Schmetterlingsgeschichten - Chronik V - (R)Evolution (German Edition)
waren sie alle gleich, hatten sie alle dasselbe Verlangen, dieselben Sehnsüchte – herrschte der gleiche Sinn des Lebens in ihnen. FeeFee und Re waren oft in Hasbar. Sowohl in ihrer Kindheit, als auch in der Gegenwart. Mehrere Freunde lebten hier. Dass sie »einfach« waren, war eine Wohltat. Simple Betrachtungsweisen des Lebens konnten eine Ruhe geben, eine Gelassenheit verstreuen, die sie weg von dem harten Leben am Hof führten. Res Aufmerksamkeit war jetzt aber durch Rachegedanken ganz auf den Palast gerichtet. Niemand sagte es deutlich, aber alle gingen davon aus, dass er die Staatskontrolle mindestens vorübergehend in die Hand nehmen würde. Und das war FeeFee zu diesem Zeitpunkt auch ganz Recht. Sie rannten gerade an Schneider Lobard vorbei. Danach kam die Schmiede für die ZooZooas. Grünfarbene Vierbeiner mit einem Körper wie ein Bär. Drei Rüssel lenkten jede Aufmerksamkeit auf sich. Es waren Lastentiere, die schon ihre Vorfahren vor Jahrtausenden genutzt hatten. Sie konnten ziehen und schieben, waren einfach in der Haltung und den Lan-Dan treu ergeben. Es waren sehr gute Tiere. Dahinter folgten noch weitere Häuser. Unten waren Geschäftseinheiten, oberhalb wohnten die Familien. Von Mode bis zu sprongelederverarbeitenden Geschäften war hier alles vorhanden. Den Hofstaat interessierte das zurzeit nicht, sie folgten Re. FeeFee ließ sich in ihrem Lauf aber immer weiter zurückfallen. Dann kamen sie am großen Marktplatz vorbei. Die Gruppe vor ihr nahm hier nichts wahr, FeeFee sah allerdings den Käfig, der neben dem Dorfbrunnen stand. Schon immer landeten hier Aussätzige und Verbrecher. Der örtliche Counseler war dafür verantwortlich. Wer sich gegen die Gemeinschaft wandte, der sollte die Schmach auch erleiden, vor der Gemeinschaft gedemütigt zu werden. Das war schon immer bei kleinen Delikten der Fall gewesen, da hatte die Dorfgemeinschaft auch heute noch freie Hand. Große Vergehen landeten aber bei der modernen Gerichtsbarkeit der Lan-Dan – da wurde dann nicht gespaßt und die Täter landeten in Hochsicherheitsgefängnissen. Hier vor Ort konnte es allerdings sein, dass die Gründe gelegentlich abstrus waren. FeeFee konnte genau erkennen, dass sich dort ein Pantherweibchen in dem Käfig befand. Sie sah alles andere als gewöhnlich aus. Das erregte immer mehr ihr Interesse und ihre Schritte wurden langsamer. Fünf ihrer Leibgardisten passten sich still und heimlich ihrer Geschwindigkeit an, blieben wie ein Kokon immer um sie herum. Und je näher sie kam, desto suspekter wurde die Szenerie. Gelegentlich blickten Passanten mit völliger Verachtung auf die Gefangene und spukten auf den Boden. Der Counselor, der zu diesem Zeitpunkt zur Haarpflege als aufrechtgehender Lan-Dan in dem Stuhl hinter der Glasscheibe des Geschäftes saß, konnte von seinem Platz aus die Prinzessin sehen. Erst ungläubig, dann erschrocken, überraschte er den Barbier bei seiner Arbeit, riss sich das Tuch von seiner Brust herunter, wischte sich damit den Schaum von Wangen und Kinn herunter und verwandelte sich laufend in einen Panther. Angst schwirrte im Hinterkopf mit – aber das war sein Machtbereich. Hier hatte er das Sagen. Das wusste auch die Prinzessin. Nur wenn es ihr ausdrücklicher Wille wäre, dann könnte sie hier bestimmen. Das machten die Mitglieder des Königshauses eigentlich nie, würden sie seine Rechtsprechung nicht vor der Gemeinschaft in Frage stellen. Es käme einer Demütigung gleich, die ihn auf die Höhe der Lan-Dan innerhalb des Käfigs setzen würde. Es dauerte nur noch ein paar Sprünge, dann war er auch schon bei den beiden hinteren Leibgardisten, die ihn ohne jede Regung auf Abstand hielten. Jeder Lan-Dan war ein hervorragender Kämpfer, diese Männer hingegen gehörten zu den Besten. Und die aktuell beste Kriegerin ging auf den Käfig zu.
Das Wasser des Brunnen versprühte eine angenehme Ruhe. Der Erdboden unter ihren Füßen war trocken. Die Sonne schien. Die Gefangene schien vor sich hinzudösen und nahm das gesteigerte Interesse an ihrer Person erst recht spät wahr. Wie aus einem Traum erwacht, öffnete sie ihre Augen und musste sich erst einmal orientieren. In der Zeit kam FeeFee näher – und erkannte diejenige, die dort eingesperrt war. Ein Schock: Jolanda! Eine, wenn man das für FeeFees Verhältnisse sagen konnte, gute Freundin! Sie war genauso eigensinnig und dickköpfig wie sie, wollte sich nicht als Familienweibchen einem Mann unterordnen und war wie die Prinzessin selber eine
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