Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten
zwar nie realisiert - es wurde nie auch nur ein Pfennig ausgegeben, sondern die Vergabe wurde vom damaligen Staatssekretär des Ministeriums selbst gestoppt. Trotzdem wurde der Vorgang in der Öffentlichkeit nicht zuletzt durch Doemens’ Artikel und den geschickt gewählten Titel »Cousinenwirtschaft« zu einer der größten Affären der hessischen Grünen, die zum Rücktritt der Ministerin führte. Dass Karl Doemens für seine Berichterstattung den »Wächterpreis der Tagespresse« erhielt, war dann für uns Grüne die negative Krönung der ganzen Geschichte.
Ich gestehe Karl Doemens zu, dass er ehrlicherweise und richtigerweise eine absolute Abneigung gegen Vetternund Parteibuchwirtschaft hat. Dass er Margarethe Nimsch nicht für die beste Besetzung an der Spitze des Ministeriums hielt und daraus auch kein Geheimnis machte, sei
ihm auch noch erlaubt. Über ein Jahrzehnt später erlaube ich mir allerdings doch, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zu stellen. Aus der Hessen-CDU, die mit Anträgen, Anfragen, Sondersitzungen und einem Untersuchungsausschuss ihren Teil zum Gesamtgemälde beitrug und Karl Doemens anerkennend ob seines Wirkens für die demokratische Kultur auf die Schulter klopfte, wurde nur wenig später ein Skandal bekannt, der alle bisher gekannten Dimensionen sprengte: Der Schwarzgeldskandal - die illegale Verschiebung von zweistelligen Millionensummen nach Liechtenstein, um sie je nach Gusto auf unterschiedlichen Wegen, teils als »Vermächtnisse« getarnt, zum Wohl der hessischen CDU einsetzen zu können. Diejenigen in der CDU, die eine Verquickung von Partei und Staat verurteilt hatten, machten während ihrer Regierungszeit in Hessen den Staat tatsächlich zu ihrer Beute. Ob es um die Einstellung von verdienten Jung-Unionisten, um Aufträge für die ehemalige Werbeagentur eines Staatsministers oder den Versuch ging, durch Erarbeitung eines Gesetzentwurfs die Freien Wähler von der Teilnahme an einer Landtagswahl fernzuhalten: Was zu unseren Regierungszeiten aus Sicht der damaligen Opposition ein »Skandal« und »unglaublicher Vorgang« gewesen wäre, wird heute in Hessen fast schon als Normalität empfunden. Die darüber verfassten Artikel saß und sitzt die hessische CDU einfach aus, und wenn dann irgendwann jemand gar nicht mehr haltbar war, wie im Jahr 2000 Franz-Josef Jung, dann schwor man sich trotzdem ewige Treue und ließ ihn 2003 als Fraktionsvorsitzenden im Landtag und 2005 als Bundesverteidigungsminister wieder auftauchen. Bezeichnenderweise kam es zum ersten dauerhaften Rücktritt einer hessischen CDU-Ministerin nicht etwa wegen politischen Fehlverhaltens, sondern
weil diese sich irgendwann in einen anderen als ihren Ehemann verliebte.
Nach der Landtagswahl 1999 nahm Karl Doemens die angebotene Stelle in der Berliner Redaktion der Frankfurter Rundschau mit der Zuständigkeit für Wirtschafts-, Renten- und Gesundheitspolitik gerne an und folgte ironischerweise dem ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Eichel, der Finanzminister wurde, in die Bundeshauptstadt. Von der Berichterstattung über direkte Parteipolitik, so Karl Doemens damals, habe er erst einmal die Nase voll. Deshalb werde er sich nun um reine Sachpolitik kümmern. Auch erwartete er in Hessen von der CDU/FDP-Regierung nichts außer gepflegter Langeweile. Sein durchaus vorhandener Spürsinn für journalistische Sensationen ließ ihn in diesem Fall schmählich im Stich. Nur wenige Monate später tobte in Wiesbaden der Schwarzgeldskandal der hessischen CDU, die Bundespresse schlug in Hessen über Monate hinweg ihre Zelte auf, und Karl Doemens fiel im Urlaub ob der Bild -Schlagzeile »CDU - Geldwäsche wie bei der Mafia« fast in den Pool. Tapfer und durchaus erfolgreich stellte er sich der selbst auferlegten Aufgabe, sachlich über Gesundheitsund Rentenpolitik zu berichten. Niemals vergessend, die Neuigkeiten, die er herausgefunden hatte, auch möglichst als Vorabmeldungen über die Nachrichtenagenturen laufen zu lassen. Trotz der ausgefeilten und exakt errechneten Krankenkassenbeiträge und Versicherungspolicen für die Riesterrente, war denjenigen, die seine Artikel genauer lasen, klar, dass er etwa für Andrea Fischer größere Sympathien hegte als für seine Aachener Landsfrau Ulla Schmidt, die übrigens niemand so gut imitieren kann wie Doemens selbst. In der Renten- und Gesundheitspolitik
hatte er sich durch seine akribischen Recherchen einen Namen gemacht, so dass er Mitte 2004 vom Handelsblatt
Weitere Kostenlose Bücher