Schneeflockenbaum (epub)
Und wer kam mir da auf der Hoofdstraat entgegen? Zwei Radfahrer. Ich habe dir wie eine Besessene zugewinkt, aber du hast mich nicht gesehen, oder du wolltest mich nicht sehen ...
»Also, hör mal, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, dann ist es, vor allem in der Dämmerung, ziemlich schwierig zu erkennen, wer im Auto sitzt.«
»Ach, komm, du wolltest mich nicht sehen, du hattest nur Augen für das junge Ding. Mein Gott, wie verliebt du das Püppchen angesehen hast. Und sie dich auch. In meinem Body-Balance-Club habe ich eine ausgesprochen schlaue Frau kennengelernt, die eine Marktlücke entdeckt hat. Im Auftrag von Frauen spioniert sie Männern hinterher, die ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen. Sie war bereit, auch mir einen kleinen Gefallen zu tun, und da hab ich sie auf dich und das Mädchen angesetzt.«
»Mannomann, da bist du aber ziemlich weit gegangen.«
»Ich wette, du hast nichts bemerkt. Ich kann die Frau wirklich nur empfehlen. Effizient, genau, diskret und klug. Sie hat mir berichtet, dass du so oft wie nur irgend möglich – und das ist ziemlich oft, denn dein blindes Weib verbringt ihre Abende in der Musikschule – bei diesem Ding im Zimmer hockst. Nun ja, hockst ... was du da treibst, hat sie nicht herausfinden können. Aber das muss auch nicht sein, man kann es sich ja denken.«
»Wir haben Pflanzen bestimmt, die wir bei unseren Ausflügen gesammelt haben. Sie wollte alle Pflanzen kennenlernen, und wo gibt es das heute noch, dass eine junge Frau sich so leidenschaftlich für unsere Flora ...
»Erzähl das einem anderen. Pflanzen!«
»Aber es stimmt. An dem Abend, als du uns in Leiderdorp gesehen hast, da waren wir auf dem Weg zum Wijden Aa, um Natternzunge zu suchen.«
Frederica lachte laut los. Sie war derart amüsiert, dass ihr Tränen über die Wangen kullerten und sie sich hinsetzen musste.
»Was gibt dir das Recht, mich hier in deinem Wintergarten zur Rede zu stellen, bloß weil ich einer Studentin etwas über unsere Wildpflanzen beibringen will? Wir sind doch nicht miteinander verheiratet!«
»In gewisser Weise schon. Dank dir bin ich Jouris Frau, und dank der Tatsache, dass du mich immer noch liebst, bleibt er bei mir.«
»Was für ein Unsinn. Das ist, und das habe ich dir schon früher gesagt, eine viel zu simple Erklärung, das ist viel zu kurz gedacht.«
»Kann sein, aber ich will kein Risiko eingehen. Wenn Jouri erfährt, dass du was mit dieser Lorna hast, dann stehen die Chancen zehn zu eins, dass er ihr nachsteigt. Zumal sie nicht gerade hässlich ist.«
»Nun mal langsam, sie ist, weil sie bei Toon biologische Mathematik studiert, oft genug bei Jouri im Institut gewesen, und ich wette, er hat sie nicht einmal bemerkt.«
»Bestimmt nicht, aber es gibt einen, und zwar genau einen Einzigen, der ihm die Augen öffnen kann, der sie für ihn in den Adelsstand erhebt, und das bist du ... Als du mir damals bei unserem ersten Gespräch in diesem Loch mit all den Büchern so rührend erklärt hast, dass sich Jouri nur in Mädchen verliebt, in die du verliebt bist und die auch ein wenig in dich verliebt sind, da dachte ich: Was für ein bescheuerter Anmachtrick. Inzwischen bin ich schlauer. Vor einem Jahr oder so war ich zusammen mit Jouri auf einem Empfang für ehemalige Austauschstudenten. Und da tauchte auf einmal so eine schreckliche, wahnsinnig aufgedonnerte, dick geschminkte Frau auf ... Eine unangenehme Person. Aber es gelang ihr tatsächlich, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Und wieso? Weil sie angedeutet hat, dass sie eine Bekannte von dir ist und dass sie vor langer Zeit mal mit dir im Bett war.«
»Im Bett war! Dazu ist es verdammt noch mal nie gekommen. Hooker for Jesus, aber gleichzeitig ... Sie traute sich nicht, und letztendlich war sie nichts anderes als ein prüdes holländisches Mädchen, auch wenn sie in Harvard ein bisschen an Flirty Fishing geschnüffelt hat.«
»Nun ja, wie dem auch sei, Jouri wollte trotzdem alles ganz genau wissen. Wenn sie ein hübsches junges Mädchen gewesen wäre, dann hätte er ... Tja, das war sie nicht, sie sah vielmehr so aus, als wollte sie an einem Dolly-Parton-Lookalike-Wettbewerb teilnehmen und sei auf dem Weg dorthin mit dem Fahrrad gestürzt und in den Straßendreck gefallen.«
»Dolly Parton ist gar nicht so übel.«
»Wenn du das ernst meinst, dann bin ich zutiefst beleidigt, dass du mich auch nett findest. Hör auf, erzähl keinen Unsinn, aber was ich sagen will: Irgendwann erfährt Jouri von
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