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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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um ein Kissen geschlungen. Reuben hatte ihn am Morgen gesehen, tief im Schlaf, sein Gesicht verzerrt von leerer Wonne und das dicke Federkissen seiner toten Frau unter den zerwühlten Decken fest an sich gepreßt.
    »Ich habe bloß gefragt«, sagte Reuben.
    »Ich sollte sie einladen, meine Mama zu treffen. Meine Mutter. Aber sie ist tot.«
    »Du könntest die Röhre anstellen.«
    »Welchen Kanal?« fragte Reuben und kniete sich vor den Fernseher.
    »Such mir die Show, wo sich alle über die Nachrichten zanken! Das bringt mich auf andere Gedanken!«
    Reuben fand das WorldWide News Network und watschelte zurück, immer noch gebeugt. Seine Hände hingen zwischen den Knien herab.
    »Du weißt, du mußt nicht hierbleiben, um mich bei guter Stimmung zu halten«, sagte sein Vater. »Ich muß noch Beas Tod verarbeiten. Ich werde es im Kopf klarkriegen. Ich werde leben.«
    Reuben lächelte über die Schulter. »Wohin sollte ich gehen?« fragte er. Aber er wußte, daß er bald weg mußte. Es gab notwendige Dinge zu tun. Er mußte das, was in seiner Manteltasche war, nehmen und die Person finden, für die es bestimmt war. Er hatte Erinnerungen an eine Stimme empfangen, mit deutlichem englischen Akzent, aber kaum mehr.
    Er lehnte sich an die Knie seines Vaters und hörte, wie die Heerscharen von Freefire gegeneinander in Kampfstellung gingen und drohend aussahen, selbst als sie ihren Gast ankündigten. Das steif formelle Gesicht des jungen Liberalen schien sanfter zu werden.
    »Er war Berater des Präsidenten bei dem Raumschiff vom Death Valley, und er ist in wissenschaftlichen und journalistischen Kreisen sehr angesehen. Er hat über vierzig Bücher veröffentlicht, einschließlich seines kürzlich erschienenen prophetischen Romans Starhome, einer wissenschaftlichen Erzählung über den ersten Kontakt. Er heißt Trevor Hicks und er ist geborener Brite.«
    »Eigentlich eher Weltbürger«, sagte Hicks.
    Reuben erstarrte.
    Die Stimme!
    Ich sollte sie nach Hause mitnehmen und mit meiner Mama bekannt machen. Meiner Mutter.
    »Der ist es«, sagte er.
    »Wer?«
    Reuben schüttelte den Kopf. »Wo ist der?«
    »Die sind in Washington, wie immer«, sagte sein Vater.
    »… Mr. Hicks, gehen wir recht in der Annahme, daß Sie es waren, der zuerst Präsident Crockerman geraten hat, mit diesen Invasoren zu diskutieren?« fragte der Konservative mit der eifrigen Miene.
    »Keineswegs«, sagte Hicks.
    Reubens Stirn furchte sich vor starker Konzentration. Der ist es. Er ist Trevor Hicks. Sein Name, seine Stimme.
    »Was haben Sie denn dem Präsidenten gesagt?«
    »Meine Herren, der Präsident hätte nicht auf mich gehört, ganz gleich, was ich sagte. Er hoffte auf ein verständnisvolles Ohr; und ich versuchte das zu sein. Aber ich bin so diamanthart entgegen seiner Politik hinsichtlich des Raumschiffs, wie ich annehme, daß Sie es auch sind, Mr… Mr…«
    »Was raten Sie also, daß wir mit dem Raumschiff tun sollen? Sollen wir es vernichten?«
    »Ich bezweifle, daß wir das tatsächlich könnten.«
    »Also hegen Sie in der Tat defätistische Ansichten…«
    Reuben zitterte vor Erregung. Washington, D.C. Er hatte genug Geld gespart, um dahin zu fahren. Allerdings eine große Stadt. Wo würde Trevor Hicks in Washington, D.C., sein?
    Er hörte genau zu in der Hoffnung, Hinweise zu ergattern. Am Ende der Show hatte er eine klare Vorstellung davon, wo er anfangen müßte.
     
    Am nächsten Morgen stand Reuben in der Dämmerung in der Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern – seines Vaters. Der starrte ihn vom Bett aus an und blinzelte gegen das orangefarbene Licht in der Diele hinter der Silhouette seines Sohnes.
    »Ich muß gleich weg, Papa.«
    »So plötzlich?«
    Reuben nickte. »Es ist wichtig.«
    »Hast du Arbeit gefunden?«
    Reuben zögerte, nickte dann aber wieder.
    »Wirst du anrufen?«
    »Natürlich«, sagte Reuben.
    »Du bist und bleibst immer mein Sohn und der Sohn deiner Mama. Denk daran, mach uns stolz auf dich!«
    »Ja, Sir.« Reuben ging zum Bett, um seinen Vater an sich zu drücken. Er war wieder davon überrascht, wie leicht und gebrechlich er wirkte. Vor Jahren war sein Vater in Reubens Augen als ein hochragender, muskulöser Riese erschienen.
    »Viel Glück!« sagte der Vater.
    Reuben legte den Mantel um und trat hinaus in den frühmorgendlichen Frost. Seine Stiefel knirschten und rutschten auf den vereisten Stufen. In einer tiefen Seitentasche lag die metallene Spinne fest zusammengerollt wie ein neues Puzzlespiel. In der anderen

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