Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten
Politiker letztlich ein optimaler Gesprächspartner. Ein Quell steter Inspiration. Das heißt allerdings nicht, dass man auch ihn selbst nicht immer wieder durch umfassendes Fachwissen beeindrucken könnte. Bereits der Gesichtsausdruck im Dialog sollte hierauf schließen lassen. Was die Gespräche mit dem »Journalisten ohne Namen« so reizvoll gestaltet, ist der Umstand, dass sie sich ausschließlich um politische Inhalte drehen. Personalien, Gerüchte, Spekulationen oder gar Intrigen interessieren den »Journalisten ohne Namen« nicht, er empfindet sie als abstoßend und beteiligt sich offensiv und mit Sendungsbewusstsein am Zuschütten jener Abgründe.
Nie plant der »Journalist ohne Namen« einen Überfall, etwa indem er eine Agenturmeldung zückt, in der man mit Worten zitiert wird, die man selbst noch nicht kennt. Der »Journalist ohne Namen« ist ein enger Vertrauter. Überall wo man auftaucht, findet auch er sich ein: Bei Pressekonferenzen
etwa wartet er geduldig, um verlässlich und ausgewogen zu bewerten, wie der politische Protagonist vor einer größeren Zuhörerschaft stante pede fünfzig hochkomplexe gesellschaftliche Problemfelder inklusive CSU-Position in zwanzig Minuten anschaulich abhandelt. Und zuletzt: Der »Journalist ohne Namen« ist gänzlich uneitel.
An diesem Punkt gilt es eine Bilanz zu ziehen. Ich blicke auf ein Papier mit dem Titel »Der Journalist ohne Namen«. Das Blatt Papier, das als Blanko-Vorlage dienen sollte, streiche ich durch. Ich sitze wieder vor einem weißen Blatt und erinnere mich an die zahlreichen Journalisten, die ich mittlerweile kennenlernen durfte.
Nach meinem kurzen gedanklichen Exkurs über den »Journalisten ohne Namen« wird eines offensichtlich: Ich schätze diese bunte Truppe so wie sie ist. Sie ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Unermüdlich nachhakend und deshalb nicht immer unbedingt bequem. Gottlob oftmals kritisch, was uns Politiker antreibt, mit guten und eingängigen Argumenten in der Diskussion zu überzeugen, insgesamt für die Demokratie und unsere Politik unersetzlich.
Und doch: Undeutlich schimmert hinter der eingangs angedeuteten Fassade auch ein tatsächlicher »Journalist ohne Namen«, allerdings einer, der nicht nur das absurde Idealbild zu konterkarieren weiß.
DER AUTOR
Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (geb. 1971 in München) ist seit Februar 2009 Bundeswirtschaftsminister. Der ehemalige CSU-Generalsekretär und promovierte Jurist arbeitete unter anderem als freier Journalist bei der Tageszeitung Die Welt .
DR. GUIDO WESTERWELLE
Der Preuße - Mainhardt Graf von Nayhauß vertritt die alte Schule als einer der Letzten
»Der Zeitungsschreiber«, so soll der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck im Jahr 1862 gesagt haben, »ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat.« Ob er auch so über den Grafen Nayhauß gesprochen hätte?
Mainhardt Graf von Nayhauß-Cormons - so der vollständig lautende einschüchternde Name - nimmt sich Bismarcks Vorwurf ganz bestimmt nicht zu Herzen. Ihm ist der Beruf Berufung. Sieben Kanzler und eine Kanzlerin hat Mainhardt Graf Nayhauß persönlich erlebt und begleitet. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in dieser Zeit von Grund auf gewandelt. Graf Nayhauß nicht - er ist sich und seinem Publikum treu geblieben.
»Entscheidend ist ja, dass man beim Leser ankommt und nicht für sein eigenes Ego schreibt, also vielleicht hochtrabende außenpolitische Kommentare, in denen man dem amerikanischen Präsidenten sagt, was er tun soll - liest ja kein Mensch und schon gar nicht der Präsident«, hat Mainhardt Graf Nayhauß einmal selbst seinen journalistischen Anspruch skizziert.
Mainhardt Graf Nayhauß ist Jahrgang 1926. Regulär hätte er also schon 1991 in Rente gehen können - rein theoretisch. Praktisch hält Mainhardt Graf Nayhauß bis heute nichts vom Kürzertreten. Er zählt seit mehr als fünf Jahrzehnten zum journalistischen Inventar der Bonner und Berliner Republik.
Mainhardt Graf Nayhauß ist für seine Disziplin und seine Unermüdlichkeit bekannt. In Sitzungswochen des Deutschen Bundestages gibt es bei der FDP-Bundestagsfraktion üblicherweise ein Pressefrühstück des Fraktionsvorsitzenden mit zwei oder drei Dutzend Journalisten. In den Sitzungswochen, in denen der Bundeshaushalt beraten und beschlossen wird, findet allerdings zeitgleich am Mittwochvormittag im Plenum des Deutschen Bundestages die sogenannte »Elefantenrunde« statt, die rhetorische Generalabrechnung
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