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Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Titel: Schneeballflirt und Weihnachtszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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verlangte Futter.
    Wo würde ich hingehen, wenn mein Vater mir eine Neue samt Baby unterjubeln würde? Ich nagte an der Unterlippe: Würde ich zu einer Freundin flüchten? Wenn ja, zu welcher?
    Das Blöde war, dass Melli keine Freundin hatte; sie hatte mich – und damit basta. Klar, es war ungewöhnlich, aber nach dem Tod ihrer Mutter zog sie sich in ein Schneckenhaus zurück.
    Könnte es sein, überlegte ich weiter, dass sich Melli hier im Haus versteckte? Auf dem Speicher vielleicht? Vielleicht wollte sie warten, bis alle schliefen, um sich dann auf Zehenspitzen in mein Zimmer zu schleichen?
    Weil alle noch wie wild über das Thema Polizei – ja oder nein? diskutierten, konnte ich locker raus und auf den Speicher gehen. »Melli? Ich bin’s!«
    Die Tür von Omis Aussteuerschrank ging quietschend auf. »Mensch, du hast dir aber eine Menge Zeit gelassen! Ich dachte schon, ich müsse hier verhungern«, beschwerte sich Melli. »Weißt du, dass du Konkurrenz bekommen hast, Katinka? Auf dem Marktplatz spielt ein Junge Trompete. Genau an der Stelle, an der du Mundharmonika gespielt hast. Aber ich hab mir was absolut Fantastisches überlegt, wie wir ihn vergraulen können!«
    »So? Weißt du auch, dass dich die Familie mit der Polizei suchen lassen will?«
    »Ne! Nicht wirklich, oder?«
    »Doch. Die Frage ist nur, wann sie – «
    »Ich geh nicht mehr nach Hause!«
    »Dann wohnst du eben eine Weile bei uns, Melli.«
    »Meinst du, das geht?«
    »Hör mal! Du gehörst zur Familie!«
    Wir gingen nach unten, ich machte die Wohnzimmertür auf und tat so, als würde ich einen Tusch blasen. »Tata- tata-tata!«
    Melli wurde zwar gleichzeitig abgeküsst und ausgeschimpft, aber sie musste mit ihrem Vater nach Hause gehen. »Das arme, arme Kind«, jammerte Omi Anni und Sahib kreischte Ich will mein Futter, verdammt noch mal!

6. Dezember

N ach dem Unterricht zog ich mich wieder im Klohäuschen um, schob zuletzt die Wangenpolster in den Mund und begrüßte dann Ferdi, den Würstchenmann. »Sieht so aus, als würde dir ein Trompeter den Platz streitig machen«, warnte er mich sofort.
    »Ich war zuerst da! Das stimmt doch, oder?«
    »Absolut«, bestätigte er.
    »Na bitte.«
    Da es ungewiss war, ob Melli kommen würde, hatte ich fürs Geld statt des kleinen Potts einen großen grünen Kanister mitgebracht. Unkrautvertilger stand darauf. Klar, er passte zu einem Engel wie Teufelshörner, aber wesentlich war ja, dass ihn nur ein Blinder übersehen konnte.
    Ferdi zeigte mit dem Finger darauf. »Gloria in Excelsior«, rief er lachend. »Möchtest du das Ungetüm nicht weihnachtlich schmücken?«
    Sein Vorschlag hatte was. »Wie denn? Du meinst – eine rote Schleife umbinden? Sternchen dranhängen? Oder …« Ich erwärmte mich mehr und mehr für die Idee. » – vielleicht ’ne Goldfolie herumwickeln?«
    »Das wäre der Hit«, stimmte er mir zu. »Drüben im Kaufhaus –«
    »Bin schon weg! Pass auf meinen Platz auf!«
    »Wird gemacht, Gloria in Excelsior!«
    Das lange Nachthemd bremste mich aus, zudem rutschte mir die Perücke übers linke Auge und die Flügel wackelten bedenklich, als ich über den Platz trippelte. »Warum fliegst du nicht, Engel?«, rief mir ein Mann hinterher, und auch die Kunden im Kaufhaus sparten nicht mit Bemerkungen, die sie spaßig fanden. »Sind die Flügel im Eimer?« oder »Brauchst du Sprit für die Propeller am Rücken?«
    Die Leute waren echt ätzend, ehrlich!
    Außer der Folie erstand ich noch einen großen weißen Karton sowie einen dicken roten Filzstift und eilte, das Nachthemd bis zu den Knien hochgezogen, so schnell wie möglich an meinen Platz zurück.
    Von meiner Konkurrenz war nichts zu sehen; flugs wickelte ich den Kanister in Goldfolie, schrieb Kosten Sie auch Ferdis himmlische Rote! auf den Karton, lehnte ihn an den goldenen Kanister und blies Ihr Kinderlein kommet.
    Der erste Passant kam über den Platz, blieb stehen, las, lachte, kaufte eine Wurst – und Ferdi schickte ihn mit dem Wechselgeld zu mir: Es war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit und entwickelte sich im Laufe des Nachmittags zu einem echten Hit.
    Kurz nach drei Uhr aß ich mein Vesperbrot, zählte die Einnahmen und schätzte, dass ich in einer halben Stunde nach Hause gehen könne – zu lange wollte ich nicht wegbleiben, denn auf neugierige Fragen konnte ich verzichten, außerdem war mir kalt, und meine Füße waren regelrechte Eiszapfen geworden.
    Als ich zum sechsten Mal Ihr Kinderlein kommet blies, wurde es finster. Es

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