Schnappschuss
berührte sie am Arm und murmelte: »Ach, Sie Ärmste, ich hoffe, Sie sind warm angezogen und werden nicht nass.«
Ellen kehrte zur Leiche zurück. Pam gesellte sich dazu, und gemeinsam warteten sie auf die Spurensicherung, auf Scobie Sutton und den Leichenwagen, der die Tote abtransportieren sollte. Solange Dr. Berg nicht davon ausging, dass an der Todesursache irgendetwas mysteriös war, gab es keinen Grund, Challis anzurufen. Doch was, wenn der Tod des Mädchens nichts mit dem Unfallwagen zu tun hatte, egal ob die Todesursache nun Unfall oder mögliches Verbrechen war? Was, wenn sie ermordet und erst zu einem späteren Zeitpunkt hierhergeschafft worden war? Oder an einer Überdosis gestorben war?
Ellen wandte sich an Pam und sagte: »Wir sollten uns mal nach leeren Flaschen und Dosen, Joints oder sonstigen Hinweisen auf Drogen umschauen.«
»Okay, Sergeant«, sagte Pam, wanderte davon und blieb plötzlich stehen: »Glauben Sie, dass sie in dem Van gesessen hat?«
»Haben Sie einen Passagier gesehen?«
»Nein. Wegen der getönten Scheiben.«
Sie suchten ein paar Minuten lang herum und kehrten dann zur Leiche zurück. »Vielleicht war sie nicht angeschnallt«, sagte Ellen. Sie schluckte, dachte an Heather Cobbs Kummer und kam sich plötzlich verletzlich und hilflos vor. Als sie ihre eigene Tochter das letzte Mal gesehen hatte, war Larrayne ungeheuer wütend gewesen, weil sie ihren Mann verlassen hatte, und sie hatten sich fürchterlich gestritten. Ellen hätte am liebsten ihr Handy gezückt und Larrayne angerufen, um herauszufinden, ob sie an diesem Sonntagmorgen noch im Bett lag. Aber sie wusste, dass ihr das keinen Dank einbringen würde.
»Sergeant«, unterbrach Pam ihren Kummer, »schauen Sie sich mal ihre Hände an.«
Die rechte Hand lag ausgestreckt da und berührte die Böschung des Grabens. Es fehlten zwei Finger. Die linke Hand lag im Wasser, die Haut hing an manchen Stellen so locker wie ein Handschuh. Ellen verzog das Gesicht: Sie wusste, dass der »Handschuh« von der Gerichtsmedizinerin abgelöst und aufgebläht werden konnte, um dann Fingerabdrücke nehmen zu können, doch hoffte sie, dass es genügte, das tote Mädchen anhand der Zähne zu identifizieren.
»Sie müssen nicht länger hier bleiben«, sagte sie zu Pam. Es blies ein kräftiger Wind, von feuchten Nebelschwaden durchzogen. Die beiden Frauen zitterten.
»Ich möchte gern bleiben«, sagte Pam. »Ich leiste Ihnen Gesellschaft und kann zuschauen und was lernen.«
»In Ordnung«, murmelte Ellen. Sie räusperte sich. »Ach übrigens, ich bin froh, dass die Untersuchung so gut verlaufen ist.«
Ein peinlicher Augenblick. Ellen wusste genau, was für ein Arschloch ihr Mann gewesen war. Am liebsten hätte sie hinzugefügt: »Alan hat eigentlich mich gemeint, als er Sie so angegriffen hat. Wenn er so weit ausholt – gegen Challis, die CIU und das Verhalten von Kripos –, meint er mich.«
Aber Ellen sagte nichts dergleichen, und die beiden unterhielten sich über alles Mögliche. Eine halbe Stunde später trafen mehrere Fahrzeuge ein: Scobie Sutton, ein Fotograf und ein Videofilmer von der Spurensicherung, ein Detective, der mögliche Beweismittel sicherstellte, die Gerichtsmedizinerin und mehrere Uniformierte. Ellen beorderte ein paar von ihnen an die Straße, um die Gaffer durchzuwinken, und schickte ein weiteres halbes Dutzend los, um in der Obstplantage und am Zaun entlang zu suchen, dann schloss sie sich Scobie und Pam an, die die Gerichtsmedizinerin und ihren Assistenten beobachteten, wie sie mit der Leiche beschäftigt waren, die aus dem Wasser gezogen worden war und nun auf dem Rücken auf der grasbewachsenen Böschung lag. Das Gesicht war aufgedunsen. Ellen schaute weg.
»Doktor Berg«, bekam Ellen heraus, »ich möchte Sie ja nicht beeinflussen, aber dies hier könnte mit einem Unfall zu tun haben, der sich hier vor drei Wochen ereignet hat.«
Freya Berg sah sie fragend an.
Ellen zeigte hinüber: »Ein Van ist dort durch den Zaun gekracht, hat sich überschlagen und ist da drüben liegen geblieben.«
»Vor etwa drei Wochen? Ich werde das berücksichtigen.«
Die drei Polizisten wanderten davon, während die Gerichtsmedizinerin weiterarbeitete.
»Scobie, ich hätte die Gegend besser absuchen müssen«, sagte Ellen.
»Was ich nicht alles im Laufe der Zeit hätte machen müssen«, entgegnete er verdrießlich.
Ellen war sich ziemlich sicher, dass er gerade vom Gottesdienst kam. Er hatte sich schnell eine alte Gärtnerjacke
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