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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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eine rein abstrakte Übung. Nur ja nichts Schmutziges und Menschliches wie jemanden freundlich beiseite zu nehmen und sich zu entschuldigen, zu erklären und zu loben. Schlimm genug, dass die Wirtschaft schon damit infiziert ist, aber dieselbe Herzlosigkeit auch bei öffentlich Bediensteten an den Tag zu legen, vor allem bei solchen, die – wie Beth – den Benachteiligten helfen, das stank einfach zum Himmel, fand Scobie.
    »Eines Tages wird das auf dieses Pack zurückfallen«, sagte er.
    »Aber was soll ich denn jetzt machen«, jammerte Beth.
    Er nahm sie in die Arme und wiegte sie, dachte darüber nach, kam aber nicht sehr weit.
     
    Gegen Ende Juli bat Senior Sergeant Kellock Pam Murphy und John Tankard in sein Büro, starrte sie nacheinander an, wobei er seinen riesigen Stierkopf bewegte, und sagte: »Es wird Sie sicher freuen zu hören, dass die Jungs von der Unfallaufnahme ihre Untersuchungen abgeschlossen haben und von weiteren Schritten gegen Sie beide absehen werden.«
    Pam wurde von einer Welle der Erleichterung durchflutet. Ihr Körper fühlte sich plötzlich viel lockerer an, und ihr wurde klar, wie angespannt sie in den vergangenen Wochen gewesen sein musste. Selbst ihr tägliches Joggen und Trainieren war schmerzhaft gewesen. Vielleicht konnte sie jetzt wieder den leichten Bewegungsfluss ihrer Gelenke und Gliedmaßen genießen.
    Tank wollte wissen: »Sir, was wird denn in unseren Akten stehen?«
    »Nichts«, versicherte ihnen Kellock. »Keine schwarzen Flecken, kein langes Gedächtnis.«
    »Und der Zivilprozess, Sir?«, fragte Pam. »Die Familie der Toten will uns verklagen.«
    »Die Polizeigewerkschaft wird Sie unterstützen. Es gibt einen Fonds, der für die Anwaltskosten aufkommt.«
    Das war gut zu wissen, doch am liebsten wäre es Pam, wenn sich die Klage einfach in Luft auflösen würde. »Und sonst hat niemand gegen uns Beschwerde eingelegt?«, hakte sie nach und dachte an Lottie Mead.
    »Nein. In der Zwischenzeit«, sagte Kellock und grinste dabei, als würde er ihnen einen riesigen Gefallen tun, »wartet draußen auf dem Parkplatz ein schweineteurer Sportwagen auf Sie.«
    »Sir, sind Sie schon mal mit dem Wagen gefahren? «, protestierte Tankard. »Das ist –«
    Kellock erstarrte, seine Miene verdüsterte sich. »Constable …«
    »Entschuldigung, Sir.«
    »Ab mit Ihnen.«
    »Sir«, verabschiedeten sie sich und machten sich wieder auf die Suche nach höflichen Autofahrern – ein Widerspruch in sich, wie sie nur allzu gut wussten.
     
    Vyner wartete und wartete, dann schickte er eine SMS: Es fehlen 15 Riesen .
    Diese SMS schickte er wieder und wieder.
    Eine ganze Weile später erhielt er Antwort. Selbst in SMS-Symbolen und Abkürzungen war der Ton beißend. Er hatte alles versaut. Er hatte Tessa Kane erschossen, statt es wie einen Unfall aussehen zu lassen, und er hatte einer Polizistin in den Hals geschossen. Die SMS lief nur auf eins hinaus: »Dein Geld kannst du in den Wind schreiben.«

56
    An einem Sonntag Anfang August, fast vier Wochen nach der Ermordung Janine McQuarries, tat sich wieder etwas. Es begann damit, dass Pam Murphy zu Myers Reserve fuhr und am Straßenrand parkte. Erst war sie ein wenig irritiert, als sie erkannte, dass es sich um genau dieselbe Stelle handelte, an der der Toyota die Reiterin totgefahren hatte. An diesem Morgen sollte es wieder eine Aktion der Buschratten geben, die das Naturschutzgebiet von neuen Pittosporumsprösslingen befreien wollten. Sie schloss ihren Wagen ab und ging an dem Zaun entlang, der das Reservat von den Überresten einer Obstplantage und unbearbeitetem Farmland trennte. Der Wind war böig und kalt, Wolkenfetzen trieben über einen trüben Himmel, der Boden unter ihren Füßen war schwammig. Zehn Uhr: Die Buschratten wollten bis Mittag arbeiten und dann zu ihr zum Barbecue fahren, denn diesmal war sie dran, alle zu beköstigen.
    Für Pam war das jedesmal ein besonderes Erlebnis, sich in der Gemeindearbeit einzubringen – wenn das Ganze auch einen leicht obsessiven Touch von Minderheit an sich hatte. Die meisten Polizisten verbrachten ihre Freizeit entweder für sich oder mit anderen Polizisten, und zwar aus dem guten Grund, dass sie die Unschuldigen nervös machten und den Hass der Schuldigen auf sich zogen. Doch bei den Buschratten fühlte sich Pam willkommen. Es war vollkommen egal, ob sie Polizistin war oder nicht. Und zu sehen, wie ganz normale Menschen Wert legten auf Offenheit, Zusammenarbeit und Dienst an der Gemeinschaft, ohne

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