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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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werden weder das eine noch das andere tun. Wenn du möchtest, nehmen wir dich mit bis nach Lübeck. Dort gibt es einen Bahnhof, von dem aus du einen Zug Richtung Stuttgart nehmen kannst.«
    Vor Dankbarkeit wurde mir ganz schwindlig. Das bedeutete, ich musste keinen einzigen Fuß mehr auf schwedischen Boden setzen – und durfte am Leben bleiben. Und da weder Astrid Lindgren noch Michel aus Lönneberga mich gerettet hatten, konnte ich mein Angebot von wegen Mülleimer ausspülen zum Glück auch wieder vergessen.
    »Danke, danke, danke, danke«, seufzte ich Volker entgegen. »Wie kann ich das jemals wieder gutmachen? Soll ich euch den Sitzplatz bezahlen?«
    Volker winkte ab. »Lass mal. Ich bin froh über nüchterne Gesellschaft.« Er nickte mit dem Kopf Richtung Hein. »Der da ist zwar momentan nüchtern, aber nicht sehr gesprächig. Und es gilt noch elf Stunden bis Lübeck totzuschlagen. Mindestens. Das ist todlangweilig.« Wie zur Bestätigung gähnte er herzhaft. »Erzähl mir doch einfach, was dich hierher verschlagen hat. Was ist mit deiner Hand passiert und warum sieht dein Koffer so aus, wie er aussieht? Wenn ich mich dabei langweile, kann ich dich ja immer noch aus dem Bus werfen.«
    Ich winkte ab. »Langweilig wird das nicht. Eher gruselig. Und für elf Stunden wird es auch reichen. Aber ihr Männer im Allgemeinen und im Besonderen ihr Nordlichter kommt nicht besonders gut dabei weg.«
    »Das tun wir sowieso selten«, grinste Volker. »Schon gar nicht bei euch Südländern. Leg schon los.«
    »In Ordnung. Vorher hätte ich aber noch eine Frage: Hast du schon einmal etwas von einem Menschenfresser-Elch gehört?«

Liebe auf den zweiten Schluck oder:
Der Anfang vom Ende
    »Ich soll heute Abend in Untertürkheim siebzigjährige Funkenmariechen interviewen, die den Weltrekord im Dauer-Cancan-Tanzen aufstellen wollen?«, fragte ich meinen Chefredakteur Jo ungläubig. »Ist das dein Ernst?«
    »Noi, meiner ned, deiner«, grinste der dreist zurück, bevor er weiter ausgiebig mit seinem abgebrochenen nikotingelben Zeigefingernagel zwischen seinen ebenso gelben Zähnen pulte.
    »Wozu soll das gut sein? Das interessiert doch kein Schwein. Und Fasching ist auch schon seit drei Wochen vorbei«, quengelte ich.
    Doch Jo hatte sich vorgenommen, mir mit Anlauf und Schmackes den Abend zu versauen. »Du gehsch da heid schee na. Mir kommt’s vor ällem auf die Bilder a. Des gibd endlich amole wieder en feine Aufmacher.«
    »Du willst das Ganze auch noch fotografieren? Die armen senilen Mariechen! Die blamieren sich doch von der Krampfader bis zur Unterhose und werden zum Gespött der ganzen Stadt! Des mach i ned. Em Läba ned!«, empörte ich mich und fühlte mich dabei solidarisch mit allen betagten Beineschwingerinnen dieser Welt.
    »Des musch du ja auch gar ned, gell? Du gehschd da bloß schee no, schüddelsch a paar Händ, nodiersch a paar O-Tön und läsch des Hamburger Birschle des Gschäft macha. Steve hoißt der. So an bleder Name! Kommd heud zom erschte Mol via Empfählung vom Chef. Was nix hoißa soll. Gar nix. Mir en dr Redaktion leged schließlich Wärd auf Qualidäd – und ned uf Beziehonga. Jedenfalls ned uf solche ...« Nachdem er ausgiebig über seinen eigenen miesen Witz gelacht hatte, fügte er noch hinzu: »Fühl dem Birschle ruhig uf dr Zoh. Wenn där sich bled astellt, kann er sich woandersch ostella. Mir henn do schließlich a gewisses Niveau.«
    »Ja, vor allem du hast ein gewisses Niveau«, knurrte ich zwischen den Zähnen, während ich mir einen verknitterten Block schnappte und mir eine ganze Handvoll Kulis in meine ausgebeulte Umhängetasche stopfte.
    Meistens erwischte ich die nicht schreibenden Kulis, die mich immer wieder in peinliche Situationen brachten. Und peinlich würde es bei dem Cancan-Termin auch so schon werden.
    So ging er dahin, mein schöner Abend. Eigentlich hatte ich mich mit meiner Freundin Nina zum Shoppen und anschließendem Pizza-Vertilgen verabredet. Stattdessen musste ich verhindern, dass ein frisch importierter Fischkopf betagte Exhibitionistinnen in allzu kompromittierenden Posen ablichtete. Ich schnappte meine Tasche und warf einen letzten Blick auf meinen gruseligen Chef. Ich seufzte schwer.
    Natürlich hatte ich mir mein Berufsleben etwas anders vorgestellt. Aber nach dem Studium und meinem Volontariat blieb mir erst mal keine große Wahl: Von den coolen Jobs, die ich als freie Redakteurin im Feuilleton einer großen Tageszeitung ergatterte, konnte ich kaum leben. So

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