Schmetterlingsscherben
aus, als würdest du es keine zehn Meter mehr schaffen, ohne zusammenzuklappen.» Damit öffnete sie einen der Küchenschränke und zog eine Packung Nudeln daraus hervor.
«So sieht sie immer aus, aber sie ist wesentlich zäher, als man denkt», grinste Blaze nun, der sich an den Küchentisch gelehnt hatte und seiner Tante bei der Arbeit zusah. Irgendwie bizarr, dass sie kaum älter war als er.
«Vielleicht wollt ihr ja einen Stärkungstrank kaufen?» Susanne zog fragend eine der blonden Augenbrauen hoch. Sie war wirklich hübsch, genau wie ihre Schwester. Aber durch ihre offenere Art und ihr freundliches Lächeln wirkte sie noch zehnmal attraktiver.
«Dafür haben wir kein Geld. Aber ich würde gern mit dir über ein paar Heiltränke verhandeln.»
«Ich verhandle nicht, schon gar nicht in Zeiten einer Hochkonjunktur.» Sie setzte einen Topf auf den Herd und schüttete das jetzt kochende Wasser hinein, ehe sie die Nudeln dazu warf und eine Prise Salz reinstreute.
«Ich bin dein Neffe!», beschwerte sich Lennard prompt. Susanne lachte los. «Zweiten Grades. Und ehrlich gestanden habe ich viel zu viele Verwandte. Und alle kommen mit dem gleichen Gejammer an. Aber ich mag dich. Also werden wir mal sehen, was sich da machen lässt.» Nach einem Blick auf Blaze fügte sie noch hinzu: «Nach dem Essen!»
«Du bist ein Schatz!» Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange und ging dann zurück in die Diele. «Ich werd mal kurz das Bad aufsuchen, wenn das recht ist.»
«Wenn du etwas stielst, merke ich das sofort!», rief sie ihm noch hinterher, aber da war er schon aus der Tür raus. Seufzend drehte sie sich zu mir um und stützte die Hände auf der Arbeitsfläche ab. «Du hast wirklich riesengroßes Glück, weißt du das?» Susanne griff nach einem Glas fertiger Bolognesesoße und ich musste an die letzten Nudeln denken, die ich gegessen hatte. Das war bei Dora gewesen, vor der Kostümparty. Das Ganze kam mir schon eine Ewigkeit her vor.
«Dass ich noch lebe?», grinste ich und strich mir die Haare aus der Stirn. «Das kann man so oder so sehen.»
«Dass Lennard so in dich verknallt ist, du Dummchen», erwiderte sie und schüttete die Soße jetzt in einen zweiten Topf. «Er war irgendwann mal hier, nachdem er dich aus eurem Kuhdorf verjagt hatte. Dabei war das zu dem Zeitpunkt schon drei Jahre her gewesen und er war immer noch total am rumjammern.» Sie verdrehte die Augen. «Ich hab gedacht, du musst `nen Supermodel und Doktoranwärterin sein, so wie er von dir erzählt hat.»
Jetzt musste ich loslachen. «Yeah, da hat er dir ja gar keine zu hohen Erwartungen von mir vermittelt!»
«Immerhin hast du jemanden, in dessen Augen du so viel Wert bist. Und vielleicht sogar noch mehr.» Sie wandte sich wieder dem Herd zu, aber offenbar mehr aus Verlegenheit als aus Notwendigkeit, denn sie stocherte nur lustlos in den Nudeln herum.
«Ich hab deine Schwester getroffen, als ich bei Morten war», wechselte ich nun das Thema, weil mir die Stille noch viel unangenehmer war.
«Wirklich?» Sie sah überrascht auf. «Wie geht es ihr?»
«Offenbar ganz gut.» Ich zuckte mit den Schultern und Susanne verzog den Mund. «Sie ist kein schlechter Mensch, auch wenn du das vielleicht denkst. Sie hat sich nur in jemanden verliebt, der weder besonders sozial oder intelligent, noch gut genug für sie ist.» Sie zuckte mit den Schultern. «Eigentlich wollten wir zusammen von dort abhauen, weißt du? Uns selbstständig machen, mit unseren Heilkräften. Die verkaufen sich wirklich gut, besonders in den letzten Monaten wieder. Und dann ist Martin dort aufgetaucht und sie war zu nichts mehr zu gebrauchen und hat sich von seinem dämlichen Gehabe auch noch anstecken lassen.»
«Das tut mir leid», sagte ich ernst gemeint und hob den Deckel vom Topf an, der drohte überzukochen.
«Ich hoffe ja, dass sie irgendwann nochmal zur Vernunft kommt.»
Blaze kam zurück in den Raum und sah uns ungeduldig an. «Und? Ist das Essen schon fertig?»
«Du könntest die Zeit damit überbrücken, schon mal den Tisch zu decken», schlug Susanne vor und grinste gehässig. Lennard schien die Schwiegersohnnummer offenbar nicht nur vor Eltern, sondern grundsätzlich abzuziehen, also beschwerte er sich nicht darüber, sondern tat, wie ihm geheißen.
Die Spaghetti schmeckten wirklich gut und ich aß eine Menge davon, weil ich nicht wusste, wann ich die letzte warme Mahlzeit gehabt hatte und wann die Nächste wieder kommen würde. Dennoch saß ich die ganze Zeit
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