Schneeballflirt und Weihnachtszauber
Vater pfiff leise durch die Zähne, meine Mutter rannte in die Küche, um die Pfanne vom Herd zu ziehen, meine Schwestern Line und Lene grinsten sich bedeutungsschwanger an, nur Großtante Katrin machte den Mund auf. »Das war nett von deiner Freundin, Alois. Ich verstehe das. Die Frau will mit deiner Tochter Kontakt aufnehmen. Das würde ich auch tun, wenn ich Weihnachten der ganzen Familie vorgestellt würde. Aber Alois – « Sie wackelte mit dem Zeigefinger vor seiner Nase herum. »Eigentlich ist es deine Aufgabe.«
»Was denn?«, fragte er verlegen.
»Na, ich finde, du solltest deine Freundin mit deiner Tochter bekannt machen. Und vergiss das Kind nicht. Sie soll das Kind mitbringen.«
Onkel Alois scharrte mit den Füßen. »Das ist nicht so einfach«, murmelte er.
»Wie bitte?« Großtante Katrin und Omi Anni hielten die Hand ans Ohr. »Sprich lauter, Alois!«
Onkel Alois räusperte sich. »Mit dem Kind gibt es ein kleines Problem.«
»Dachte ich mir gleich!« Opa Menno rieb sich schadenfroh die Hände. »Das will keinen Stiefvater vor die Nase gesetzt bekommen.«
»Menno!«, rief Omi Anni. »Das Kind ist im Krabbelalter! Das unterscheidet noch nicht zwischen einem richtigen und einem angeheirateten Vater.«
»Na ja«, meinte Onkel Alois und schnäuzte sich verlegen. »So klein ist das Kind nun auch wieder nicht.«
»Aber es hat was gegen dich, stimmt’s?«, erkundigte sich Opa Menno grinsend. »Das Würmchen verstehe ich. Mir ginge es genauso.«
Onkel Alois steckte das Taschentuch weg, schnupperte und wechselte das Thema. »Gibt es bei euch Bratkartoffeln?«
»Ihr könnt gerne mitessen«, sagte meine Mutter sofort. Das erstaunte niemand, denn bei uns rechnet man immer mit überraschendem Besuch.
Wir setzten uns um den großen Tisch. »Alois«, sagte Omi Anni, »du musst dich um deine Tochter kümmern. Du darfst nicht nur an dich und dein Glück denken.«
Onkel Alois wurde rot. »Ich will wieder eine richtige Familie haben.«
»Das verstehen wir alle«, sagte Omi Anni und blickte in die Runde. »Aber das schaffst du nicht, wenn du Melli eine Unbekannte vor die Nase setzt.«
10. Dezember
I ch träumte von Flori. Er stand vor der Würstchenbude, seine Wuschelhaare waren noch wuscheliger als sonst, er lächelte mich an, breitete die Arme aus und rief: »Komm, mein kleiner Engel!«
Und ich, ich schwebte vom Himmel herunter und warf mich an seine Brust.
Flori drückte mich an sich, bis mir die Luft ausging. Ich wachte auf – Daisy, unsere dicke weiße Katze, hatte sich auf mich gelegt!
Trotzdem war es ein toller Traum gewesen. Anstatt Daisy vom Bett zu stoßen, küsste ich ihren Kopf. Das mochte sie nicht; sie miaute empört, hüpfte auf den Fußboden und rollte sich auf meinem Fenstersitz zusammen.
Der Traum war sehr schön gewesen. Mein Herz klopfte, und weil Flori nicht bei mir war, nahm ich das Kissen in den Arm und freute mich wahnsinnig auf den Nachmittag. Ob er mich zur Begrüßung an sich drücken und vielleicht sogar … küssen würde?
Plötzlich wurde mir ganz kalt: Mensch, ich war ja vielleicht blöd! Flori hatte mich ja nicht aus Liebe umarmt!
Aber hatte er nicht gesagt, er würde es jederzeit wieder tun?
Ich runzelte die Stirn. Was sagte das schon; eine simple Umarmung bedeutete nichts. Aber mir hatte sie etwas bedeutet! Und jetzt noch der Traum … Ich warf das Kissen an die Wand und sah den Tatsachen ins Auge. Katinka, sagte ich mir, sei ehrlich. Du hast dich in Flori verliebt. Vergiss bloß nicht, dass der Junge deine Konkurrenz ist. Mit dir hat er nichts am Hut. Du machst dich nur lächerlich, wenn du meinst, du bedeutest ihm etwas.
So weit, so schlecht, dachte ich weiter.
Aber hatte der Würstchenmann nicht gemeint, ein Engel wäre etwas Besonderes? Ich war ein Engel! Ich war was Besonderes! Hatte ich nicht in Null Komma nichts aus einer Konkurrenz einen Geschäftspartner gemacht?
Ich stellte mir vor, ein Junge mit dunklen Wuschelhaaren würde sich in einen Engel mit goldenen Locken verlieben. Das konnte doch nicht schwer sein, schließlich war ich ein sehr schöner Engel …
Aber wenn Flori schon eine Freundin hatte? Was dann?
Er konnte nicht in eine andere verliebt sein, das durfte einfach nicht sein! Ich nahm mir vor, ihm am Nachmittag auf den Zahn zu fühlen.
Vielleicht wünschte er sich sogar eine Freundin? Wenn ja, wäre die Sache ganz easy. Ich bringe dir Glück, würde ich sagen, und bitte! Nimm mich wieder in den Arm, da drüben kommen meine Schwestern, die
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