Schmidts Bewährung
sich gewöhnlich treffen. Schmidts Verbindung zum lokalen Klatsch hat sich sehr gelockert; für Vermutungen hat er keine Anhaltspunkte mehr. Genau genommen kennt er im ganzen Restaurant niemanden außer dem Barmann und dem pompösen Grundstücksmakler mit der schlimmen Schüttellähmung, der an der Bar ißt. Seine anderen Mitesser scheinen Pensionäre zu sein, die nicht aktiver sind als er, ehemalige Anwälte und Ärzte wahrscheinlich, für die wie für ihn ein Sommerhaus zum ständigen Wohnsitz geworden ist. Wäre er Mitglied des hartnäckig anachronistischen Tennisclubs geblieben, der Juden und Leuten wie Carrie so nachdrücklich die kalte Schulter zeigt, dann könnten diese Essensgäste seine Freunde sein, denn sie spielen wahrscheinlich im selben Club Golf. Das Privileg aber wäre den Jahresbeitrag nicht wert. Aber jetzt en garde! Die Tür, mit mehr Energie als üblich angestoßen, fliegt auf, und herein schreitet Gil Blackman.
Schmidt erhebt sich von seinem Stuhl. Ganz gegen ihre Gewohnheit umarmen sich die beiden. Dann nehmen sie Platz und wollen Essen bestellen – was ihnen ziemlich schwerfällt, da sie, wie immer, wenn sie sich wiedersehen, sofort in Hochstimmung und Redelust geraten.
Schmidtie, alter Gauner, sagte Mr. Blackman, ich hab’sgeschafft. Chocolate Kisses steht vor dem Kinostart. Jedesmal, wenn wir eine Vorabvorführung gemacht haben, war die Reaktion im Publikum phantastisch. Und ich rede nicht nur von den Studiopflanzen. Sondern vom echten Publikum! Es könnte sein, daß wir ganz groß rauskommen. Du solltest mal Elaine hören. Oder meinetwegen deinen Busenfreund Mike Mansour. Der Kerl ist ja nicht mehr von dieser Welt. Er hat nicht mal gemerkt, daß wir keinen einzigen seiner Vorschläge angenommen haben. Ich sage dir, es ist ein Traum. Hast du noch einen Smoking? Ja? Dumme Frage. Also, halt ihn bereit. Du kommst zur Premiere aller Premieren. Natürlich mit Carrie. Es wird ein rauschendes Fest!
Mein Glückwunsch! Das ist ja wirklich phantastisch. Mein Gott, du bist der Größte.
Bin ich auch. Übrigens, Elaine kommt heute abend wieder. Sie möchte dich morgen zum Abendessen bei uns haben. Kannst du kommen?
Mit Vergnügen. Ich wüßte nicht, was ich lieber täte.
Schön. Übrigens, den guten Mike hast du ganz aus dem Gleis gebracht – ich meine, es ist nichts passiert, der Kerl ist nur vollkommen von der Rolle. Ohne Witz.
Oh?
Absolut. Der steht kopf. Zuerst bietet er dir das Präsidentenamt oder was auch immer – jedenfalls den Topjob – in seiner Stiftung an. Und er hat einen Narren an dem Projekt gefressen, das weißt du ja. Die Stiftung soll den größten Teil seines Geldes bekommen, weil er seine Kinder enterbt hat, und so weiter. Er dachte, du würdest ihm um den Hals fallen und Tränen vergießen vor lauter Glück und Dankbarkeit und was weiß ich. Statt dessen läßt du ihn abblitzen. Offenbar hat er Holbein angespitzt, damit der sich ausdenkt, wie sie dich doch noch umstimmen können. Jetzt muß ich es doch mal sagen: Ich glaube, duspinnst. Dies ist doch eine unglaubliche Gelegenheit. Die größte überhaupt. Noch was, und das hat er mir streng vertraulich gesagt – daß er Sensibilität und Takt besitzt, hätte ich nie gedacht, das muß ich zugeben –, er macht sich Sorgen, daß Carrie und sein Chefgorilla, dieser blonde Bursche, sein nordischer Ajax, du weißt schon, vielleicht ein kleines Ding miteinander laufen haben. Er denkt, du bist im Bild, aber genau weiß er es nicht. Jedenfalls weiß er nicht, was er jetzt machen soll. Soll er den Burschen feuern, weil er gegen die Regeln des Hauses verstößt; soll er nicht dran rühren, weil womöglich an der Sache gar nichts ist, also warum schlafende Hunde wecken; soll er mit dir reden und dich fragen, was er deiner Meinung nach tun soll – und so weiter und immer wieder von vorn. Es ist schon komisch. Meinem Eindruck nach ist Mike Mansour vernarrt in dich – ich meine nicht sexuell, das Jüngelchen ist zwar verdreht, aber nicht andersrum. Weißt du was? Er ist einfach gern mit dir zusammen. Also, was ist?
Ach weißt du, ich bin da völlig ratlos. Das Gerede von der Stiftung ist doch Blech. Nein, es ist bizarr. Natürlich nehme ich den Job, wenn er das Angebot wirklich ernst meint. Ich dachte, er führt mich an der Nase herum, also habe ich Distanz gehalten, damit ich nicht wie ein eingebildeter Esel dastehe. Und dann dieser Holbein! Geschrieben hat er mir, aber so, daß ich dachte, die Sache sei geplatzt. Wenn er meint,
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