Schnapsdrosseln - Kriminalroman
nicht von dir erwarten, dass du es verstehst. Aber das ändert nichts.«
»Herrgott, Maxi!«, platzte er heraus. »Du weißt so gut wie ich, dass der Gedanke, das Geschäft in fremde Hände zu geben, völlig idiotisch ist. Das hätte Bernd nie gewollt!« Zu früh, dachte er, diesen Trumpf hatte er erst viel später ausspielen wollen.
»Bitte nicht noch einmal!« Sie sprach leise. »Papa, bitte.«
»Doch! Ich weiß, dass das alles schmerzlich für dich ist. Ich weiß doch von allen am besten, wie das ist, wenn man den Menschen an seiner Seite verliert!« Es fühlte sich schlimm an, diese Worte zu sagen. Wie Verrat an Grit, ein schlimmer Verrat. Aber Grit hätte das verstanden. Er ignorierte das Unbehagen. »Man ist wie gelähmt. Kann keinen klaren Gedanken fassen. Man kann keine Entscheidungen treffen, es dauert eine Weile, bis man wieder fähig ist, sich mit Dingen auseinanderzusetzen. Ich habe das doch selbst erlebt. Und darum weiß ich auch, dass du jetzt nichts überstürzen darfst. Keine Entscheidungen treffen, für die du noch lange nicht bereit bist.«
»Ich werde verkaufen«, sagte sie. Ihre Stimme war eine Spur zu laut. »Mein Entschluss steht fest, und ich kann dich nur bitten, das zu akzeptieren. Es täte mir leid, wenn du das nicht kannst. Aber es würde nicht das Geringste ändern.«
»Das kannst du nicht tun!« Er schaffte es nicht, seinen empörten Zorn aus seiner Stimme zu halten. »Maxi, ich habe ein Recht auf die Firma!« Die Worte waren ausgesprochen, bevor er nachdenken konnte. Er atmete tief durch, versuchte, sich zu beruhigen. »Ich habe eine Menge Geld in den Laden gesteckt. Ohne mich würde es diese Baufirma nicht geben, ohne mich hätte Bernd es nicht geschafft!«
»Ich weiß, dass du das so siehst. Möglicherweise hast du nicht ganz unrecht. Er hat dein Geld gebraucht. Aber du hast es ihm aus freien Stücken gegeben.«
»Für dich! Ich habe das doch nur für dich getan«, brauste er auf. »Du weißt, dass ich nicht verstanden habe, warum du ausgerechnet diesen Mann heiraten musstest! Aber ich habe es akzeptiert. Weil ich wollte, dass du glücklich bist. Ich wollte, dass es dir gut geht, dass es euch gut geht.«
»Ich weiß das«, sagte sie. »Ich weiß das alles, und ich bin dir dankbar. Aber du hast dein Geld zurückbekommen. Jeden Cent.«
»Natürlich. Es ist alles gut gelaufen. Er hat es besser hingekriegt, als ich angenommen hatte. Ich habe ihn doch gemocht, Maxi, eigentlich.« Es klang entsetzlich unglaubwürdig. »Du bist meine einzige Tochter«, fuhr er eilig fort. »Ich habe dich nie um etwas gebeten. Und wenn du das Geschäft ohnehin nicht willst, kann es dir doch egal sein. Es ist mir wichtig, verstehst du? Ich möchte Bernds Erbe antreten, das weiterführen, was er begonnen hat. Auch für dich! Ich bitte dich, Maxi! Du weißt, dass mir das nicht leichtfällt. Aber es bedeutet mir viel. Es bedeutet mir alles!«
Sie musterte ihn mit einem Blick, den er nicht deuten konnte. »Das denkst du«, sagte sie leise. »Und ich verstehe, warum du das denkst. Aber ich sehe es anders. Und ich habe meine Gründe.«
»Maxi, ich liebe dich! Und ich dachte, du liebst mich auch …«
Sie hob eine Hand. »Nein«, sagte sie. »Tu das nicht!«
Sie griff erneut nach ihrem Kaffeebecher, umklammerte ihn mit beiden Händen. »Du musst dir keine Sorgen machen. Nichts wird sich ändern. Ich verdiene genug, ich … Mach dir deshalb keine Sorgen.«
Dieter erstarrte. »Was willst du damit sagen?«
»Ich weiß Bescheid«, sagte sie.
»Was meinst du damit?«
»Ich weiß, dass Bernd dir Geld gegeben hat. Das ist in Ordnung, der Dauerauftrag … Es bleibt einfach, wie es ist.«
Dieter wurde schlecht. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so gedemütigt gefühlt. Für eine Sekunde wurde der Hass auf seinen toten Schwiegersohn so intensiv, dass er am liebsten laut gebrüllt hätte. Er hatte es versprochen, kein Wort zu Maxi, er hatte geschworen!
»Er hat nichts gesagt.« Maxi schien seine Gedanken gelesen zu haben. »Bernd hat nie ein Wort darüber verloren. Aber ich bin nicht dumm. Ich habe Einblick in die Konten.«
Ein Teil von Dieter weigerte sich zu begreifen, was er da hörte. Ein anderer Teil trieb ihn weiter, vorwärts, blendete die Scham aus.
»Ich … ich wollte dich nicht damit belasten«, sagte er, hörte selbst, wie lahm das klang.
»Es ist in Ordnung«, sagte sie. »Es ist kein Grund, sich aufzuregen. Kein Grund, sich zu schämen.«
»Aber dann …«, setzte er an, versuchte, seine
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