Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
Vom Netzwerk:
sie dir doch mal an, Rüdiger!», brüllte Mama im Wohnzimmer. Ich hockte verängstigt auf der Treppe und lauschte angespannt, während meine Eltern stritten. Das taten sie in letzter Zeit ständig. Und allmählich machte es mir richtig Angst.
    «Unsere Tochter ist krank! Verstehst du das nicht?! Sie ist krank und sie braucht Hilfe!»
    «Das Kind hat eben eine lebhafte Fantasie! Sei doch froh, dass sie noch an solche Dinge glaubt, die Realität wird sie noch früh genug einholen», konterte Papa. Er wollte davon nichts hören.
    «Entweder, du machst endlich die Augen auf, Rüdiger, oder es ist aus!», schrie Mama und ich fing an zu weinen und schlich zurück in mein Zimmer, um heimlich Lennard anzurufen.

    Es war seltsam, neben Lennard aufzuwachen, und es erinnerte mich an früher, als es für mich noch ganz normal gewesen war, zusammen mit ihm in einem Bett zu schlafen. Er sah sogar etwas mehr aus wie der Lennard, den ich damals kannte, wenn er im Schlaf den Mund leicht geöffnet hatte und jegliche Anspannung und Überheblichkeit aus seinem Gesicht verschwunden waren.
    Ich schlich mich aus dem Zimmer, um ihn nicht zu wecken und verriegelte mich mit ein paar sauberen Klamotten im Badezimmer, um in die altmodische Badewanne zu steigen und mich abzuduschen. Das Wasser brauchte Ewigkeiten, um lauwarm zu werden, half mir aber, einen klaren Kopf zu bekommen.
    Fast frierend stieg ich aus der Wanne, trocknete mich ab und schlüpfte in die frischen Sachen, ehe ich mir die Haare föhnte und in die Stube ging, um nach was Essbarem zu suchen.
    Lennard war bereits wach und grub im Kühlschrank herum, als ich den Raum betrat. Als er meine Schritte hörte, sah er auf. «Guten Morgen!», grinste er.
    «Das ist sie also, ja?», ertönte eine Stimme von links und irritiert sah ich auf die bronzene Putte, die auf dem Sofa saß und die dicken Stummelbeinchen überschlagen hatte. «Sieht irgendwie schwächlich aus. Bist du dir sicher, dass sie es ist?»
    «Sei nett zu ihr, Mercutio», verlangte Lennard, holte eine Tüte H-Milch aus dem Schrank und stellte eine Schachtel Müsli auf den Tisch.
    «Dass ich was bin?», fragte ich, als es an der Haustür schellte. Lennard hielt mitten in der Bewegung inne und huschte zur Gegensprechanlage, die sogar mit einem kleinen Bildschirm versehen war. Ich folgte ihm und warf einen Blick über seine Schulter.
    «Hey, sind das nicht…?», wollte ich wissen, aber Lennard hielt mir die Hand vor den Mund und drückte auf den Hörerknopf.
    «Wir wissen, dass du da bist, Neo! Du bist ziemlich berechenbar», rief der mit den buschigen Augenbrauen. Martin? «Weißt du, was mit Verrätern passiert?! Die haben einen ganz eigenen Platz in der Hölle reserviert!»
    «Komm schon, Mann!», rief jetzt der andere. Alex. «Du weißt doch, wie wichtig diese Sache ist. Noch ist es nicht zu spät.»
    «Komm raus, oder wir kommen hoch!», knurrte jetzt der andere und drückte auf alle Klingelknöpfe der Wohnanlage gleichzeitig.
    «Scheiße», murmelte Lennard, ließ den Knopf los und rannte aus dem Zimmer. «Pack deine Sachen, wir müssen hier weg!», brüllte er mir im Laufen zu. Ich reagierte, ohne weitere Fragen zu stellen, auch wenn es mich fast wahnsinnig machte. Ich schnappte mir meine Klamotten und stopfte sie zu den restlichen in den Rucksack, ehe ich nach meinen Schuhen griff.
    «Komm schon, Ska!», fauchte Lennard und packte mich am Arm, um mich hinter sich herzuzerren.
    «Das sind meine einzigen Schuhe!», rief ich, weil ich das andere Paar bereits in der Klinik zurückgelassen hatte. Aber Lennard hatte bereits die Haustür aufgerissen und zog mich mit sich die Treppe hinunter.
    «Ich kauf dir ein neues Paar», versprach er im Rennen. Von unten hörten wir Stimmen, sodass Lennard sich kurzfristig anders entschied und mich an einem alten Herrn vorbei schubste, der in seiner geöffneten Tür stand, um zu sehen, was draußen los war.
    Er rief uns empört nach, während wir durch sein Wohnzimmer rannten und Lennard das Fenster öffnete. «Das ist nicht dein Ernst, oder?!», rief ich, als er seinen Rucksack zuerst rauswarf und anschließend hinterherkletterte.
    «Komm schon, Ska!» Er sah richtig verzweifelt aus. Dabei waren das doch seine Homies da draußen. Dachte ich. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht.
    «Bitte!»
    Seufzend reichte ich ihm meinen Rucksack, während ich an der Haustür des Alten bereits die Stimmen von den Gorillas hören konnte. Lennard half mir auf den Fensterrahmen und ich starrte nach

Weitere Kostenlose Bücher