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Schneekuesse

Schneekuesse

Titel: Schneekuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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Warwuschel lag unmittelbar seitlich hinter der Schlafzimmertür. Ein ungewöhnlicher Aufenthaltsort für das abgelutschte graugelbe Stofftier. Offensichtlich hatte er seinen Vater bei dessen Reiterspielen mit der fremden Frau beobachtet und war verwirrt aus der Wohnung gelaufen.
    „Du hast ihn auf dem Gewissen, wenn ihm etwas zustößt! Du argkrrrm...“, kreischte Emma so schrill, dass sich ihre Worte überholten und als unverständlicher Brei aus ihrem Mund quollen.
    „Ach, er wird gleich wieder auftauchen. Der ist zäh“, John schlurfte nackt über den Teppich und suchte unterm Schrank nach seiner Jeans, die er vorhin aus glühender Leidenschaft für die Frau mit dem Kissen vor dem Busen dorthin gefeuert hatte.
    In Emmas Kopf machte es leise „klick“, ein Schalter klappte um. Sie ergriff einen Stuhl und schwang ihn drohend über ihrem Kopf hin und her.
    „He, du blöde Kuh, hast du sie noch alle?“, John wich zurück zum Bett, als suche er instinktiv Schutz bei der fremden Frau mit dem Kissen vor dem Busen, die Emma wie ein hypnotisiertes Kaninchen anstarrte.
    Beide gingen in Deckung, als Emma den Stuhl krachend zerschlug, der sofort in tausend Einzelteile zerbarst. Es regnete Splitter.
    Emma rannte aus dem Zimmer, verließ die Wohnung, lief ziellos durch die Straßen, um Cid zu suchen.
    Den hatte inzwischen jemand bei der Polizei abgegeben. Als die Beamten den Kleinen in die Wohnung zurückbrachten, fanden sie dort das Chaos vor, das Emma angerichtet hatte.
    John und seine Freundin erstatteten Anzeige gegen Emma und behaupteten, sie habe als alkoholisierte Amokläuferin ihr eigenes Kind aus der Wohnung gejagt.
    Emmas Arbeitskolleginnen bestätigten ihr Alkoholproblem. Sie verlor ihren Job. Das Gericht entzog ihr das Sorgerecht. John verschwand. Cid kam ins Heim. Emma landete auf der Straße.
     
     
     
    Kapitel 2
     
     
    Jill
     
    Ihr Geld war alle. Jill musste das schmierige, kleine Zimmer, in dem sie die letzte Zeit verbracht hatte, räumen. Noch nie war sie so weit unten gewesen.
    Scham trieb sie dazu, ihre Koffer hastig über den Bürgersteig zu schleifen, so, als hielte sie eilig Ausschau nach einem Taxi zum Flughafen. Bei irgendwelchen Bekannten oder Freunden unterzukriechen oder gar zurück zu den Eltern nach Rosewood zu gehen, war unmöglich: Sie konnte sich keine Fahrkarte leisten. Wenn sie wenigstens noch einige Dollar besitzen würde, um ihr Gepäck im Bahnhof in einem Schließfach zu deponieren!
    Vorne an der Ecke tauchte das Haus auf, in dem David sein Appartement hatte. Jills miese Absteige war nicht weit entfernt gewesen. Zu mehr hatte ihre Kraft nach Davids Rausschmiss nicht gereicht.
    Normalerweise wäre sie lieber weggelaufen, aber jetzt verharrte sie wie paralysiert vor dem Haus.
    Die Eingangstür stand offen, weil irgendjemand gerade dabei war, einzuziehen. Zwei Möbelträger wuchteten einen Schrank aus einem Kleinlaster und schleppten ihn ächzend in den Flur.
    Jill spähte in den Eingangsbereich.
    Der Schrank passte nicht in den Lift, die Männer mussten ihn fluchend die Treppen hoch tragen.
    Ansonsten war niemand zu sehen.
    Ohne weiter nachzudenken, nützte Jill den Augenblick und stellte ihr Gepäck in den Lift. Ihr war schwindelig. Sie hatte seit zwei Tagen kaum etwas gegessen. Keinen Moment länger hätte sie die Koffer durch die Gegend bugsieren können. Aufs Geratewohl fuhr sie ins Kellergeschoss hinunter.
    Der Keller bestand aus zahlreichen verwinkelten Gängen, die jeweils vor verschiedenen feuerfesten Türen endeten. Die zu den Appartements gehörenden Lagerräume waren abgeschlossen.
    Jill schaffte ihre Habseligkeiten in eine Nische des am weitesten vom Lift entfernten Ganges, packte einige Dinge in ihre leichte Reisetasche.
    In der Luft hing der typische moderige Geruch unzureichend belüfteter Kellerräume, der unangenehm an Vergänglichkeit und Verfall erinnerte. Eine dicke Spinne seilte sich eilig von oben ab, als wäre sie froh, in Jills Gepäck einen neuen Anker für ihre weitverstrickten Netze gefunden zu haben.
    Hastig klemmte sich Jill ihre Tasche unter den Arm und verließ den Keller. Nach dem Mief trieb es sie in den gegenüberliegenden Park.
    Eine großzügige Anlage mit kurz geschorenen Rasenflächen und fantasielos angelegten Blumenrabatten, in denen immer abwechselnd artig zurechtgestutzte Rosen und Gerbera die Spaziergänger grüßten. Das Besondere an diesem Park waren Jahrhunderte alte Baumriesen, die sich zu knorrigen Grüppchen wie kleine Waldinseln

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