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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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mit so einem Brief jemanden zu etwas überreden zu können, dann sollte er sich sein Hirn untersuchen lassen.
    Du wirst Mike morgen abend sehen. Dann kannst du das in Ordnung bringen.
    Ich will’s versuchen. Ehrlich.
    Das machst du. Wenn nicht, solltest du dir dein Hirn untersuchen lassen.
    Schmidt nickte. Er würde Gil von Carrie berichten müssen. Mit gewissen Auslassungen.
    Die Sache mit Carrie ist sehr kompliziert, sagte er. Sie hatte oder hat – offen gesagt, weiß ich nicht genau, ob es noch so ist – eine Affäre mit deinem Ajax. Jason heißt er übrigens. Ich habe ganz freundlich und ruhig mit ihr darüber geredet, weil ich ihr keinen Vorwurf daraus machen kann. Sie ist noch nicht mal fünfundzwanzig. So habe ich ihr angeboten, weiter bei mir zu wohnen, wenn sie möchte – in Freundschaft, ohne Sex, kein Problem. Das war ihr lieb. Ist ihr immer noch lieb, nehme ich an. Daraufhin hat Jason mich besucht. Nett. Höflich wie er ist, hat er mich nicht zusammengeschlagen, nichts dergleichen, er hat nur eine halbe Maxi-Pizza verdrückt. Ich habe ihm die Lage erläutert und sozusagen suggeriert, Carrie zu sich zu nehmen. Ich will damit nicht behaupten, ich hätte unbedingt erwartet, daß er um ihre Hand anhält – bei mir schon gar nicht –, aber doch wenigstens, daß er sie aus meinem Haus in seines holt, oder wo immer sie sich einrichten können. Aber von ihm kam nichts dergleichen. Gar nichts. Hat nicht mal angebissen, als ich gefragt habe, ob er vielleicht einen Betrieb aufmachen möchte, in den ich investieren könnte. Na ja, vielleicht hätte Jason immerhin an dem Köder geknabbert, wenn Carrie nicht wie eine Furie dazwischengefahren wäre. Sie hat ihn richtig angefaucht.
    Erstaunlich.
    Sie ist ein bemerkenswertes Mädchen. Sie wollte nicht, daß ich ihn ihr kaufe, das habe ich sofort begriffen. Ist das nicht unglaublich? Wie schafft man es, Kinder so zu erziehen? Was haben zum Beispiel Mary und ich nur mit Charlotte falsch gemacht? Die verlangt immer, so oder so, daß ich ihr alles und jeden kaufe.
    Wie ist denn da der Stand der Dinge?
    Das hängt von deiner Perspektive ab. Objektiv gesehen,könnte es schlimmer sein, das muß ich sagen. Anscheinend haben Jon und sie die Scherben gekittet und sich wieder zusammengerauft. Er ist Sozius in einer dieser penetranten kleinen Kanzleien geworden, die eine Boutique sein wollen, aber von denen kein Mensch weiß, was sie zu verkaufen haben.
    Penetrant, hast du gesagt. Schmidtie, deinen Code kenne ich. Das heißt: eine jüdische Kanzlei.
    Erraten. Aber weißt du auch, wie ich diese Nachricht erfahren habe? Charlotte hat mir zwei gedruckte Anzeigen geschickt, eine mit der Mitteilung, daß sie wieder in die gemeinsame Wohnung zieht, und eine andere, auf der stand, daß Jon Sozius in dieser Kanzlei ist. Nicht der geringste persönliche Zusatz. Null. Die Hintergrundinformationen habe ich von der unsäglichen Frau Dr. Renata bekommen.
    Heiliger Strohsack!
    Genau. Jetzt bist du im Bild. Begreifst du die Dinge? Du hattest doch immer viel Phantasie – und du kannst dich so genau in alle Personen deiner Filme hineindenken oder einfühlen. Was soll man von so einem Kind halten? Du hast doch zugesehen – freilich aus einiger Entfernung, aber immerhin –, wie wir sie großgezogen haben. Du weißt doch, daß sie geliebt worden ist, von mir wie von Mary. Natürlich hat Mary es besser gemacht. Charlotte hat einen klaren Kopf, wir haben ihr jede Möglichkeit geboten und nichts abgeschlagen. Warum behandelt sie mich so? Allmählich verliert sie dadurch einige Annehmlichkeiten in ihrem Leben, das muß ihr doch klar sein. Warum ist sie bloß so gehässig?
    Es wird dich kaum überraschen, daß ich mir darüber immer wieder den Kopf zerbreche – nicht wegen Charlotte –, aber wegen meiner eigenen Süßen und auch wegen der geliebten Stief-Lilly. In einem Film bin ich der Sache übrigens sehr nah gekommen, damals, als ich Rigoletto gedreht habe. Komisch, nicht wahr? Damals war ich zu jung, um der Frage auch nur annähernd auf den Grund gehen zu können, und außerdem hatte ich das Thema ja nun wirklich nicht alleine für mich entdeckt. Die kleine Gilda hat’s faustdick hinter den Ohren, auch als Tochter, wenn man genauer hinsieht. Das Mädchen, das zu viel fickt und singt! Aber um bei der Wahrheit zu bleiben: Ich kann dir keine Antwort geben, nur ein paar Beobachtungen erzählen. Erstens: Es liegt, soweit ich es überblicke, nicht hauptsächlich an der Erziehung. Da sind auch

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