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Schneesterben

Schneesterben

Titel: Schneesterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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dazwischen rosa Rittersporn und weiße Wildgladiolen.
    »Auf dem Land verbreiten sich die Nachrichten offenbar wie das sprichwörtliche Lauffeuer.« Gregor Kosinski betrachtete gedankenverloren eine zusammengeknautschte Schachtel Ernte 23. Atilla Gümüs, der schnauzbärtige Lederjackenbulle, hatte seine Nase in die zarte Blüte einer eben aufspringenden Mrs. John Laing gesteckt und lächelte selig.
    »Ich war mir nicht sicher. Es hätte auch Krista Regler gewesen sein können.« Sie war und blieb verschwunden und er fürchtete mittlerweile das Schlimmste.
    »Die Tote, Sophie Bachmann. Kanntest du sie?« Kosinski nahm Gümüs die Rose aus der Hand, roch ebenfalls daran und legte sie zurück auf den Gartentisch.
    Bremer seufzte. »Flüchtig. Sie war die Mutter eines der beiden Knaben, die damals den kleinen Martin Brandt umgebracht haben.«
    »Auf dem Land verbreiten sich die Nachrichten offenbar…«
    »… wie ein Lauffeuer«, ergänzte Atilla Gümüs, was ihm einen tadelnden Blick einbrachte.
    »Weshalb du sicher bereits von Sophie Bachmanns Abschiedsbrief erfahren hast.«
    Bremer nickte. »›Ihr sollt immer an mich denken‹.« Diesmal runzelte Gümüs die Stirn, holte ein Notizbuch aus der Tasche, blätterte und las vor: »›Ihr sollt mich nicht vergessen‹. Und dann steht da noch: ›Sie haben es geschafft. Endlich haben sie es geschafft. Ich verfluche sie bis ins siebente Glied.‹« Er klappte das Notizbuch wieder zu.
    »Volkes Meinung«, sagte Bremer und dachte an die erregten Männerstimmen im »Rauschenden Brünnlein«, »Volkes Meinung lautet, daß die Bachmann nach dem Urteil gegen ihren Sohn ja hätte fortziehen können, wie die anderen auch, wo sie doch sowieso nicht dazugehörte.«
    Kosinski steckte die Zigarettenschachtel wieder ein.
    »Das dörfliche Gesetz von Ursache und Wirkung lautet seit eh und je, daß diejenigen schuld sind, die später kamen. Das ist nicht sehr schön, aber einfach und wirkungsvoll.«
    »Womit wir zur Frage gelangen…« Gümüs zog den Kopf ein, als Kosinski ihm wieder einen tadelnden Blick zuwarf.
    »Womit wir zur Frage kommen, wie mein vorlauter Kollege so richtig bemerkte, ob Sophie Bachmann sich wirklich selbst mit Benzin übergossen und angezündet hat oder ob jemand mit oder nachgeholfen hat. Hast du vielleicht irgend etwas gesehen, eine Person, die sich am Tatort herumdrückte oder weglief, als ihr kamt?«
    Bremer schüttelte den Kopf. Er erinnerte sich an den Anblick der brennenden Frau. Und daran, wie die Kirchentür aufging. An nichts sonst.
    »Hmmmm.« Kosinski starrte vor sich hin, während Gümüs unruhig von einem Bein aufs andere trat.
    »Darf ich…?«
    »Shhhh!« Kriminalhauptkommissar Gregor Kosinski, in Denkerpose, wollte nicht gestört werden.
    »Auch ein Bulle muß mal«, flüsterte Gümüs Bremer zu.
    »Hintere Tür, dann geradeaus«, zischte der zurück. Kosinski starrte vor sich hin. Birdie kam vorbeigeschlendert und warf sich zu seinen Füßen auf den Rücken. Der Alte streichelte ihr den seidigen Bauch, bis sie schnurrte und sich mit einem zärtlichen Biß in seinen Zeigefinger wieder verabschiedete.
    Kosinski seufzte und richtete sich wieder auf. »Ist die Regler eigentlich im Lande?«
    »Nein. Ich habe sie seit Donnerstag nicht mehr gesehen. Und das beunruhigt mich langsam.« Glaubte Kosinski etwa, Krista könne etwas mit dem Tod Sophie Bachmanns zu tun haben?
    Über ihnen ging das Fenster auf. »War Jens schon bei dir, Paul?« rief eine Stimme. Kosinski sah nach oben, zu der Frau mit den blonden Locken, die den Kopf neigte, spöttisch lächelte und »Na, endlich mal wieder da, Sheriff?« sagte.
    Kosinski grüßte zurück. »Welcher Jens?« fragte er.
    »Der Briefträger«, antwortete Paul, bevor er ein »Nein, erwartest du was?« nach oben rief.
    »Na und ob. Das hätte gestern schon dasein müssen.« Mariannes Kopf verschwand.
    »Jens Peters. Ach, der. Ist der auch verlorengegangen?«
    Kosinskis Frage klang nicht ganz ernst gemeint, aber in Bremers Kopf fügte sich plötzlich ein weiteres kleines Teilchen ins Puzzle.
    »Der Postbote ist ein Fan von Krista Regler – besser gesagt: er war ihr Fan.« Bis der Katalog mit den Umstandsmoden kam, dachte er. Seltsam. »Und er hat Post für sie bei mir abgegeben, schon zu einem Zeitpunkt, als noch niemand daran dachte, daß sie verschwunden sein könnte.«
    Gümüs guckte Kosinski an, der nach ein paar Sekunden nickte, und ging dann mit schweren Schritten hinaus zum Auto. Sie hörten ihn

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