Schmetterlingsgeschichten - Chronik V - (R)Evolution (German Edition)
unzählige aufheiternde Cocktails zu sich genommen hatte,
war seine Ruhe verschwunden. Die Hälfte seiner Familie hatte ER in Haft
nehmen lassen.
»Dieses
Schwein«, zischte er.
Hier
brauchte er sich keine Sorgen machen, dass ihn einer der anwesenden Nilas
verraten würde. Er konnte ihnen trauen. Jeden einzelnen von ihnen hatte er in
der Vergangenheit mit Geld und Frauen zugeschüttet. Sie waren sein. Niemand im
Universum hätte besser für sie sorgen können. Und dass sie ihm treu ergeben
waren, das hatten sie erst letzte Woche bewiesen. Heute stand außer Frage, dass
es sich dabei um ein Attentat auf ihn persönlich gehandelt hatte. Wer dahinter
steckte, das wussten sie allerdings noch nicht. Sollte es Claudius Brutus
Drachus selber gewesen sein?
»Nein«,
sagte eine Stimme aus dem Schatten.
Lord
Werther Prompeldin kam um die Ecke. Der Herr des Hauses hatte ihn hierher bestellt.
Der Mann befehligte eine Nila-Legion in diesem Abschnitt der Galaxie – und war
ein Freund. Ein Mann, der genauso viele Gründe hatte, Claudius Brutus Drachus,
wie Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Lebewesen, im ganzen Universum
zu hassen.
»Nein«,
sagte er bei seiner Begrüßung und legte Lord Phillipe Fallover beide Hände auf
die Schultern.
»Glaubst
du nicht?«
»Nein,
wenn er dich hätte töten wollen, dann wäre er das nicht so dilettantisch
angegangen.« »Und wenn es nur eine unglückliche Kette von Umständen war, die
das Attentat hatten scheitern lassen?«
Vor
einer Woche war der Berater des Vorsitzenden der Union auf einem abgelegenen
Planeten gewesen. Seine Mission war eigentlich gewesen, neben den schon sehr
intensiven Anstrengungen der Union, herauszubekommen, ob Cuberatio etwas mit
dem Klon-Anschlag auf Claudius Brutus Drachus zu tun gehabt hatte. Daher hatte
er sich mit einem Houbstark treffen wollen, der ihm hatte mitteilen lassen, er
hätte Informationen aus den Kreisen der Ritter. Normalerweise wäre so etwas
nicht seinem Rang entsprechend gewesen, ein Treffen mit solch einer niederen
Kreatur – aber die Aussicht auf Nachrichten »direkt aus einem engen Kreis um
Schmoon Lawa« hatten ihn aufhorchen lassen. Selbstredend hatte er den
Informanten erst einmal ausführlich überprüfen lassen, aber seine Vita, seine
Lebensgeschichte, sprach dafür, dass er tatsächlich an derlei Material hätte
herankommen können. Würde Lord Phillipe Fallover nämlich dahinter kommen, den
Beweis finden, dass Cuberatio sich zumindest temporär mit den Rittern verbündet
hatte, so würde das sowohl seinen Kopf als auch die Köpfe seiner Familie
retten.
Seine
Familie.
Das
Schwein hatte sie in Sippenhaft nehmen lassen.
»Verdammt«,
haute er nun die Faust auf den Schreibtisch.
Alle
blickten ihn erschrocken an. Sie wussten, wie viele »Energie-Drinks« er in
seinem Körper hatte, wie viele Drogen ihn damit eigentlich beruhigen müssten –
aber anscheinend zeigten sie keine Wirkung. Obwohl jeder Nila ein Egoist war,
und nur an sich dachte, ging es ihnen auch um den Ruhm. Und dieser konnte für
spätere Generationen nur am Leben erhalten werden, wenn es eine Familie,
Nachkommen gab, die ihre Macht eben von solchen Vorfahren, ihre Legitimation
zum Herrschen, aus dem schon immer bestehenden Anspruch dieses Blutes zogen.
Würden sie nicht existieren, würden andere Nilas über sein Erbe herfallen und
es vernichten. Weniger schlimm wäre dabei der finanzielle Verlust. Nein, das
wäre halb so schlimm. Aber, wenn sie anfangen würden, ihn aus den
Geschichtsbüchern zu streichen, niemand und nichts mehr von ihm zeugte, dann
war es in zwanzig, dreißig Jahren so, als hätte er niemals existiert. Wenn
seine Nachkommen aber diese Geschichten aufrecht erhielten und sich gegen die
anderen Widersacher behaupten konnten – dann würden er und seine Familie ewig
leben. Und das wusste Claudius Brutus Drachus. Er machte es so, sie alle
machten es so. Niemand vertraute niemand. Sie alle hatten Abhängigkeiten
geschaffen, die von existentieller Bedeutung waren. Und nun hatte er sie
arretieren lassen.
»Nein«,
legte Lord Werther Prompeldin ihm nun wieder die Hand auf die Schulter, während
er die Karten durchging. Sie suchten Planeten, die in alten Überlieferungen
noch existierten, aber im digitalen System nicht vorkamen. Sie mussten entweder
von den Expeditionskorps übersehen worden sein, oder sollten rein rechnerisch
erst in rund 1000 Jahren auf ihren Routen liegen. Die Expeditionskorps kartografierten
das
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