Schneeballflirt und Weihnachtszauber
Katinka ist ja so was von naiv!
Ich schlug mir an die Stirn: Ferdi war es wohl gar nicht um meinen Namen gegangen – Ferdi hatte mich warnen wollen!
9. Dezember
M elli erschien nicht. Als ich später bei ihr klingelte, tat sich lange Zeit nichts. Komisch, dachte ich und wollte schon gehen, als ich Schritte hörte. Dann wurde die Türe geöffnet, und meine Cousine stand vor mir. »Wie siehst du denn aus!«, rief ich verblüfft. »Ist was passiert?«
»Katinka!« Melli fiel mir um den Hals und fing sofort zu heulen an. »Den ganzen Nachmittag bastle ich an einem Stern. Aber nichts klappt!«
»Lass mal sehen!«
In ihrem Zimmer sah es aus, als hätte der Müllmann seinen Container ausgekippt: Überall lagen Papier- und Strohschnippsel, alles klebte – der Tisch, das Lineal, die Schere und sogar auf dem Fußboden sah ich Spuren von Klebstoff. »Du lieber Himmel!«
Vorsichtig griff ich nach einem Heft voller Bastelanleitungen.
»Es sieht so einfach aus«, jammerte Melli. »Ich dachte, das schaffe ich locker!«
Weil ich nicht auf dem Stuhl festkleben wollte, tastete ich die Sitzfläche ab. Sie schien O.K. zu sein. »Mensch, Melli! Einen simplen Stern zu basteln kann doch nicht schwer sein. Warum schaffst du das nicht?«
»Die Halme muss man ganz genau zuschneiden; aber das ist es nicht. Das Zusammenbinden ist es, was einfach nicht funktioniert. Da dachte ich, ich kleb die Halme.« Mutlos starrte sie auf das kümmerliche Ding, das auf dem Tisch lag.
»Also das kann man einfach nicht verkaufen«, stellte ich klar. »Verdammt, Melli, du musst dich mehr anstrengen!«
» Das will ich ja …« Sie weinte schon wieder. Normalerweise ist Melli keine Heulsuse, aber die Aussicht auf eine Stiefmutter hatte sie total aus dem Gleichgewicht gebracht. »Wie ist es dir heute gegangen?«, schluchzte sie.
»Ich konnte mich mit der Konkurrenz arrangieren«, antwortete ich rasch und dachte an Flori, den ich mit so viel Mühe zur Zusammenarbeit hatte bewegen können. »Melli, du kannst mich nicht hängen lassen«, sagte ich energisch. »Überleg dir, wie du – «
»Meinst du vielleicht, ich wäre absichtlich eine Niete?«, fuhr sie mich an. »Ich bin völlig fertig, Katinka!«
»Hm.« Wenn ich mit Flori nicht den Deal vereinbart hätte, wäre ich sofort nach Hause gegangen und hätte Melli ihrem Schicksal überlassen. Aber das wäre echt unfair gewesen, schließlich wäre ich ohne Ferdi, den Würstchenmann, nie auf die Idee gekommen, Flori die Zusammenarbeit anzubieten. Jetzt brauchte Melli Beistand – wer könnte uns helfen, aus der verfahrenen Lage herauszuhüpfen? »Wie viel Uhr ist es?«, fragte ich hastig. »Kurz nach fünf? Ferdi macht erst nach acht die Bude dicht. Zieh dich an, Melli, wir müssen sofort los!«
»Wohin denn?«
»Zu Ferdi! Los, beeil dich und frag nicht lange!«
Wir rannten durch die Straßen. »Du musst mir später ein Alibi verschaffen, Melli. Ich war den ganzen Nachmittag bei dir – ist dir das klar?«
»Ich tu alles für dich, wenn du mir nur hilfst, Katinka. Überhaupt – ich hab dir noch gar nicht gesagt, dass mich die Neue angerufen hat.«
»Ne! Echt? Warum denn? Was wollte sie?«
Melli blieb stehen, aber ich griff nach ihrem Arm und zog sie weiter. »Sag’s mir später!«
Vor der Würstchenbude mussten wir ’ne ganze Weile warten, bis Ferdi seine Kunden bedient hatte. »Mittags und am Abend«, sagte Ferdi und legte wieder eine neue Ladung Würste auf den Grill, »ist immer am meisten los. Was gibt es denn? Schon wieder Probleme mit dem Platz?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ne. Diesbezüglich ist alles paletti. Ich sagte dir doch, dass ich Sterne verkaufen würde; das geht nun nicht. Melli sollte sie basteln, aber sie kann das nicht. Was würdest du tun, wenn du Melli wärst?«
»Moment mal.« Ferdi bediente einen neuen Kunden, dann kratzte er sich am Kopf. »Wenn ich Melli wäre und zwei linke Hände hätte, würde ich Sterne billig einkaufen und sie teurer verkaufen.«
Wir starrten ihn an. »So einfach geht das?«
»Na ja, man muss natürlich immer die Konkurrenz im Auge behalten. Aber hier gibt es keine. Die Buden mit den Sternen sind auf dem Weihnachtsmarkt, und der ist, wie ihr wisst, in der Stadt. Aber jetzt müsst ihr verschwinden; meine Kunden sind hungrig.«
Wir winkten ihm zum Abschied zu und gingen zurück. »Es ist so«, sagte ich, »dass ich mit dem Jungen, der Trompete spielt, ei nen Deal ausgehandelt habe: Ich verkaufe deine Sterne, er spielt. Das Geld teilen wir
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