Schnapsdrosseln - Kriminalroman
die Leine auf den Hunderücken nieder. »Ich werde dir schon noch Manieren beibringen!« Sie folgte dem fliehenden Hund in die Küche, schlug und schlug, und es fühlte sich gut an. Sie schlug, bis ihre Schulter schmerzte, bis der Hund sich winselnd an die Wand unter dem Küchentisch drückte.
Sie erkannte, dass es genug war. Sie sah Fipsi an, das Häufchen Elend. Es tat ihr nicht leid.
»Das wird dir hoffentlich eine Lehre sein!« Sie ließ die Leine, die sie noch immer in der Hand hielt, auf den Boden fallen. Sah den Hund, der schon wieder zusammenzuckte, böse an, griff nach der Cognacflasche, die noch immer auf der Arbeitsplatte stand, und verließ die Küche.
Im Flur lehnte sie sich mit dem Rücken an die geschlossene Küchentür und begann erneut zu schluchzen. Wie hatte es nur so weit kommen können? Alles war doch gut gewesen. Richtig und in Ordnung. Und dann war alles schiefgelaufen, falsch geworden, dann war die Welt aus den Fugen geraten.
Sie konnte nicht mehr.
Sie starrte auf die kleine Pfütze, die der Hund auch im Flur hinterlassen hatte. Es war widerlich. Es war einfach widerlich!
DREIZEHN
Brittas Stimmung schien sich umgekehrt proportional zu der von Stefanie zu entwickeln. Die hatte angespannt gewirkt, als sie das Tor geöffnet und sie hereingebeten hatte. Seit sie mit Britta und Louis »arbeitete«, wie sie es nannte, wirkte sie entspannt und fast gut gelaunt.
Arbeit war allerdings eine nette Umschreibung dafür, dass sie im Grunde nichts anderes tat, als in einer Ecke des Hofes zu stehen, während Britta sich zum Affen machte. Hin und her sollte sie gehen, mit und ohne Leine, »Sitz« und »Platz« und »bei Fuß« sollte sie anordnen. Sie hätte ebenso gut mit einem Sack Mehl sprechen können. Louis war nicht im Mindesten gewillt, einen guten Eindruck zu machen. Brittas anfängliche Zuversicht war einer Mischung aus Scham und Versagensgefühl gewichen. Der Köter verweigerte standhaft jede Kooperation, egal, wie sehr Britta auch bat und bettelte.
»Ich weiß gar nicht, was mit ihm los ist«, sagte sie, falsche Lügenworte, aber es ging nicht anders. »Er ist sonst … also, er hört nicht immer sehr gut, aber manchmal … ich meine …«
»Das ist schon in Ordnung«, erwiderte Stefanie. Sie trat zu Britta, lächelte sie tröstend an. »Immer daran denken: klare Ansagen.« Britta wurde heiß. »Ich bin nicht so gut in klaren Ansagen«, murmelte sie, dachte an Wörner, und ihr wurde noch heißer.
Stefanie lachte. »Das sollten Sie vielleicht grundsätzlich mit einem Therapeuten besprechen. Aber wir konzentrieren uns auf den Hund. Und da ist offensichtlich, wo das Problem liegt. Sie bitten ihn, wenn er nicht hört. Sie versuchen, ihn zu überreden, ihm zu erklären, was er tun soll. Das bringt nichts. Das verwirrt ihn. Er versteht das nicht. Sie müssen aufhören, ihn vollzuquatschen.«
Brittas aufsteigende Hitze erreichte eine Intensität, die sich in ihrer Gesichtsfarbe niederschlug. Stefanie legte ihr eine Hand auf den Arm.
»Hey«, sagte sie. »Ich bin manchmal ein bisschen direkt. Das ist nicht persönlich gemeint. Das ist einer der häufigsten Fehler, den Hundebesitzer machen. Man vergisst gern, dass Hunde nicht verbal kommunizieren. Er versteht seinen Namen. Er versteht klare Befehle, kann Tonfall und Körpersprache deuten. Aber er hinterfragt nicht.«
Sie zog eine Tüte mit Hunde-Leckerli aus einer der zahllosen Taschen ihrer Cargohose. »Er folgt einem ganz einfachen Muster«, erklärte sie dabei. »Arterhaltung, Schadensvermeidung, Bedarfsdeckung. Das ist sein Motivationsschema. Und Sie können sein Verhalten steuern, indem Sie ihm klarmachen, dass sich bestimmte Verhaltensweisen lohnen und andere eben nicht.«
Sie schnipste mit dem Finger. »Louis!«, rief sie.
Der Hund hob und wandte den Kopf, sah sie an. Stefanie griff in die Tüte, ließ sie ordentlich knistern. In Windeseile war Louis bei ihr. Sie gab ihm ein Leckerchen, kraulte ihn kurz. »Kontaktarbeit. Das ist der Anfang. Sie brauchen seine Aufmerksamkeit. Wenn Sie die nicht bekommen, dann ignorieren Sie ihn.«
»Als würde ihn das interessieren. Ich bin ihm völlig egal.«
»Das wird sich aber schnell ändern.« Stefanie griff erneut in die Tüte. Louis reagierte prompt auf das knisternde Geräusch. »Wie ich schon sagte, verfressene Hunde sind erziehungstechnisch ein Segen. Zaziki ist bis auf Weiteres gestrichen. Es sei denn, Sie wollen das Zeug mit sich rumschleppen. Ab jetzt gibt es kein Trockenfutter mehr im
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