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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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mit Informationen über erotische Eskapaden zu überhäufen. Trotzdem war ich verblüfft, möglicherweise sogar entsetzt, als sie auf meine Frage, wie viele Männer sie bereits gehabt hatte, beiläufig erwiderte: »Nicht ganz einhundert, glaube ich.« Von ihrer Mutter, einer praktizierenden Ärztin, bereits mit fünfzehn mit der Pille versorgt, hatte sie es getrieben wie eine Kokotte: Mitschüler, Lehrer, virile Großonkel, Mitstudenten, Professoren, Dozenten – Lorna zählte sie auf wie Weine, die sie der Reihe nach verkostet hatte. Natürlich hatte ich dem nur wenig entgegenzusetzen, und darum erfand ich einfach ein paar Freundinnen hinzu, wobei ich es sorgfältig vermied, meinen Jugendfreund zu erwähnen, der mir meine wenigen Flammen abspenstig gemacht hatte.
    »Bei Nummer einhundert höre ich auf«, sagte sie. »Nummer einhundert muss der Mann meiner Träume sein, den heirate ich und verwandele mich in eine monogame Bürgertussi.«
    »Und dann auch noch Kinder?«
    »Auf jeden Fall, fünf mindestens, aber am liebsten hätte ich sie nicht von einem einzigen Mann, vorzugsweise sollten fünf verschiedene Supermänner die Väter sein, um das genetische Risiko zu streuen. Eins zum Beispiel von dir oder doch zwei oder ... oder ... vielleicht ja alle fünf, könnte gut sein, dass du schon Nummer einhundert bist. Ich muss mal nachzählen. Würdest du die Einhundert sein wollen?«
    Darauf hatte ich nicht sogleich eine Antwort parat. Sie hob den Oberkörper, stützte sich auf den Arm, sah mich mit ihren Eiszapfenaugen an und fragte ernst: »Du würdest doch Kinder mit mir haben wollen?«
    »Oh, welch eine Gewissensfrage. Ehrlich gesagt, bin ich mir seit ungefähr meinem achten Lebensjahr sicher, dass ich keine Kinder will. Es kann zu viel schiefgehen. Das Leben ist eine kindische Posse, die jederzeit in einen abscheulichen Albtraum entarten kann. Und da muss man noch nicht einmal an Bergen-Belsen oder Auschwitz denken. Auch weniger weit weg kann das Elend einfach so zuschlagen. Du hast einen neunjährigen Sohn, und der wird von einem, der mit Zeitschriften hausieren geht, entführt, vergewaltigt und erwürgt. Den Jungen findet man später in einen Teppich gerollt. Das ist einem Amsterdamer Verleger unlängst widerfahren; den Zeitungsmann, den hat man erst erwischt, nachdem er auch noch ein zehnjähriges Mädchen umgebracht hat. Und infolge seines nagenden Kummers war der Verleger inzwischen an Krebs erkrankt.«
    »Zugegeben, das ist schrecklich, und leider kann all das passieren, aber meistens geht doch alles gut, oder? Mensch, was ist das nur für ein rabenschwarzer Nihilismus? Das hätte ich von dir nicht erwartet. Du bist immer so heiter, so gut gelaunt. Für mich bist du ein Glas Champagner, du machst mich immer fröhlich.«
    »Schon im Konfirmandenunterricht habe ich zu verschiedenen Pastoren gesagt, dass es viel besser sei, nie Kinder zu haben, denn wer nicht geboren werde, der könne auch nicht auf ewig verloren gehen. Komisch, wie die sich darüber immer aufgeregt haben! Dabei liegt es doch auf der Hand. Komisch auch, dass die meisten Menschen beim Gedicht This Be The Verse von Philip Larkin wütend werden.«
    »Das kenne ich nicht.«
    »Es ist mein Lieblingsgedicht, mein Glaubensbekenntnis:
    They fuck you up, your mum and dad.
    They may not mean to, but they do.
    They fill you with the faults they had
    And add some extra, just for you.
    But they where fucked up in their turn
    By fools in old-style hats and coats,
    Who half the time were soppy-stern
    And half at one another’s throats.
    Man hands on misery to man.
    It deepens like a coastal shelf.
    Get out as early as you can,
    And don’t have any kids yourself. «  Übersetzung
    »Soppy-stern, was bedeutet das?«
    »Vielleicht so etwas wie sentimental-ergrimmt oder weichlich-mitleidlos.«
    »Und das findest du schön? Nein, ich ganz und gar nicht. Wärst du denn auch lieber nicht gezeugt worden?«
    »Worauf du dich verlassen kannst, geboren werden bedeutet Unannehmlichkeiten, wie Cioran sagt.«
    »Aber ... aber ... es ist doch wunderbar, dass man sich eine Weile auf dieser Welt umsehen darf?«
    »Auch wenn, um nur ein Beispiel zu nennen, das lebensbedrohliche Risiko besteht, in die Gaskammer gesteckt zu werden? Oder nach unerträglichem Leiden an Prostatakrebs zu krepieren? Oder ... Es kann wirklich ziemlich übel kommen. Schon Darwin hat gesagt: ›There seems me to be too much misery in the world.‹«
    »Der hatte doch selbst einen ganzen Haufen

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