Schmiede Gottes
den Aufzügen und diskutierten Überschall-Stoßwellen und wie sie durch die Kruste und den Mantel der Erde übertragen werden könnten.
Reporter und Kamerateams von drei lokalen Fernsehstationen waren in der Lobby, als Samshow aus seinem Zimmer wieder herunterkam, um sich am Tisch des Kongresses einzutragen. Er entging ihnen energisch, indem er um mehrere Säulen bog.
Mit seinem Abzeichen und dem Beutel mit Abdrucken und Führern durch das Programm bekam er auch eine Notiz von Sand:
Kemp und ich wollen Dich im Oz um 5.30 Uhr treffen. Getränke auf Kemps Kosten.
D.S.
Oz war, wie Samshow von einem Angestellten bei der Rezeption erfuhr, die Bar und Diskothek oben auf dem ›neuen‹ Turm von St. Francis. Er schaute auf seinen schäbigen Sportmantel und die abgetretenen Turnschuhe und stellte fest, daß er entschieden um zehn Jahre zurückgeblieben war und daß ihm Tausende von Dollars fehlten, um seine Garderobe auf den neuesten Stand zu bringen. Seufzend betrat er den Aufzug.
Die Reise von Honolulu nach La Jolla war von der Scripps Institution of Oceanography bezahlt worden. Dafür hatte er am vorigen Abend beim UCSD einen Vortrag gehalten. Es war ihm immer noch peinlich festzustellen, wie beliebt er nach fünfundzwanzig Jahren immer noch war. Sein umfangreiches, teures Buch über Ozeanographie war ein Standardwerk geworden; und Hunderte von Studenten freuten sich sehr, dem modernen Sverdrup zuzuhören und ihm die Hand zu schütteln.
Auf eigene Kosten war er von Lindbergh Field nach San Francisco geflogen. Er hatte noch keine klare Vorstellung, was sie alle hier taten. Auf der Glomar Discoverer gab es noch viel zu tun, angefangen mit dem Vergleich von Milliarden Bits an Daten aus ihren Passagen der Ramapo-Senke.
Er fürchtete, daß von diesen Daten jetzt viel auf unbestimmte Zeit beiseite gelegt werden würde. Sands gravimetrische Anomalie würde das Schlüsselelement sein. Irgendwie betrübte ihn das.
Gegen den Druck des aufsteigenden Schnellaufzuges gestemmt wurde ihm klar, daß er in der letzten Woche sein Alter gespürt hatte. Psychologisch hatte ihn das nationale Unwohlsein erwischt, das auf Crockermans Verlautbarung gefolgt war. Er fühlte sich nicht anders als die jungen Leute, die ihre inhaltsleeren Plakate über die Straße trugen. Was gab es da zu protestieren? Die Apokalypse würde durch das demokratische Vorgehen nicht abgewendet werden. Genau in diesem Augenblick konnte das Instrument dieser Vernichtung – oder ein Instrument derselben – durch den Erdkern stoßen.
Das Kemp-Objekt. Diese Bezeichnung, so versicherte er sich, würde sich bald ändern. Sand-Samshow-Objekt… Kein eindrucksvoller Name, aber er müßte genügen. Aber… warum? Warum einen Anspruch auf die Entdeckung der Kugel erheben, die jedermanns Namen tragen konnte?
Die Tür des Aufzugs öffnete sich, und Samshow trat hinaus in einen Schwall von Lärm. Oz schimmerte silbern und grau, mit gläsernen Wänden und hoher Decke. Junge Leute in eleganter Abendkleidung tanzten über der Fläche in der Mitte, während Trinker und Gesprächspartner in den erhöhten, mit Teppich belegten Seiten saßen und standen. Die süßen Düfte von Wein und Bourbon wehten vom Tablett einer vorbeigehenden Kellnerin her.
Samshow kniff bei dem Lärm die Augen zu und schaute sich dann um auf der Suche nach Sand oder Kemp. Sand stand in einer Ecke und winkte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Ihr runder Tisch hatte kaum dreißig Zentimeter im Durchmesser, und fünf Personen drängten sich um ihn: Kemp, Sand, zwei weitere Männer, die er nicht kannte, die aber lächelten, als ob sie alte Freunde wären, und jetzt er selbst. Er schüttelte die Hände, als Sand vorstellte: Jonathan V. Post, ein Bekannter Kemps, ein dunkler levantinischer Typ mit graumeliertem Krausbart, und Oscar Eglinton von der Nevada School of Mines. Post sagte ein kurzes und peinliches Gedicht über die Begegnung mit dem Alten Mann der See auf. Als er fertig war, lachte er breit.
»Danke«, sagte Samshow, wenig beeindruckt. Die Kellnerin kam, und Post opferte sein Corona-Bier, damit Samshow eher zu einem Drink kommen konnte.
Er hatte einmal einen ganzen Kasten Corona in zwei Tagen geschafft, als er in Scammon’s Lagoon Wale beobachtete. Das war 1952 gewesen. Jetzt bekam er von mehr als einem Bier Herzbeschwerden.
»Wir müssen dich noch voll ins Bild setzen, Walt«, sagte Sand. »Kemp hat mit Seismologen in Brasilien und Marokko gesprochen. Einer davon ist hier –
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