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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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über den Deckel der Mappe, die vor ihr auf dem Tisch liegt. «Was ich gerne wissen würde, ist: Was hatten Sie eigentlich in diesem Stripclub zu suchen?» Sie reibt sich das Kinn und hebt die Augenbrauen. «Arbeiten Sie da?»
    «Nein, tu ich nicht. Ich arbeite da nicht.» Ich ziehe die Jacke über meinem Möchtegern-Nachtclub-Outfit enger. «Ich hab es Ihnen doch schon erzählt, ich bin da hingegangen, um herauszufinden …»
    «Hören Sie. Wenn Sie nicht minderjährig sind, geht uns das gar nichts an», sagt Pike und faltet einen Zettel von seinem Notizblock vier Mal. Mich überläuft ein Schauer, vier. Vier bedeutet doppelt schlecht. «Wir haben mehr als genug von euch Neverland-Kids gesehen. Ihr lasst euch von dem Lebensstil anstecken – tut gewisse Dinge, um gewisse … Angewohnheiten zu finanzieren.» Er schüttelt den Kopf und stößt einen leisen Pfiff aus. «Ihr seid alle so jung, ihr glaubt, dass ihr unsterblich seid. Und dann …» Er schnippt mit den Fingern.
    Ich kann mir schon vorstellen, wie ich für sie aussehe: grelles Make-up, das über das ganze Gesicht verschmiert ist.
    Graham öffnet behutsam die Mappe vor ihr und zieht ein paar Broschüren heraus. Mit mitleidigem Blick legt sie sie zwischen uns auf den Tisch. Ich sehe sie nicht an, und ich schaue auch nicht auf das viermal gefaltete Stück Papier. Ich zähle die Schrammen auf den ersten sechs Fliesen auf dem Boden von mir, vor und zurück – elf; besser als acht, aber immer noch nicht gut.
    «Es gibt eine Menge Therapieprogramme in der Region Cleveland», sagt sie in fast singendem Tonfall. Ich spüre, wie mein Körper ganz taub wird, die Knie sich aneinander reiben; «… die Anonymen Drogenabhängigen, die Anonymen Alkoholiker, und nicht zu vergessen eine ganze Menge kleinerer Gruppen in die wir Sie vermitteln können, wenn Sie wollen. Das funktioniert. Es braucht nur seine Zeit.»
    Ich stütze mich auf die Tischplatte und stehe auf. «Ich nehme keine Drogen», stoße ich hervor, und dann versuche ich ruhig zu bleiben. «Ich wohne nicht einmal in Neverland.» Aus dem Vorzimmer erklingen Summen und Klingelingelings und Brummen und Neun-neun-eins, wie können wir Ihnen helfen?
    «Wir wollen hier gar nicht über Sie richten. Okay? Darf ich das noch einmal betonen?», sagt Pike. «Aber nur Sie allein können Ihr eigenes Leben retten. Also müssen Sie lernen, sich selbst zu helfen. Sie müssen sich selbst helfen wollen , oder, und es tut mir leid, das zu sagen, aber …» Er greift nach seinem Snoopy-Becher und pustet hinein. Zwei Mal. Schlecht. «Sie werden genauso enden wie das Mädchen.»
    Ich kratze meine Arme. Neun Mal. Kratz kratz kratz kratz kratz kratz kratz kratz kratz. Noch einmal. Neun Mal. Es wird nur schlimmer, wenn ich das nicht tue, und hier in diesem kahlen, seelenlosen Büro voller hässlicher Plastikmöbel herumzuschreien, wäre noch viel peinlicher, als sich die Arme vor zwei Mir-doch-scheißegal-Bullen zu kratzen.
    «Nein», sage ich mit rauer Stimme. «Sie haben unrecht. Was Sapphire angeht. Sie hat auch keine Drogen genommen. Sie war überhaupt nicht so, wie alle glauben. Das war nicht … das hätte ihr gar nicht passieren dürfen. Es ist falsch. Es ist falsch. Falsch. » Und dann noch drei Mal – falsch falsch falsch  – weil sechs noch besser ist.
    « Bitte beruhigen Sie sich, Miss», sagt Pike und dehnt das bitte viel zu lang. «Natürlich hätte es nicht passieren dürfen, aber hier, in dieser Gegend … diese Dinge …»
    «Nein», bricht es aus mir heraus, «ich … ich glaube, Ihre Geschichte stimmt nicht. Ich … ich weiß, dass der Flohmarktverkäufer Sapphires Sachen hatte, und ich weiß, dass er mich über ihren Fundort angelogen hat. Und jetzt ist er auch tot. Er ist tot, weil er etwas wusste und irgendjemand wollte, dass er stirbt. Und jetzt bin ich auch in Gefahr.»
    Die Telefone summen und klingeln, die Geräusche hallen durch den Flur und drängen sich ins Zimmer hinein wie ein Schwarm angriffslustiger Bienen. Graham stützt ihr Kinn auf die Hände und schaut mich eindringlich an. «Hör mal, ich habe keinen Zweifel , dass dieser Typ … Martin?»
    «Mario.»
    «Richtig, Mario – ich habe keinen Zweifel, dass er gelogen hat. Vermutlich hat er seine Waren illegal bezogen. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass sein Tod und der Mord an dem Mädchen in irgendeiner Verbindung miteinander stehen. So funktioniert das eben nicht.»
    Pike fummelt an seinem Kugelschreiber herum. «Im Übrigen

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