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Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Titel: Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maybrit Illner , Hajo Schumacher
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von der Macht des anderen abgeschnitten werden.
    Das herrlich grausame und hochemotionale Spiel zwischen Journalisten und Volksvertretern gehört zu den Grundpfeilern der Demokratie. Politische Entscheidungen brauchen Transparenz; erst Öffentlichkeit, vom Entwurf bis zur Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, legitimiert das Regelwerk. Journalisten machen jede Entscheidung der Regierenden für den Bürger transparent, verständlich und nachvollziehbar - theoretisch jedenfalls.
     
    Aus normativer Sicht haben Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen und ihre digitalen Kinder im politischen System drei Funktionen zu erfüllen. Kerngeschäft ist die Information, das nachrichtliche Reportieren über Geschehnisse und Meinungen - möglichst vollständig, objektiv und verständlich. Medien informieren, indem sie berichten. Klingt einfach, birgt aber bereits die ersten Untiefen. Was zum Beispiel ist mit den vielen Geschehnissen, über die nicht berichtet wird? Kommen wirklich alle relevanten Stimmen zu Wort? Berichten Medien das, was die Menschen interessiert, oder vielfach das, was vor allem andere Medien interessiert? Unterhalten sich Journalisten und Politiker nicht am liebsten mit sich selbst? Ist es nicht eher Zufall, wenn aus diesem Binnen-Dialog hin und wieder
etwas Verwertbares für den Normalbürger abfällt, der von den Berliner Machtspielchen ohnehin wenig versteht?
    Mit Luhmann gesprochen ist nicht jede Information, die für das politische System eine solche darstellt, auch für das mediale System relevant. Höchst selten findet die immens wichtige Arbeit in den Ausschüssen der Parlamente angemessene Aufmerksamkeit. Weiterhin muss selbst eine Information, die Politik und Medien interessiert, noch lange nicht vom gesellschaftlichen System für relevant befunden werden - das alltägliche Parteien- oder Koalitionsgebalge zum Beispiel. Minimalkonsens aller drei Systeme ist das Erzeugen von Aufmerksamkeit. Folglich ist weniger objektive Berichterstattung das handlungsleitende Motiv des Reporters, sondern mehr oder weniger lautstarker Krawall. Widersprüche sind dabei systemimmanent, wenn über die Verflachung des politischen Diskurses geklagt wird, um gleich darauf ausgiebig über uneheliche Kinder, edle Anzugmarken und Kanzlerinnenfrisuren zu berichten. Der demokratische Wert wird je nach Bedarf ex post konstruiert.
    Zweite Aufgabe der Medien ist die Artikulationsfunktion. Idealtypisch lassen Journalisten alle gesellschaftlichen Gruppen zu Wort kommen, nicht nur die Starken und Mächtigen, sondern auch Unterprivilegierte, Schwache und Minderheiten. Die Idee: Medien wirken ausgleichend, überbrücken Gräben anstatt sie aufzureißen, schaffen Verständnis.
    Ein hehrer Anspruch, nur leider oftmals nicht kompatibel mit der Logik medialer Aufmerksamkeit, wie die sogenannte Diätendebatte eindrucksvoll zeigt. Wohl jeder Journalist teilt die Ansicht, dass qualifizierte Parlamentarier und Regierende nur mit gutem Lohn zu bekommen sind. Kaum in der Redaktion, nimmt der Journalist seine
gelernte Jägerrolle ein und geißelt umgehend das kleinste Indiz für Diätenerhöhung. Ein empörtes »Die da oben bedienen sich selbst« hat noch in jeder Konferenz, in jedem Kommentar gezogen. Die Politik wiederum spielt Verstecken und sucht die Erhöhung der Bezüge an den Reportern vorbei zu schmuggeln. Natürlich kommen ihr die Medien auf die Schliche und die Empörung ist gleich doppelt groß.
    Mediale Logik und gesunder Menschenverstand schließen sich oftmals aus. »Das Diäten-Thema beweist, wie Reflexe und Gegenreflexe wirken, fernab jeder Vernunft«, klagt eine erfahrene Ministerin. »Erst verjagen die Journalisten die guten Politiker in die Wirtschaft, dann beklagen sie den Mangel an guten Politikern.«
    Der Triumph der Stereotypen verändert das gesellschaftliche System nicht, sondern stabilisiert es bis zur Bleiernis. Minderheiten oder ihre Meinungen haben oftmals wenig Chancen, öffentlich wahrgenommen zu werden. Mögen die Medien auch eine Artikulationsfunktion für die Unterprivilegierten haben, am Ende siegt dann doch der Mainstream, der ganz wesentlich vom Fernsehen diktiert wird. Bundestagsabgeordnete, die einfach nur sorgfältig im Haushaltsausschuss die Milliarden wenden, haben keine Chance gegen die herrschenden Gesetze medialer Aufmerksamkeit.
    Prominenz ist Macht, Unscheinbarkeit ist Ohnmacht. Auch im politischen Berlin gilt: Nur Prominente sind in der Lage, durch ihre Kommunikation Resonanz zu erzeugen und bestenfalls

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