürlich nicht richtig um den Nachwuchs kümmern. Sie liegt eingepfercht in einem Kastenstand, der von Insidern »eiserne Jungfrau« genannt wird. Mit ihren drei Zentnern Körpergewicht ist die säugende Sau in diesen Käfig gesperrt, der sich fast wie ein Korsett um sie herumlegt und das Tier fixiert. Die arme Sau kann nur liegen oder stehen; laufen und andere Bewegungen sind in dem Käfigknast mit seinen Ausmaßen von 80 mal 200 Zentimetern völlig ausgeschlossen. Schweine sind aber keine Faultiere, sie haben einen natürlichen Bewegungsdrang und leiden in der Enge wie ein Marathonläufer, den man in die Gästetoilette sperrt. Der Mangel an Bewegung führt zu gesundheitlichen Problemen. Viele Zuchtsauen leiden unter Entzündungen am Gesäuge und an der Gebärmutter.
Nestbau und das typische Pflegeverhalten sind der Muttersau unmöglich. Würden Schweine draußen leben, würden sie wie ihre wilden Verwandten Äste, Blätter und Moose sammeln, um für die
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