Schnapsdrosseln - Kriminalroman
Hund. Und erwartete ein bisschen Dankbarkeit. Stattdessen schien Fipsi von Tag zu Tag schwieriger und bockiger zu werden.
Genau wie Dieter. Elsa versuchte wirklich, Verständnis aufzubringen. Sie wusste, dass er sich als Vater alle Mühe gegeben hatte. Seine Eifersucht auf sie war vermutlich normal. Aber bei allem Verständnis hatte auch sie ihre Grenzen. Es war an der Zeit, dass er endlich über seinen Schatten sprang. Die ständigen Versuche, einen Keil zwischen sie und Maxi zu treiben, aufgab.
Es war vielleicht an der Zeit, andere Saiten aufzuziehen.
Die Kaffeemaschine röchelte die letzten Tropfen in die Kanne. Elsa nahm eine Tasse aus dem Schrank, schenkte sich ein. Dann öffnete sie den Kühlschrank. Ein Toastbrot, ein bisschen Käse, ein paar Scheiben Wurst. Fipsi sprang winselnd an ihrem Bein hoch.
Elsa widerstand dem Impuls, nach ihr zu treten. Sie war nur ein Hund. Bernds Geschenk zu ihrem vorletzten Geburtstag. Da war sie ein flauschiges, niedliches Welpenbündel gewesen. Dass sie charakterlich eine Enttäuschung war, hatte sich erst später gezeigt. Es war nicht Bernds Schuld. Er war nie gut darin gewesen, einen schlechten Charakter zu erkennen. Sich davon fernzuhalten.
Und jetzt war Fipsi das Letzte, was ihr geblieben war von ihrem Sohn. Elsa sah hinunter auf das hechelnde Tier an ihrer Wade, sah in die bittenden Augen. Sie seufzte, griff nach der Wurst.
»Na gut«, sagte sie, ließ Fipsi danach schnappen. »Aber dann ist Ruhe!«
Sie schloss die Kühlschranktür. Sie hatte keinen Appetit. Fipsi hingegen verschlang die Wurst, stand dann wieder vor dem Kühlschrank und ließ den Blick zwischen der Tür und Elsa hin-und herwandern. Erneut begann sie zu winseln.
Das war genau das Problem. Sie wollte immer mehr, immer mehr und mehr. Sie hatte klar gesagt, dass es eine Scheibe Wurst gab, mehr nicht. Aber Fipsi gab keine Ruhe. Nie!
Sie nippte erneut am Kaffee. Überlegte kurz. Dann stand sie auf, öffnete den Küchenschrank und nahm die Flasche Cognac heraus. Eine Ausnahme konnte sie sich gönnen. Sie war auch nur ein Mensch. Und sie war allein. Keiner sah, was sie tat. Kein Mensch interessierte sich dafür.
Bei dem Gedanken traten ihr erneut Tränen in die Augen.
Sie goss einen Schluck in ihren Becher. Trank ihn, spürte, wie der Alkohol ihre Nerven etwas beruhigte. Fipsi lief wieder zum Kühlschrank, winselte nervtötend immer weiter. Elsa trank und sah ihr unbeteiligt zu. Irgendwann gab Fipsi auf, ging zur Terrassentür, die zum Garten ging, und begann, daran zu kratzen. Eigentlich kein Problem, eigentlich hätte Elsa einfach die Tür öffnen, Fipsi kurz in den Garten lassen können. Aber sie hatte keine Lust, sich einen weiteren Vortrag von Dieter anzuhören. Nur weil ihr Hund das tat, was Hunde nun einmal tun. Als würde das winzige Geschäft, das so ein kleiner Hund verrichtete, irgendwen stören. Irgendwen außer Dieter, der sich ansonsten herzlich wenig für den Garten interessierte.
Sie erhob sich ächzend, ging in den Flur und griff nach der Leine, die am Haken hing. Sie zog sich eine Jacke über und verließ mit Fipsi das Haus.
Norberts Schnarchen drang leise durch die geschlossene Tür. Stefanie schlich vorsichtig die knarrende Treppe hinunter. Er brauchte seinen Schlaf. Er war erschöpft. Außerdem war sie froh, dass er noch schlief. Die Nacht steckte ihr in den Knochen. Sie war müde. Und sie war gern allein am Morgen. Allein mit Karl, der schon wartete. Sobald sie die Haustür geöffnet hatte, trabte er auf den Hof. Sie folgte ihm, genoss die frische Morgenluft und das vertraute, gute Gefühl. Beim Durchqueren des Torbogens zum Garten nahm sie den Eimer mit dem Hühnerfutter von seinem Haken.
Karl rannte auf der Wiese herum, wirkte fast ausgelassen, wie der junge Hund, der er einst gewesen war.
Ein junger Hund, schon damals zu groß für die Zwei-Zimmer-Wohnung. Sie hatte bei einem Tierarzt gearbeitet. Die Besitzer der jungen Dogge gehörten zu den Idioten, die keine Sekunde nachdachten, bevor sie ein Tier auswählten. Die entsetzt und überrascht waren, wie schnell so eine Dogge wuchs. Die sie dann einfach loswerden wollten, als wäre sie ein unpassendes Möbelstück. Stefanie hatte den Gedanken, dass dieser tapsige Riesenwelpe, der es ihr so angetan hatte, in einem Zwinger im Tierheim enden sollte, grauenhaft gefunden. Hunde dieser Größe waren kaum zu vermitteln. Sie hatte die Vernunft zum Teufel geschickt, hatte dem Impuls nachgegeben. Julian war außer sich gewesen vor
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