Schmetterlingsgeschichten - Chronik II - Rock 'n' Roll (German Edition)
Stimme.
Sebastian
schaute zu Jens hoch und konnte in dem Moment erkennen und auch ein wenig
spüren, wie sich Jens mit seiner Liebe, Sarah, auf der Erde unterhielt. Sein
Gesichtsausdruck war völlig entspannt, und Sebastian hatte den Eindruck, als könne
er die Sehnsucht in seinen Augen sehen. Obwohl er so jung war, konnte Sebastian
fast genau verstehen, was die beiden jetzt durchmachen mussten. Es war gemein.
Irgendwie hatte er ein leichtes Schuldgefühl.
Er
drehte sich wieder um. Es kitzelte ihn. In Bruchteilen von Sekunden spielte
sich diese Kommunikation ab.
»Was
macht Jens?«, flüsterte Lukas ihm ins Ohr und schaute wirklich ganz, ganz
heimlich zu Jens.
»Macht
er gerade irgendwas Ritterliches?«, fragte er wieder ganz leise in Sebastians
Ohr.
»Er
liebt aus vollstem Herzen, mein Freund«, sagte er ebenfalls leise. Konnte er
dort gerade eine Träne in Jens linkem Auge sehen?
»Ui.
Muss man beim Lieben denn auch weinen?«, fragte Lukas jetzt noch leiser. Er
wusste von Sebastian, und vor allem von Papa Feuerstiel, dass Männer nicht
weinen.
»Das
ist schlecht, oder?«, flüsterte Lukas und blickte ganz verstohlen zu Jens.
»Das
sind gute Tränen«, sagte Sebastian.
»Tränen
können erleichtern und beruhigen«, erklärte er Lukas.
»Die
Liebe gewinnt am Ende immer. Bei den beiden hat sie schon vor Hunderten von Jahren
gewonnen. Menschen, die sich lieben, können nur schwer voneinander getrennt
sein. Und sie würden alles Menschenmögliche versuchen, diesen Zustand zu
ändern«, sagte
Sebastian.
Lukas schaute ihn jetzt fragend an.
»Willst
du mir damit sagen, dass Jens die Situation nun ändern will?«, hauchte Lukas in
Sebastians Ohr.
»Nein.
Beide, Sarah und Jens, haben ein Ritterehrenwort gegeben. Jens fühlt sich bis ins
Tiefste seines Herzen mir verpflichtet, und er müsste schon sterben, um von
dieser Pflicht befreit zu werden. Besonders, da er erahnt, welche Gefahren auf
uns warten«, erklärte Sebastian.
»Was
willst du denn jetzt machen?«, fragte Lukas unruhig. Er mochte diesen Zustand
von Jens auch nicht sehen.
Zusammen
schauten sie noch weiter in die Ferne. Sebastian hatte erkannt, dass sich Jens
jetzt nicht mehr mit Sarah unterhielt. Doch beide sagten kein Wort. Keiner der
beiden hörte die Geräusche der Brücke. Für sie herrschte völlige Stille. Stille
und Einsamkeit. Dann nahm Sebastian die linke Hand von Jens mit seiner rechten.
Beide
schauten weiter in das Universum und seine Unendlichkeit.
Jens
drückte sanft zu.
Die
Planeten wirkten wie leuchtende Spielbälle, die von einem dunklen Schwarz
umgeben waren
»Du
kannst nach Hause fliegen, wenn du willst«, sagte Sebastian jetzt. Jens schluckte.
Mit seiner rechten Hand wischte er sich die feuchten Augen ab.
»Unmöglich«,
sagte er ganz leise und richtete seinen Blick auf den Boden. In dem Moment fingen
die Bordlautsprecher an, zu kratzen und zu rauschen, und rissen beide aus ihrer
Einsamkeit heraus.
Irgendjemand
hatte auf vollste Lautstärke gestellt. Dann sagte eine lallende Stimme: »Ladies
und Gentlemen. Hiermit präsentiere ich ihnen die vielleicht wichtigste
Botschaft der Erde: Die Ritter sind wieder da!! Und sie haben uns ein Geschenk gemacht.
Das Beste und Feinste der irdischen Kultur. Halten sie sich fest und steigen
sie mit AC DC's »TNT« ein, in die unbeschreibliche Welt des…«, die Stimme verzögerte
sich ein wenig und sagte dann weiter – »…ROCK’N’ ROLL!!!«
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42.
H err Feuerstiel schaute in den Himmel, als er in den
Wagen stieg.
Sie
hatten hier in Strümp noch schönsten Sonnenschein. Doch wie es ausschaute,
hatte sich auf der anderen Seite des Rheins mal wieder eine mächtige
Gewitterfront zusammengebraut, die es aber wie so oft, nicht über den großen
Fluss schaffte.
»Hat
auch seine positiven Seiten, der Rhein. Jetzt werden die da drüben ordentlich
nass«, sagte sich Vater Feuerstiel und stieg in den Wagen. Dann fuhr er los.
Als er beim Verlassen von Strümp den Kreisverkehr passierte und auf die Brücke
über die A57 nach Osterath reinfuhr, hoffte er, dass die Schranke wenigstens
oben war. Natürlich war er viel zu spät dran.
Jack
Johnson hatte sich gemeldet und gesagt, dass er in fünf Minuten am Bahnhof mit
dem Zug ankommen würde. Das war jetzt schon zehn Minuten her. Er hatte eben noch
schnell seiner Frau eine Vase auf den Dachboden tragen müssen, da sie meinte,
dass sie hier unten im Moment farblich nicht
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