Schneemann
Presse während Ihrer mysteriösen Abwesenheit erzählt haben, der Schneemann sei dank unserer unermüdlichen Arbeit tot?”
“Tja. Wir können wohl davon ausgehen, dass Idar Vetlesen etwas wusste, was er nicht hätte wissen sollen. Außerdem hat der Mörder bemerkt, dass wir ihm auf der Spur waren, und deshalb hat er jede Möglichkeit, entlarvt zu werden, schnell eliminiert. Sollte das zutreffen, ist immer noch richtig, dass Vetlesen dank unserer unermüdlichen Arbeit zu Tode gekommen ist.”
Der Kriminalchef hatte jetzt hektische rote Flecken auf den Wangen: “Unter guten Neuigkeiten verstehe ich etwas anderes, Hole.”
“Nein, die gute Neuigkeit ist die, dass die Lunte brennt. Sonst hätte sich der Schneemann nicht die Mühe gemacht, Vetlesen als den Mann hinzustellen, den wir suchen. Er will, dass wir die Ermittlungen einstellen und den Fall für gelöst halten. Kurz gesagt, er fühlt sich in die Ecke gedrängt. Und das sind die Situationen, in denen auch Täter wie der Schneemann beginnen, Fehler zu machen. Außerdem bedeutet das hoffentlich, dass er es nicht wagt, weitere Blutbäder anzurichten.”
Der Kriminalchef sog nachdenklich die Luft durch die Zähne. “Glauben Sie das wirklich, Hole? Oder hoffen Sie das bloß?” “Tja”, antwortete Hole und kratzte sich durch seine zerrissene Jeans am Knie. “Sie hatten mich doch um gute Neuigkeiten gebeten.”
Hagen stöhnte. Er sah zum Fenster. Es war bewölkt. Sie hatten Schnee angekündigt.
Filip Becker sah zu Jonas hinunter, der auf dem Wohnzimmerboden hockte und unaufhörlich auf den Fernseher starrte. Seit Birte vermisst gemeldet war, hockte der Junge jeden Nachmittag stundenlang so da. Als sei es ein Fenster in eine bessere Welt. Eine Welt, in der er sie finden konnte, wenn er nur genau genug hinsah.
“Jonas.”
Der Junge sah ihn gehorsam, aber desinteressiert an. Sein Gesicht erstarrte jedoch vor Schreck, als er das Messer erblickte. “Willst du mich schneiden?”, fragte der Junge.
Der Gesichtsausdruck und die dünne Stimme waren so komisch, dass Filip Becker lachen musste. Das Licht der Lampe über dem Wohnzimmertisch fiel blitzend auf den Stahl. Er hatte das Messer in einem Fachgeschäft im Storosenteret gekauft. Direkt nachdem er Idar Vetlesen angerufen hatte.
“Nur ein bisschen, Jonas, nur ein bisschen. ” Dann schnitt er.
KAPITEL 18
15. Tag. Aussicht
Um zwei Uhr kam Camilla Lossius vom Sport nach Hause. Sie war wie üblich quer durch die Stadt gefahren, um im Colosseum-Park-Fitnesscenter im Westen der Stadt zu trainieren. Nicht weil es dort andere Geräte gab als in dem Studio unweit ihres Hauses in Tveita, sondern weil die Menschen ihr dort ähnlicher waren. Wer dort trainierte, kam aus dem Westen der Stadt, aus den besseren Vierteln. Nach Tveita zu ziehen war Teil des Ehevertrages mit Erik gewesen. Damals hatte sie das große Ganze betrachten müssen.
Sie bog in die Straße, in der sie wohnten. Sah die Lichter bei den Nachbarn, die sie immer schön grüßte, mit denen sie aber nie wirklich geredet hatte. Das war Eriks Menschenschlag. Sie bremste. Sie waren nicht die Einzigen, die hier an dieser Straße in Tveita eine Doppelgarage hatten, wohl aber die Einzigen mit einem elektrischen Toröffner. Erik war so etwas wichtig, ihr selbst war es egal. Sie drückte auf die Fernbedienung, ließ die Kupplung kommen und rollte langsam in die Garage. Wie erwartet war Eriks Auto noch nicht da, er war noch auf der Arbeit. Sie beugte sich über den Beifahrersitz, nahm ihre Sporttasche und die Tüte mit den Lebensmitteleinkäufen und warf aus alter Gewohnheit einen Blick in den Rückspiegel, bevor sie ausstieg. Sie sah gut aus, behaupteten ihre Freundinnen. Noch nicht dreißig und schon eine Villa, einen eigenen Wagen und ein Ferienhaus in der Nähe von Nizza, sagten sie. Und wie es denn sei, im Osten der Stadt zu wohnen? Und wie es ihren Eltern gehe, jetzt nach dem Konkurs? Seltsam, wie ihre Gehirne diese zwei Fragen immer gleich miteinander verbanden.
Camilla sah in den Spiegel. Sie hatten recht. Sie sah gut aus.
Zwar glaubte sie, auch noch eine andere Bewegung wahrgenommen zu haben, am Rand ihres Blickfeldes, aber das war sicher nur das Garagentor, das sich jetzt langsam schloss. Sie stieg aus dem Auto und suchte nach dem Bund mit dem Schlüssel für die Tür, die von der Garage direkt in ihr Haus führte, als ihr in den Sinn kam, dass ihr Handy noch im Auto lag.
Camilla drehte sich um und schrie jäh auf.
Der Mann stand direkt
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