Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneekuesse

Schneekuesse

Titel: Schneekuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
Vom Netzwerk:
wie eine fette Made in ihrer Wohnung aalte, Cid mit Süßigkeiten vollstopfte und ihn nicht in den Kindergarten schickte. John nahm Emma mehr als nur die Luft zum Atmen.
     
     
    Jill
     
    Als Jill die beiden Mädchen sah, ahnte sie, dass es aus war. Beide mindestens zwölf Jahre jünger mit rosiger, zarter Haut, Babyflaum im Gesicht und kleinen, festen Knackärschen. Sie stelzten auf langen Fohlenbeinen ins Studio. Mit ihren nach der neuesten Mode fransig geschnittenen Haarschöpfen sahen sie sich ähnlich. Und doch gab es einen gewaltigen Unterschied zwischen ihnen: Als Tochter eines Filmproduzenten besaß das eine Mädchen nicht nur die besseren Beziehungen, sondern auch den hübscheren Busen. Rund und fest mit Silikon gefüttert, appetitlich verpackt in einem schwarzen Latex-BH. Schmollmündig kräuselte sie die aufgespritzten Lippen. Die hatte die OPs hinter sich, da sparte die Produktionsfirma enorm.
    David hatte nichts davon gesagt, dass noch andere zum Vorsingen kommen würden. Die anwesende Jugend raubte Jill alle Lockerheit. Sie kam sich lächerlich in ihrem Minirock vor, zupfte ihn krampfhaft nach unten. Aber das winzige Stück Stoff rutschte noch höher, knapp eine Handbreit über ihre Unterhose und enthüllte gnadenlos ihre Cellulitis-Ansätze. Sie presste ihre Handflächen auf die verräterische Altersmakulatur.
    Sounders schnipste mit dem Finger.
    Jill musste ihre rot verfärbten Oberschenkel loslassen. Jetzt galt´s!
    Jill hauchte ihren Song „Love me“ so sexy wie möglichst ins Mikro. Sie knickte in der Hüfte ein, um die Pobacken rhythmisch kreisen zu lassen, streckte ihren Brustkorb vor, sodass ihr relativ dürftiger Busen üppiger wirkte. Sie blickte in Sounders’ stahlblaue Augen, registrierte, wie seine Zigarette ungeduldig von einem Mundwinkel in den anderen hin und her wanderte.
    Plötzlich wedelte er mit der linken Hand. War ihm heiß, wollte er sie stoppen oder sollte sie mehr Einsatz zeigen?
    Jetzt alles auf eine Karte – mehr Action konnte nicht schaden! Jill legte so viel Gewicht in ihre Stimme, dass sie sich am Rande der Tonskala bewegte, schob das Becken vor und zurück. Vor und zurück.
    Sounders wedelte heftiger. Jetzt war es eher ein Fuchteln.
    Jill schwitzte, wie schutzsuchend näherte sie sich der Wand, dabei verfing sich ihr Absatz in dem Kabelsalat am Boden, den sie übersehen hatte. Sie riss einen Scheinwerfer und ein Keyboard mit sich zu Boden. Nun verdeckten zwei fette Schrammen ihre Cellulitisansätze. 
    Der Plattenboss entschied sich für die aufgepumpte Kleine.
    Letzte Chance vertan!
     
    Gelähmt wankte Jill aus dem klimaanlagengekühlten Glasgebäude, in dem die Produktionsfirma untergebracht war, nach draußen, wo sie von einem warmen Kokon aus dicker Luft umfangen wurde.
    Ein Saftstand auf Rädern erschien Jill in diesem Augenblick wie eine Oase in der Wüste. Es war noch nicht einmal Mittag, und das Thermometer kletterte unbarmherzig über die 35 Grad Celsius-Marke. Ungewöhnlich, normalerweise wehte immer eine frische Brise vom Meer herüber.
    Gierig schüttete Jill frisch gepressten Orangensaft in ihre staubige Kehle. Sie beobachtete den Saft-Mann, wie er neue Früchte zerquetschte. Im Müllsack türmten sich die Reste. Traurig hing das ausgefranste Fruchtfleisch in den Schalen. Wespen umschwirrten die süßen Abfälle. Heute Abend würde der Saft-Mann mit dem Geschäft seines Lebens nach Hause fahren.  
    Jills kurzer pinkfarbener Rock und das dazu passende gleichfarbige Top klebten. Langsam rann ein kleiner Schweißbach den Rücken hinunter. Sie lüpfte vorsichtig ihre schwitzenden Füße in den schwarzen Pumps, betastete bekümmert ihre zerschrammten Beine. Die Luft war zum Schneiden. Sie konzentrierte sich bewusst auf tiefe Atmung. Ein und Aus. Ein Versuch, lästige Gedanken zu verdrängen. Aber sie waren trotzdem da. Bohrend und unbequem quetschten sie sich immer wieder gewaltsam ins Hirn, drängten die Atmungskommandos ins Abseits.
    „Hi Baby!“, ein Typ näherte sich ihr von links.
    Oh, sie war gerade in der richtigen Stimmung, um einer blöden Anmache eine saftige Abfuhr zu erteilen! Jill spitzte ihre Lippen und blies in die Luft: „Obbldimxx ...“
    Der Typ nahm ein junges Mädchen, das schräg hinter Jill stand, in den Arm, die beiden verschwanden lachend.
    Jill fischte die Eiswürfel aus ihrem Glas und rieb sich damit die Arme ab. Türkisfarben traten die Adern an den Handgelenken hervor. Weit verästelt wie kahle Zweige, schnitten sie durch die

Weitere Kostenlose Bücher