Schnapsdrosseln - Kriminalroman
daran gedacht, ihm ein Bier zu bestellen, dachte er, während er seine Hände wusch. Ansonsten blieb ihnen wohl nur der geordnete Rückzug. Was Margot sicher als Sieg werten würde, aber das war ja albern, das hier war schließlich kein Wettkampf.
Er warf seinem Spiegelbild einen verstimmten Blick zu. Gehen, beschloss er. Einfach gehen. Natürlich war er in der Lage, die Situation zu meistern. Aber er wollte nicht. Er hatte keine Lust, sich auf solche Spielchen einzulassen. Das hier führte zu gar nichts, nicht mal zu einem Essen. Es reichte für heute.
Beflügelt von diesem Entschluss öffnete er schwungvoll die Tür zum Hof. Und erwischte die Gestalt, die eben etwas unsicher in Richtung Sanitäranlage taumelte, frontal.
»Oh Gott!« Er streckte die Arme aus, fing die wankende Frau, die einen leisen Schmerzensschrei von sich gegeben hatte, auf, bevor sie zu Boden stürzen konnte. »Entschuldigung, ich …«
»Du hast mir die Nase gebrochen!« Britta hielt sich eine Hand vors Gesicht und starrte ihn vorwurfsvoll an.
Er schüttelte den Kopf.
»Und ob!«, beharrte sie. »Ich merke doch wohl, wenn meine Nase gebrochen ist!« Sie senkte die Hand, betrachtete sie prüfend.
»Es blutet ja nicht mal«, sagte er. »Aber entschuldige bitte trotzdem. Ich habe dich nicht gesehen, das war keine Absicht.«
»Das wäre ja wohl auch der Gipfel, wenn du mir mit Absicht die Nase brechen würdest«, fauchte sie. Erneut betastete sie vorsichtig ihr Gesicht. »Vielleicht hast du recht«, sagte sie dann. »Fühlt sich nicht wirklich gebrochen an.«
»Dann ist es ja gut …«
»Ja. Dann ist es wohl gut.« Schweigen breitete sich aus. Sie standen da, schauten sich an, schauten schnell wieder weg.
»Ja«, sagte Britta dann. »Ja, ich muss dann auch mal … also, aufs Klo, meine ich. Und meine Nase kühlen.«
»Ja«, sagte Wörner. »Ja, natürlich. Ich, äh, ja, ich war ja schon. Ist frei, meine ich, also …« Es war wirklich Zeit, den Mund zu halten. Allerhöchste Zeit, dachte er, und weil ihm irgendwie gerade nichts Besseres einfiel, nahm er ihren Kopf in seine Hände und küsste sie. Als ihm klar wurde, was er da tat, hörte er auf.
»Oh«, sagte sie, legte die Arme um seinen Nacken und die Stirn an seine Brust. »Ich bin total betrunken«, nuschelte sie in den Hemdstoff. »Mein Kopf tut weh. Das liegt nicht an dir, nicht an der Tür, meine ich, das ist der Ouzo. Ich hätte keinen Ouzo trinken sollen!« Sie hob den Kopf, streckte sich ein bisschen und küsste nun ihrerseits ihn.
»Du hast harte Sachen noch nie vertragen«, sagte er, als sie fertig war, und drückte sie an sich.
»Ich bin betrunken«, wiederholte sie. »Und ich bin sauer auf dich.«
Ihm gefiel nicht, was er da hörte. Darum sorgte er dafür, dass sie den Mund hielt. Für eine gute Minute war das erfolgreich. Dann machte sie sich aus seiner Umarmung frei.
»So geht das nicht«, befand sie. »Wörner, wir können uns nicht heimlich vor dem Klo küssen. Wir haben uns getrennt. Wir sind fertig miteinander.«
»Wir könnten uns treffen«, sagte er. »Und darüber reden. Oder wir könnten uns treffen und uns einfach küssen. Ich finde, das ist eine gute Idee.«
»Du stellst dir das immer alles so einfach vor«, sagte sie. »Aber es ist sehr, sehr kompliziert.«
»Du bist kompliziert«, widersprach er. »Außer wenn du betrunken bist. Du solltest öfter betrunken sein.«
»Siehst du! Du nimmst mich nicht ernst. Vielleicht habe ich ein Alkoholproblem. Aber das ist dir egal. Hauptsache, ich mache das, was du willst.« Sie trat einen Schritt zurück.
»Das ist Quatsch«, sagte Wörner.
»Ich kann mich nicht mir dir treffen. Wir können überhaupt nicht normal miteinander reden. Das ist krank!«
»Wir können normal miteinander reden. Wir müssen es einfach versuchen.«
»Okay!« Sie klang ein bisschen zu aggressiv. »Na schön. Bitte. Wie du willst.« Sie trat einen Schritt zurück. »Und – wie läuft’s?«, fragte sie. »Mit den Ermittlungen und so?«
»Gut«, behauptete Wörner. »Und wo wir gerade darüber reden – ihr müsst euch raushalten. Wirklich. Das ist kein Spiel, da draußen läuft ein Mörder frei herum, einer, der Leuten den Schädel einschlägt. Damit ist nicht zu spaßen!«
»Sein Schädel war eingeschlagen?«, erkundigte sich Britta interessiert.
»Nein!«, sagte Wörner. »Ja. Gewissermaßen. Ziemlich hässliche Kopfwunde, und er ist verblutet …« Er biss sich auf die Zunge. »Aber das geht dich nichts an«, sagte er streng.
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