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Schnapsdrosseln

Schnapsdrosseln

Titel: Schnapsdrosseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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nicht.«
    Sie warf Louis, der nun eifrig schnüffelnd von Ecke zu Ecke wackelte, einen wohlwollenden Blick zu. »Irgendwie sind sie schon charmant, diese Bulldoggen.« Stefanie lächelte. »Wir machen erst mal einen Einzeltermin und entscheiden dann von Stunde zu Stunde. Natürlich nur, wenn es Ihnen recht ist, preislich und so …«
    »Geld spielt keine Rolle.« Kaum waren die Worte aus ihrem Mund, wurde Britta heiß. Hatte sie das wirklich gesagt? Diesen Satz, ignorant, arrogant, einen Satz, der besagte, dass sie weit über dem Existenzkampf der gewöhnlichen Menschen stand, und das, obwohl sie derzeit keiner geregelten oder gar lebensbestimmenden Tätigkeit nachging? Weil ein reicher Papi ihr monatlich eine Summe überwies, Geld, das sie weder gewollt noch erbeten hatte, aber trotzdem nicht zurückwies, während sie sich vormachte, dass sie ihre Zeit nutzte, um ihr Leben in den Griff zu bekommen?
    »Ich wollte sagen, das ist es mir wert«, stammelte sie. »Ich … Gott, ich habe Ihren Flyer nicht mal gelesen. Sie wurden mir empfohlen«, plapperte sie eilig weiter, um sich von diesem Gefühl der Depression und Sinnlosigkeit zu entfernen.
    Stefanie musterte sie. »Tatsächlich? Darf ich fragen, von wem?«
    »Ja. Ich meine, nein, also … ich war heute zufällig in dem griechischen Imbiss, der in der Hauptstraße, wissen Sie, denn Louis mag so gern Zaziki. Er ist furchtbar verfressen und hat sich natürlich schlecht benommen. Und dieser Mann, Jupp hieß er, glaube ich, er hat einen Dackel, der sagte, ich soll mal bei Ihnen vorbeischauen.«
    »Jupp Nettekoven?« Stefanie zog eine Augenbraue hoch. »Da sieh einer an. Das ist nett von ihm.« Sie schwieg einen Moment. »Auf jeden Fall ist es gut, dass er verfressen ist. Verfressene Hunde lassen sich viel leichter erziehen.«
    »Ja, aber Zaziki …«, murmelte Britta.
    »Es gibt Schlimmeres. Ungesünderes auch.«
    »Trotzdem. Ich krieg ihn einfach nicht in den Griff. Und er ist wirklich nicht kooperativ!« Britta bemerkte selbst, wie weinerlich sie klang. So, als belaste es sie ernsthaft, mit einem ungezogenen, hässlichen Hund durch die Welt zu laufen. »Mir ist das manchmal zu viel. Alle tun so, als wäre es das Leichteste auf der Welt. Einen Hund haben, gut erziehen, alles richtig machen eben, klug entscheiden und so. Ich versuche es ja, ich versuche es wirklich, aber irgendwie mache ich eben immer alles falsch.«
    »Jetzt weinen Sie nicht«, hörte sie Stefanies Stimme. Großer Gott. Sie heulte. Sie saß hier und heulte vor einer wildfremden Frau. Weil sie einen dummen, ungezogenen Hund hatte.
    »Das wird. Das wird alles wieder. Es ist leichter, als Sie denken. Sie haben einen schlecht erzogenen Hund, und ein bisschen größenwahnsinnig ist er auch. Kommt vor bei kleinen Männern. Das kriegen Sie hin. Kein Grund zum Weinen.«
    »Entschuldigen Sie, ich …« Britta zog die Nase hoch. Konnte es noch peinlicher werden?
    »Sie weinen nicht wegen dem Hund, schon klar.«
    »Es tut mir leid. Ich bin sonst nicht so. Es ist nur ein blöder Tag, ein richtig saublöder Tag, gefühlt der tausendste blöde Tag in Folge. Ich hab eine schlechte Phase gerade.«
    Stefanie erhob sich. »Bier?«, fragte sie.
    Britta sah sie überrascht an. Sie hatte damit gerechnet, dass Stefanie ihre offensichtlich hysterische, wenngleich nach dem unfassbaren Geld-spielt-keine-Rolle-Spruch sicher interessante Kundin so schnell wie möglich von ihrem Hof komplimentieren würde. Stattdessen bot sie ihr Bier an. Sie dachte über das Angebot nach. Etwa anderthalb Sekunden. Dann nickte sie dankbar.
    Stefanie ging in Richtung Haus. Louis, das treulose Biest, folgte ihr auf den Fersen. Sie sah zu ihm hinunter.
    »Nix da, mein Freund«, sagte sie. »Du bleibst schön hier draußen.« Sie verschwand im Haus und überließ Britta dem diffusen Gefühl von Scham und Wut auf den treulosen Louis, der brav vor der Tür wartete, durch die seine neue Freundin verschwunden war.
    Es dauerte nur ein paar Minuten, bis Stefanie zurück war und zwei Flaschen Bier sowie einen Aschenbecher auf den Tisch stellte. Sie öffnete die Flaschen mit ihrem Feuerzeug. Louis, der ihr auf dem Fuß gefolgt war, legte sich dicht neben ihren Stuhl und schloss die Augen.
    »Er ist überfordert«, sagte sie. »Hunde sind Rudeltiere. Sie brauchen klare Regeln, klare Ansagen. Jemanden, der das Rudel anführt. Das müssen Sie sein. Solange er Ihnen nicht vertraut, hat er Angst. Er ist unsicher. Und da unterscheiden sich Hunde nicht von Menschen.

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