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Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Titel: Schneeballflirt und Weihnachtszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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fing an zu schneien; zuerst nur sachte, aber dann kam auch noch Wind auf, und bald entwickelte sich ein ausgewachsener Schneesturm. Den Leuten verging das Lachen; niemand blieb mehr stehen, niemand warf auch nur einen Cent in den goldenen Kanister, und kein Mensch kaufte sich eine heiße Rote.
    Ich stellte mich bei Ferdi unter und schüttelte den Schnee aus den Engelslocken. »Du kannst Karton und Kanister in meiner Bude deponieren. Macht doch keinen Sinn, jeden Tag – «. Er verstummte und starrte an mir vorbei. Ich drehte mich um.
    Ein Junge stand an meinem Platz. Er klappte einen Notenständer auf und stellte ihn aufs Pflaster, bückte sich dann und zog einige Papiere in DIN-A4-Größe aus einer Tasche. Bevor er sie auf den Notenständer klemmen konnte, riss ihm der Wind sie aus der Hand. Sie wirbelten über den Marktplatz.
    Ferdi und ich schauten interessiert zu, wie der Junge ihnen hinterherjagte – er hätte sie niemals eingefangen, wenn ihm nicht ein Mann zu Hilfe gekommen wäre.
    Der Junge schüttelte den Schnee ab und stopfte die Blätter wieder in die Tasche. Dann holte er aus einem länglichen Behälter eine Trompete. »Deine Konkurrenz«, sagte Ferdi. »Schau zu, dass du sie vergraulst, Gloria in Excelsior.«
    »Sitzt meine Perücke gerade?«, fragte ich sicherheitshalber und marschierte energisch zu dem Platz, an dem ich bis vor wenigen Minuten gestanden hatte.
    Das Schneegestöber war so dicht, dass ich den Jungen nur wie durch eine Milchglasscheibe sah. »Hallo!«
    Er beachtete mich nicht.
    »Hallo Hallo!!!«, wiederholte ich lauter.
    Der Junge blies ein paar Probetöne.
    »Bist du taub?«
    Der Junge nahm die Trompete von den Lippen. »Verschwinde. Ich bin beschäftigt.«

    Oho! So darf man mir nicht kommen! Mit einem Fußtritt kickte ich den Notenständer beiseite und trat dicht an den Jungen heran – der Schnee raubte mir die freie Sicht auf sein Gesicht. Ich zwinkerte die Flocken aus den Wimpern: Der Junge war älter als ich, ein, zwei Jahre vielleicht, und größer war er auch. Seine Haare waren ziemlich lang und lockig und vermutlich dunkel – schwarz vielleicht, wenn kein Schnee darauf lag.
    Die Augenfarbe konnte ich nicht ausmachen, aber das eckige Kinn und dass er keinen einzigen Pickel hatte, konnte ich sehen. Hm.
    »Du verschwindest«, fauchte ich.
    »Heb den Notenständer auf«, herrschte er mich an.
    Ich gab ihm noch einen Fußtritt.
    »Blöde Gans!« Er legte die Trompete in den offenen Behälter und rannte los, um seinen Notenständer zu retten.
    Ich kratzte den Schnee zusammen, formte einen Ball, stopfte ihn fest in die Öffnung der Trompete, kreuzte die Arme vor der Brust und wartete ab: Der Junge war nicht von hier. Ich kannte ihn nicht, hatte ihn noch nie gesehen. Und: Er hatte zu verschwinden. Egal wohin – das war mein Platz.
    Der Junge kam zurück. Er klappte den Notenständer zusammen und schob ihn in seine Tasche.
    »Gut, dass du vernünftig wirst«, sagte ich.
    »Gut für dich, dass es schneit«, entgegnete er wütend, nahm die Trompete auf, hielt sie an die Lippen, blies hinein. Das dumpfe Wimmern ließ ihn zusammenzucken.
    Ich grinste. »Das ist mein Platz. Ich war zuerst da.«
    Der Junge kratzte Schnee aus der Trompete. »Ist mir völlig egal. Jetzt stehe ich hier.«
    »Der Marktplatz ist groß genug für uns beide.«
    »Genau. Stell dich sonst wo auf, nur nicht hier.«
    »Wie bitte?« Ich sah zwar aus wie ein Engel, aber in mir wüteten tausend Teufel. Ich bückte mich, schnappte mit einer Hand seine Tasche, mit der anderen hob ich das Nachthemd an, flitzte zum Marktbrunnen und warf in hohem Bogen die Tasche rein – leider ist der Brunnen im Winter wasserlos.
    So!
    Der Junge war mir gefolgt. »Bist du wahnsinnig?«
    Er musste über den Brunnenrand klettern, um seine Tasche zu retten.
    Ich rannte zu meinem Platz zurück, stieß Trompete und Kasten beiseite, stellte mich exakt dahin, wo er den Schnee niedergetreten hatte, und blies aus Leibeskräften Jingle Bells . Wegen des dichten Schneefalls klangen die Töne etwas gedämpft.
    Der Junge ließ sich nicht abschütteln. Anstatt dass er, Trompetenkasten unterm Arm, endlich abgezogen wäre, stellte er sich so dicht neben mich, dass sich unsere Ellbogen berührten. Er blies die Backen auf und trompetete Ihr Kinderlein kommet.
    Der Schnee hüllte uns ein. Die wenigen Menschen, die mit eingezogenem Kopf über den Marktplatz hasteten, nahmen keine Notiz von uns, aber weder der Junge noch ich gaben nach; verbissen spulten wir

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