Schmetterlingsscherben
wie auf heißen Kohlen und achtete auf jedes noch so kleine Geräusch, das von draußen an mein Ohr drang, in der Befürchtung, Ramona würde mit schlechten Nachrichten wieder auftauchen. Dieses permanente Aufderhutsein war anstrengend und alles andere als angenehm.
«Dann kommt mal mit und wir gucken, was wir noch so in meiner kleinen Wunderkiste so für euch finden», sagte Susanne, nachdem wir aufgegessen hatten. Neugierig folgte ich ihr und Lennard wieder in den Flur, der gleich zwei Biegungen machte und an dessen Ende wir in einen kleinen Raum gingen, der von unten bis oben vollgestopft war mit Regalen, in denen kleine Fläschchen und Ampullen aufgereiht waren.
Interessiert trat ich näher an eines der Regale heran, während Susanne und Blaze zielstrebig zu dem größten Regal am Ende des Raumes gingen, um sich über die verschiedenen Heiltränke zu unterhalten.
«Was ist das?» Ich deutete auf eine Flasche mit türkisfarbener Flüssigkeit.
«Ein Entgiftungstrank», rief Susanne und wandte sich gleich wieder Blaze zu.
Mein Blick blieb an einem kleinen Flakon hängen, in dem eine schwarze, sirupartige Substanz schimmerte. «Und das hier?», fragte ich und wollte danach greifen, aber Susanne haute mir auf die Hand, ehe ich es berühren konnte. «Das ist eine der grausamsten Tötungsvarianten, die es so gibt, also lass besser die Finger davon.»
«Ein Todestrank?», fragte ich überrascht. Ich dachte, die beiden Schwestern waren nur auf Heilmittel spezialisiert.
«Nein, noch wesentlich brutaler. Das ist ein Trank, der dich in eine Art bewusste Ohnmacht versetzt. Du bist geistig völlig anwesend, kannst dich aber weder bewegen, noch sprechen, weil dein ganzer Körper komplett zum Stillstand kommt. Und während deine Augen allmählich austrocknen und du verdurstest und verhungerst, kannst du weder schreien noch irgendetwas dagegen unternehmen.»
«Wieso besitzt du das?!», rief Blaze entsetzt und kam jetzt auch zu uns rüber.
«Reg dich ab, du Idiot!» Susanne schubste ihn ein Stück nach hinten. «Ich habe es gekauft, um damit ein Gegenmittel entwickeln zu können!» Sie deutete auf die silbrige Flüssigkeit in dem Flakon daneben.
«Und?», fragte ich interessiert. «Hat es funktioniert?»
«Ich denke schon, habe es aber noch nie ausprobiert. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, wenn es hinterher doch nicht funktioniert.» Sie ging zurück zu dem Regal, bei dem sie vorher gestanden hatte. «Also. Ich gebe euch drei Heiltränke und einen Stärkungstrank.»
«Für wie viel?», fragte Blaze.
«Dafür, dass ihr hier gleich morgen früh verschwindet», erwiderte sie mit einem Grinsen. Ich sah sie überrascht an, denn ihre Großzügigkeit überraschte mich. Lennard offenbar nicht, er kannte sie ja auch deutlich besser. Ihre kalte Berechnung war größtenteils Fassade, vermutlich zum Selbstschutz.
«Wir fahren noch heute, dafür bekommen wir noch einen weiteren Stärkungstrank», schlug Blaze vor und kreuzte die Arme vor der Brust. Susanne verdrehte die Augen. «Schau sie dir an, sie sieht aus, als würde sie gleich im Stehen einschlafen. Und einen Wachmachertrank habe ich bisher noch nicht erfunden.»
«Wir haben vorhin genug pausiert», stimmte ich Blaze zu, weil ich nicht noch länger Susannes Gastfreundlichkeit beanspruchen wollte.
«Und wie lange hast du geschlafen? Zwei Stunden? Vielleicht drei? Ich mach euch einen Vorschlag. Ihr legt euch in mein Gästebett und wenn keiner von euch innerhalb von einer Stunde eingeschlafen ist, könnt ihr wieder fahren.»
«Wir können nicht riskieren, dass irgendwer hier auftaucht, der uns sucht», widersprach ich. Susanne lachte los. «Ich fahr eure geklaute Karre in die Garage und wenn jemand an die Tür klopft, weiß ich mich schon sehr gut selbst zu verteidigen. Außerdem hast du doch deinen ganz persönlichen Wachhund da draußen, der uns sofort alarmiert, wenn irgendwas sein sollte, oder nicht?»
Ich gab nach, weil mir keine weitere Ausrede einfiel und weil ich wirklich kaum geschlafen hatte, in der letzten Nacht. Und irgendwie fühlte ich mich hier tatsächlich irgendwie behütet.
«Also gut, wir haben einen Deal», nickte Blaze nun, der an meinem Gesicht abgelesen hatte, dass ich mich Susannes Vorschlag bereits gebeugt hatte. Er verstaute die kleinen Fläschchen in seiner Tasche. «Und du solltest vielleicht Bodo aus dem Auto lassen und Janus mitnehmen, der liegt auf der Rückbank.»
«Ihr habt eine Menge Haustiere, was?», witzelte Susanne und
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