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Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Laura Winter war es wohl auch nicht
mehr. Schon bei ihrem ersten Auftauchen hatte sie sich nicht einmal nach seinem
Tarif erkundigt. Ach, diese Leute, die nie Geldsorgen hatten … John legte das Handy
auf den Tisch und schaltete den Fernseher ein. Natürlich lief nichts. Genauso wie
bei ihm.
    Am nächsten
Morgen war er recht früh im Büro – auch wenn es keinen Anlass dafür gab. In der
anfänglichen Euphorie für seine Detektei hatte er oft auf der Liege im Nebenzimmer
übernachtet. Deshalb hatte er Elvis hier untergebracht. Es wurde Zeit, den Vogel,
der Johns Mutter gehört hatte, wieder zu Hause einzuquartieren. Er streichelte der
Blaustirnamazone den Kopf, ein altes Ritual, das der ansonsten eher kapriziöse Papagei
gern über sich ergehen ließ. Beim McDonald’s am Martinstor hatte sich John mit einem
Frühstück versorgt. Von dem Croissant hielt er ein Stück zwischen die Käfigstäbe,
und Elvis’ Schnabel schoss sofort hervor. Es gab so gut wie nichts, was dieser verrückte
Kerl verschmähte.
    Ein ereignisloser
Vormittag. Wie so viele davor. John surfte planlos im Internet, während Elvis immer
wieder eine besonders schaurige Version von ›Can’t help falling in love‹ intonierte.
Unter dem Fenster strömten die Leute vorbei. Jeder auf dieser Welt schien etwas
zu tun zu haben, in Eile zu sein – nur John Dietz nicht. Endlich näherten sich die
Zeiger der gitarrenförmigen Wanduhr der Zwölf. John konnte sich vorstellen, was
ihn erwartete. Laura Winter würde gewiss die Pünktlichkeit in Person sein. Sie würde
im Geschäftston sagen: »Danke, John, aber es ist genug, du findest sowieso nichts
heraus.« Dann würde sie ihm einen Scheck geben oder eine Überweisung ankündigen
oder ihn sogar bar auszahlen, als hätte sie in einer Bäckerei ein paar Brötchen
gekauft. Anschließend würde sie aus seinem Büro rauschen, ohne eine Spur zu hinterlassen.
Als hätte sie es nie betreten, als hätte es den Fall Felicitas Winter nie gegeben.
Ein Fall? Wirklich? Diese Frage hasste John mittlerweile. Er legte eine Elvis-CD
ein, obwohl ihm klar war, dass der gefiederte Elvis gleich einstimmen würde.
    Die Stimme
des King erfüllte Johns bescheidenes Refugium, ein Song nach dem anderen wurde abgespielt,
begleitet vom Krächzen des Papageis. 12 Uhr, zehn nach Zwölf, zwanzig nach Zwölf.
    Die Pünktlichkeit
in Person hatte es offenbar überhaupt nicht eilig. Und es kümmerte sie wohl nicht
im Geringsten, dass sie mit John Dietz eine Verabredung getroffen hatte. Wie unwichtig
mochte er für sie sein? Ach, das Leben war nicht schön.
    Als es endlich
an der Tür klingelte, warf John einen weiteren wütenden Blick auf die Uhr. Fünf
nach eins. Ohne sich davon zu überzeugen, wer es war, drückte er grummelnd den Knopf,
um die Eingangstür im Erdgeschoss zu öffnen. Wenig später betrat Laura Winter das
Büro der Detektei Dietz. John machte sich bereits auf ihre hochnäsige Stimme gefasst.
Doch als er von seinem Schreibtischstuhl aufsah, war schon im ersten Moment eines
vollkommen klar: Das war eine andere Laura Winter. Eine ganz andere.
    Mit verblüfftem
Gesichtsausdruck stand John auf. Er starrte sie nur an und sagte kein Wort.
    »Scheiße«,
knurrte Laura.

2
Die stumme Maja
     
    So schwer es ihm sonst fiel, den
Schnabel zu halten: In diesen Minuten war nichts von Elvis zu hören. Auch die Stereoanlage
gab keinen Ton von sich – die CD des wahren Elvis war längst zu Ende gespielt worden.
    Mit ungewollter
Faszination betrachtete John Dietz seine Auftraggeberin, nur getrennt durch den
beinahe leeren Schreibtisch. Es bebte in Laura Winter, sie war drauf und dran, ihren
Gefühlen nachzugeben, doch momentan hielt sie diese Mauer aufrecht, dieses Beherrschte,
was ihr Wesen so stark dominierte.
    Die Schulterpartie
ihrer leichten eleganten Jacke war mit Dreck verschmiert, eine Naht der schlichten,
aber sicher teuren Jeans geplatzt, der rechte Slipper ebenfalls durch inzwischen
verkrusteten Schmutz in Mitleidenschaft gezogen. Ihr Haar wirkte durcheinander,
obwohl John es förmlich vor sich sehen konnte, wie sie nach dem Zwischenfall immer
wieder mit fahrigen Bewegungen versucht hatte, es in die gewohnte Ordnung zu bringen.
Über ihrer rechten Schläfe hatte sie eine Beule; die Haut war abgeschürft. Und die
Ader darunter pochte heftig, ein kleiner Rhythmusgeber für die Worte, die über ihre
Lippen kamen. Der Ausdruck ›Scheiße‹ fiel einige Male, aber das machte diese attraktive,
doch allzu kühle Dame zumindest aus Johns

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