Schmetterlingsscherben
grinste Lennard. «Lachst du über mich?!»
«Vielleicht», antwortete ich amüsiert. Wir fuhren jetzt von einer befestigten Straße runter auf einen Waldweg. «Sagtest du nicht, Susanne wohnt in Nienburg?», fragte ich skeptisch. Blaze nickte. «Ja, nicht direkt. Sie wohnt im Krähenmoor.»
«Heißt das wirklich so oder hast du dir diesen gespenstisch klingenden Namen gerade ausgedacht um mich zu ärgern?» Ich beäugte ihn schräg von der Seite und versuchte einzuschätzen, was er dachte. Er lächelte verschmitzt. «Das heißt tatsächlich so. Aber es ist weitaus weniger unheimlich, als es klingt.»
Wir waren ringsum jetzt nur noch von Wald umgeben, es gab keine Straßenlaternen mehr und das wenige Licht, das vom Mond noch auf die Erde schien, wurde von dem dichten Geäst der Bäume verschluckt..
«Und es gibt hier auch wirklich ein Moor? Worin man versinken kann?»
«Ob man wirklich darin versinken kann, weiß ich nicht. Aber es gibt ein Moor, ja. Keine Sorge, so weit müssen wir gar nicht fahren.» Blaze setzte den Blinker und wir fuhren jetzt einen wirklich engen Schotterweg hinunter, bis wir schließlich vor einem kleinen Holzhaus zum Stehen kamen. Es war wirklich hübsch, an der linken Seite von Efeu überwuchert und stand irgendwie völlig im Einklang mit diesem Wald, sodass es kaum auffiel. Auch war es hell erleuchtet, sodass es nicht allzu gespenstisch aussah, sondern vielmehr gemütlich.
Neugierig geworden schnallte ich mich ab und öffnete die Autotür. Mercutio kletterte vor mir aus dem Fußraum und beschwerte sich prompt über den moderigen Geruch. Die Haustür flog auf, noch ehe ich einen Fuß auf den Boden gesetzt hatte. Erst war ich panisch, weil ich dachte, sie wären schon vor uns hier gewesen. Aber auf den zweiten Blick bemerkte ich, dass ich nicht Charlotte gegenüber stand. Ihr blondes Haar war etwas kürzer und ihre Augen zeigten zwar Skepsis, aber keine unverhohlene Abneigung mir gegenüber.
«Du hättest mich ruhig vorwarnen können», zischte ich zu Blaze, der jetzt meine Hand ergriff und mich mit zu Charlottes Ebenbild führte. Ich erinnerte mich an Charlottes Heilkünste und mir wurde klar, dass die beiden Zwillinge wohl beinahe alles teilten. Bis auf ihre Einstellung gegenüber dem Krieg, offensichtlich.
«Du schleppst sie nicht wirklich hierher, oder?!», rief das Mädchen nun und kreuzte die Arme vor der Brust. Sie achtete im Gegensatz zu ihrer Schwester auch nicht auf ihre Kleidung, denn sie trug alte, ausgewaschene Jeans und einen weiten Strickpullover.
«Es ist höchstens für eine Stunde, versprochen! Wir haben einen guten Vorsprung, also keine Panik. Ich will nur ein paar Sachen kaufen und dann verschwinden wir sofort wieder.»
Susanne seufzte leise und ließ sich erweichen. «Na schön. Kommt rein.» Sie hielt uns die Tür auf und unsicher folgte ich den beiden in den Flur, der am Ende eine Biegung machte. Aber wir gingen direkt durch die Tür am Ende des ersten Teils und hinein in eine gemütliche Diele. Die Wände und der Fußboden waren aus Holz und nur weiß lasiert, viele der Möbel wirkten alt und alles irgendwie zusammengeschustert, als hätte sie die meisten davon von verschiedenen Flohmärkten und Trödelhändlern erstanden. Aber vermutlich machte gerade das den Charme des Hauses aus.
«Ich bin Louise», stellte ich mich höflich vor und lächelte versuchsweise.
«Ich weiß, wer du bist», antwortete Susanne und scannte mich von oben bis unten. «Jeder Paranormale auf der ganzen Welt weiß, wer du bist.» Sie ging an mir vorbei in den offenen Küchenbereich. «Tee oder Kaffee?»
«Darf ich mich umsehen?», fragte Mercutio viel zu höflich für seine Verhältnisse.
«Tu dir keinen Zwang an. Aber fass nichts an.» Susanne winkte ihn Richtung Tür und hantierte am Wasserkocher herum, ehe sie sich wieder zu uns umdrehte. «Du siehst aus, als solltest du was essen», bemerkte sie dann zu mir. «Wie wäre es mit Spaghetti?»
«Ich will dir keine Umstände machen», murmelte ich verlegen, weil ich mich ohnehin wie ein Eindringling fühlte. Und weil ich wusste, dass ich sie in Gefahr brachte, jede Minute, die ich länger hier blieb. Ramona sauste an meinem Ohr vorbei.
«Würdest du dich bitte draußen umsehen und uns Bescheid geben, sobald du irgendjemanden siehst?», fragte ich sie lächelnd. Ramona nickte nur kurz mit ihrem kleinen Köpfchen und sauste auch schon aus dem Fenster.
«Niedlich», spottete Susanne, klang aber nicht abfällig dabei. «Und du siehst
Weitere Kostenlose Bücher