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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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er nur einen falschen Zug machte, würden die meisten, wenn nicht gar alle, abgelehnt. Zum Beispiel, wenn sie sich nur anders besinnen und ihn doch noch heiraten wollte. Er wußte, daß die Chancen dafür gegen null gingen, aber noch nicht gleich Null waren. Auch sie wäre besser dran, wenn sienoch ein paar halbwegs gute Jahre mit ihm hätte, die sich kaum von dem Leben unterscheiden würden, das sie jetzt führten; und wenn sie ihn dann verließ, konnte sie, wenn sie wollte, eine gute Abfindung bekommen. Als Kapital oder Unterhaltszahlung, darauf kam es nicht an. Ein paar Jahre würden ihrem Aussehen und ihrer Figur nichts anhaben, und ihre Auffassungsgabe war hoch, sie konnte schnell und viel lernen, nicht nur in ihren Collegekursen. Er hatte sich Sorgen gemacht, daß sie als seine Ehefrau wie ein Fisch ohne Wasser wäre. Mit Recht, denn genau das war sie als seine Geliebte auch gewesen. Aber inzwischen hatte sie einen Zipfel des Vorhangs gelüftet und einen flüchtigen Blick auf das Leben geworfen, das sie als Mrs. Jason zu erwarten hatte. Abgesehen von Jasons Qualitäten als Mann – Schmidt war bereit, anzunehmen, daß sie mindestens durchschnittlich und also auf Grund von Jasons Jugend seinen eigenen überlegen waren – und abgesehen von Carries seligen Andachtsübungen an seinem Leib konnte Schmidt nichts entdecken, was für dieses Leben gesprochen hätte. Vielleicht sollte er seinen Antrag in aller Form wiederholen. Immer langsam, Schmidtie, ermahnte er sich. Hast du nicht schon von Charlotte gelernt, daß Kinder unter sich bleiben und miteinander spielen wollen, auch wenn ihre Alten, Mom und Dad, interessantere und vor allem raffiniertere Dinge mit ihnen vorhaben?
    Vielleicht weil Carrie die Einladung zum Abendessen abgelehnt hatte und weil das chinesische Schattenspiel nun nicht stattfinden würde, das ihre nervösen langen Zaubererfinger sonst im Kerzenlicht des Leuchters aufführten, beschlossen Blackmans, ihre Tafel mit einem anderen zusätzlichen Ornament zu schmücken. Sie luden Caroline und Joe Canning ein, ein Autorenpaar, das in der Gegend der Straße nach Sag Harbor ein Haus besaß; diebeiden waren bekannt dafür, daß sie ihre Zuneigung füreinander und ihre steinerne, wenn auch höfliche Gleichgültigkeit gegen alle anderen in aller Öffentlichkeit ganz unbefangen zu erkennen gaben. Genau gesagt, zeigte Joe nur gelegentlich Anwandlungen von Höflichkeit. Die Schicht seines guten Benehmens war deutlich dünner als die Carolines, und seine Aufmerksamkeit kreiste vornehmlich um die eigene Person. Du lieber Gott, was hat Gil denn vor? fragte sich Schmidt. Will er Eindruck auf Mike machen? Das wird wohl nichts; der weiß gar nicht, wer diese beiden sind. Will er Joes Roman für sich ins Geschäft bringen? Dazu braucht er ihn nicht zum Essen einzuladen; ein Anruf beim Agenten würde genügen. Oder geht es ihm um Carolines Buch? Ihr letztes war eine Biographie der Mutter Ludwigs des Vierzehnten. Daraus müßte man die wahre, noch nie erzählte Geschichte der drei Musketiere machen! Er schüttelte Caroline die Hand und merkte, daß ihre Finger nicht kürzer als die von Carrie waren und sich angenehm warm anfühlten. Im Gegensatz zu den anderen Frauen, die er früher jedes Jahr gesehen hatte, wenn sie bei Marys und seinen Partys zur Feier des Vierten Juli um den gebratenen Schinken und den zerlaufenden Brie herumstanden, war Caroline mit den Jahren immer anziehender geworden. Das lag an ihrer Haltung und an ihrem mitreißenden Lachen: Es war so ansteckend, daß man auch dann mitlachen mußte, wenn man den Witz nicht verstand. Wie hatte Canning, den Schmidt aus College-Zeiten als eine Null mit literarischen Ambitionen in Erinnerung hatte, es nur fertiggebracht, diese wunderbare Frau zur Ehe zu bewegen, nachdem beide eine Scheidung hinter sich hatten und sicher schon über Vierzig waren, und wie hatte er es geschafft, sie zu halten? Eine sehr interessante Frage. Weder an seinem Aussehen noch an seinem Ansehen konnte es liegen – ihr eigenes Lichtleuchtete hell genug –, und Geld hatte er auch nicht. Als sie heirateten, hatte er den Roman vom erfundenen Leben seiner Großmutter, der auf der Liste für alle möglichen Preise stand und sogar ein paar bekommen hatte, auch noch gar nicht geschrieben. Er war ein vielbeschäftigter Sowieso im gehobenen Management der schwerfälligen größten Versicherungsgesellschaft New Yorks. Je nach Perspektive war diese Ehe entweder ein kolossales Glück oder eine

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